Mineralische Reststoffe und Nebenprodukte als Bestandteile reaktiver Bindemittelkomponenten

Aktuell fallen bei der Stahlerzeugung im integrierten Hüttenwerk diverse Hüttenreststoffe mit fehlender Verwertungsmöglichkeit an. In diesem Beitrag wird die stoffliche Aufwertung dieser Hüttenreststoffe sowie brikettierter künstlicher Mineralfasern zu hüttensandähnlichen Bindemittelkomponenten für die Baustoffindustrie behandelt. Die nach im Vorfeld bestimmten Qualitätsmerkmalen unter Zugabe von Korrekturstoffen thermisch behandelten, glasig erstarrten und fein vermahlenen Materiale zeigen in entsprechenden Prüfverfahren hohe hydraulische Reaktivität (Aktivitätsindex bis > 100 % nach 28 Tagen). Der hohe Glasgehalt und die optimierten chemischen Parameter der aufbereiteten Stoffe wurden als maßgeblich für diese hohe Reaktivität identifiziert. Die Erkenntnisse zeigen die bisher ungenutzte Möglichkeit des Upcyclings von (Hütten)Reststoffen zu reaktiven Bindemitteln für die Baustoffkreislaufwirtschaft auf.

Die Baustoffindustrie befindet sich derzeit in einem Spannungsfeld zwischen Klimaschutzbemühungen, Sekundärrohstoffnutzung, Ressourcenknappheit und Abfallproblematik: Baustoffe und sektorübergreifende Prozesse sind für 50 % der weltweiten Treibhausgasemissionen und 75 % des österreichischen Abfallaufkommens verantwortlich (Sobek, 2022; Umweltbundesamt, 2021); weltweit verursacht allein die Produktion von Portlandzement 7 % der Treibhausgasemissionen und ist der Industriesektor mit dem dritthöchsten Energiekonsum (International Energy Agency 2018). Gleichzeitig verursachen Klima- und Umweltschutzbestrebungen in anderen Industriezweigen
- wie Ausstieg aus der Kohleverstromung und Wandlung der Stahlherstellung von der klassischen Hochofenroute hin zu Direktreduktions- und Elektrostahlverfahren (International

Energy Agency 2020) - eine Verknappung von bisher in der Baustoffindustrie eingesetzten Sekundärprodukten wie Kohleflugaschen oder Hochofenschlacke. Hüttensand, der durch eine schnelle Abkühlung von Hochofenschlacke hergestellt wird, steht dadurch absehbar nicht mehr in ausreichenden Mengen als Klinkerersatzstoff (Lothenbach et al. 2011) zum Zwecke der Ressourcenschonung und CO2-Einsparung zur Verfügung (Habert et al. 2020). Dieser einerseits durch verstärkte Nachfrage und andererseits verknapptes Angebot verursachte Mangel an Hüttensand als Bindemittelkomponenten könnte allerdings durch die Nutzbarmachung bisher nicht eingesetzter mineralischer Reststoffe und Nebenprodukte gemildert werden:
Das Upcycling von bisher bindemitteltechnisch ungenutzten Sekundär- und Reststoffen (z.B. Stahlwerksschlacken, künstliche Mineralfasern = KMF) zu als Bindemittelkomponente nutzbaren Hüttensand-ähnlichen zementösen Materialen kann so neben Entlastungen für die Reststoffproduzenten und Wertstoff-Rückgewinnung auch einen Beitrag zu Ressourcen- und Energieeffizienzsteigerung und Treibhausgaseinsparung in einer Kreislaufwirtschaft zwischen Eisen-, Stahl- und Baustoffindustrie ermöglichen.



Copyright: © Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben
Quelle: Recy & Depotech 2022 (November 2022)
Seiten: 6
Preis inkl. MwSt.: € 3,00
Autor: Florian Steindl
Klaus Doschek
Dipl.-Ing. Joachim Juhart
D. Wohlmuth
Mag. rer. nat. Dr. rer. nat. Florian Mittermayr

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