Ob fahrbare oder schwimmfähige Roboter, es gibt einige Hightech-Lösungen für die Inspektion von Haupt-Sammlern, die permanent Abwasser führen. Die genauesten Ergebnisse liefern immer noch Inspektoren aus Fleisch und Blut.
(11.10.07) Kanäle, in die rund um die Uhr erhebliche Abwassermengen eingeleitet werden, stellen eine große Herausforderung für die Inspektion dar. Daher wird die Zustandserfassung permanent ,teilgefüllter Haupt-Sammler' von Kanalnetz-Betreibern häufig hinausgezögert. Dies war eines der Ergebnisse einer Studie zur Umsetzung der Selbstüberwachungsverordnung Kanal (SüwV Kan) in Nordrhein-Westfalen, die vom Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT, Gelsenkirchen) 2003 abgeschlossen wurde.
Nach dieser Verordnung hätten die Kanalnetz-Betreiber in NRW bis Ende 2005 die Ersterfassung ihrer Netze vollständig abgeschlossen haben müssen. Danach ist diese Prozedur alle 15 Jahre zu wiederholen. Kurz vor Ablauf der Frist hatten zahlreiche Netzbetreiber jedoch ihre Hauptsammler noch nicht untersucht. Begründung: Es fehle an geeigneten Strategien und Inspektionsverfahren.
So ging es auch dem Stadtentwässerungsbetrieb (STEB) Paderborn mit der insgesamt rund acht Kilometer langen Haupt-Schlagader seines Kanal-Netzes vom Stadtzentrum hin zum Gruppenklärwerk im Stadtteil Sande. Sie war seit ihrer Inbetriebnahme 1981 nicht mehr inspiziert worden. Der Haupt-Sammler besteht aus Betonrohren mit Kunststoff-Auskleidung der Nennweiten DN 1200, DN 1600 und DN 1800.
Das Abwasser wird in zwei Klärwerken gereinigt. Das kleinere, im Stadtteil Dahl, ist auf 5.000 Einwohnergleichwerte (EWG), das große in Sande auf 540.000 EWG ausgelegt. Neben den rund 142.000 Einwohnern leiten auch eine Reihe von Industrie-Bebetrieben u.a. aus den Branchen Fahrzeugbau, Textilien und Nahrungsmittel ihre Abwässer ins öffentliche Netz. Allein in den Nachtstunden liegt die Teilfüllhöhe im Haupt-Sammler zwischen 30 und 40 Zentimetern. Tagsüber sind Zulaufmenge und Füllstand noch bedeutend höher.
Um sich trotzdem ein detailliertes Bild vom Zustand des Schmutzwasser-Hauptsammlers zu machen, initiierte der Stadtentwässerungsbetrieb gemeinsam mit dem IKT eine Pilotstudie unter dem Titel ,Inspektion teilgefüllter Kanäle', die vom NRW-Umweltministerium gefördert wurde. Ziel war, Lösungsvarianten zur optischen Inspektion eines 5,7 Kilometer langen Teilabschnitts des Paderborner Haupt-Sammlers auszuwählen, umzusetzen und hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile zu bewerten.
In umfangreichen Voruntersuchungen wurde eine Fülle an Informationen zusammengetragen, etwa zu den grundsätzlich geeigneten Inspektionsverfahren, zur vorher nötigen Kanal-Reinigung sowie zur Arbeitssicherheit. Von wesentlicher Bedeutung war auch die Entwicklung von Ansätzen, den Kanal in Teilstücken zeitweise abwasserfrei zu bekommen bzw. den Füllstand, soweit technisch und wirtschaftlich machbar, abzusenken. Diese Informationen sind umfassend in der Studie dargestellt (Download unter www. ikt.de).
Schließlich wurden sechs verschiedene Inspektionstechniken auf Praxistauglichkeit getestet. Zuvor galt es jedoch, die baulichen und betrieblichen Randbedingungen so detailliert wie möglich zu erfassen, wie den Verlauf der Trasse, Zugänglichkeit und Zustand der Schächte. Zudem wurden Gasmessungen vorgenommen, um Erkenntnisse über den Gehalt an gesundheitsschädlichen oder explosiven Substanzen in der Kanal-Luft zu gewinnen.
Ferner wurde ein Wasserhaltungskonzept entwickelt. Einer der wesentlichen Zuläufe ließ sich per Schieber absperren. Das zurückgehaltene Wasser konnte in einer Regenwasser-Behandlungsanlage zwischengespeichert werden. Zudem wurden die Test-Inspektionen in den zuflussärmeren Stunden zwischen Mitternacht und 6 Uhr durchgeführt. Zusätzlich wurden die Termine mit den Industriebetrieben abgestimmt, um eine weitere Reduzierung der Zulaufmengen zu erreichen. Hierdurch gelang es, die Wasserstandshöhen auf 10 bis 30 Zentimeter abzusenken.
Die ausgewählten sechs Lösungsvarianten für die Test-Inspektionen bestanden aus drei fahrenden Robotersystemen, einem schwimmenden Roboter, einer bemannten Befahrung sowie einer Begehung des Kanals (siehe Kasten S.45).
Die wesentlichen Ergebnisse der Tests:
Der schwimmfähige Roboter bietet sich an, wenn der Kanal ständig hohe Teilfüllungsgrade aufweist, die sich nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten absenken ließen. Bei ausreichender Wassertiefe stellen Ablagerungen in der Sohle kein Hindernis dar. Einschränkung: Die Kamera ermöglicht nur die Erfassung des Gasraums, was nur eine Grobinspektion zulässt. Zudem können Abwasser-Strömungen für verwackelte Videobilder sorgen.
Die fahrenden Roboter setzen voraus, dass vor ihrem Einsatz für möglichst niedrige Wassertiefen gesorgt wird sowie Hindernisse und Ablagerungen in der Kanal-Sohle beseitigt werden. Nur so lässt sich ein möglichst großer Bereich des Gasraums frei von Unterbrechungen inspizieren. Die Geräte lassen sich meist ohne Probleme durch die Schachtöffnungen in den Kanal führen. Als Hindernisse können jedoch Steighilfen wirken. Die Kameras lieferten ein ruhiges Videobild. Auch Bauwerk-Details konnten durch Nutzung des Zooms aufgenommen werden, flächendeckend eingesetzt würde dies den Zeitaufwand jedoch deutlich erhöhen.
Bemannte Befahrung und Begehung liefern im Vergleich zu unbemannten Verfahren detailliertere Ergebnisse. Menschen sehen räumlich, können ihren Tastsinn nutzen und manuelle Tätigkeiten ausführen. So können auch geringe Schäden erfasst, Auffälligkeiten (z.B. an Rohrverbindungen) näher untersucht und Materialproben genommen werden. Unterhalb des Wasserspiegels können Schäden durch Abtasten mit den Füßen untersucht werden. Nachteile: Das im Kanal tätige Personal ist Gefahren ausgesetzt, etwa durch schädliche Gase. Daher sind Vorsorge-Maßnahmen nötig, wie Belüftung des Kanals, Mitführen von Gaswarngeräten und Atemschutzmasken. Zudem kann der Einsatz handgeführter Kameras durch ungeübte Inspekteure zu verwackelten Bilder führen.
Für die bemannte Befahrung war der Wagen so konstruiert, dass sich seine Räder oberhalb des Abwasserspiegels an der Rohr-Innenwand abstützen. Vorteile: Der Fahrwagen dient als Haltepunkt und die Inspektion ist auch bei höheren Wasserständen und unabhängig von Sohl-Ablagerungen möglich. Vorteil der Begehung ist dagegen, dass für ihre Vorbereitung deutlich weniger Zeit benötigt wird. Sie bietet sich daher bei niedrigen Wasserständen für Detail-Untersuchungen im Kanal an. Insgesamt konnten mit diesen Verfahren 5.224 Meter, 92 Prozent der Gesamtlänge der Paderborner Teststrecke, inspiziert werden.
Sechs Varianten im Test
1. fahrender Roboter A: Dreh-Schwenkkopf-Kamera Typ Argus 4 (IBAK, Kiel) und einem Fahrgestell für Großrohre (Pader Kanal Technik, Paderborn-Sennelager),
2. fahrender Roboter B: Kamera Argus 4 und Fahrwagenzusatz (IBAK),
3. fahrender Roboter C: Typ Tractor P448 mit Dreh-Schwenk- kopf-Kamera und bis zu 70-fachem Zoom (Radiodetection Ltd., Bristol/UK),
4. schwimmfähiger Roboter: Argus 4 Kamera (IBAK) auf Schwimmfloß (Lönne Entsorgung, Lippstadt),
5. bemannte Befahrung mit Fahrwagen (Hirt, Koblenz) und Axial-Handkamera Typ Cerberus (IBAK) sowie
6. Kanalbegehung mit tragbarer, hoch auflösender Filmkamera mit Bildstabilisator (ISAS, Füssen).
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Copyright: | © Deutscher Fachverlag (DFV) | |
Quelle: | Oktober 2007 (Oktober 2007) | |
Seiten: | 2 | |
Preis inkl. MwSt.: | € 0,00 | |
Autor: | Heinz-Wilhelm Simon | |
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