Der Betriebshof Bad Homburg beauftragte eine Unternehmensberatung mit der Ausgestaltung von Leistungsentgelten für alle tariflich Beschäftigten gemäß § 18 TvöD (Tarifvertrag öffentlicher Dienst). Die Dienstvereinbarung ist bereits unterzeichnet.
(16.04.07) Im Zusammenhang mit den Leistungsentgelten, die nach § 18 TVöD ab dem 1.1.2007 einzuführen sind, ist sehr viel diskutiert worden: Über die grundsätzliche Wirksamkeit von Leistungsentgelten, zu erwartende Blockadehaltungen bei den Arbeitnehmervertretern und die Gefahr der pauschalen Ausschüttung, mögliche Probleme mit der Akzeptanz bei den Beschäftigten etc. Beim Betriebshof Bad Homburg, der als Eigenbetrieb mit etwa 190 Beschäftigten die Aufgaben der Abfallwirtschaft, Stadtreinigung, Straßen- und Kanalunterhaltung sowie Grünpflege für die Stadt übernimmt, hat man sich hiervon wenig beirren lassen, denn von Beginn an war man sich im Grundsatz einig: Wenn schon tariflich vorgeschrieben wird, Leistungsentgelte in einer bestimmten Höhe einzuführen, sollten diese auch als Führungs- und Motivationsinstrument genutzt werden. Dass nicht automatisch eine Motivationswirkung entsteht, sondern große Sorgfalt auf die Ausgestaltung der Bewertungs- und Ausschüttungsmodalitäten zu verwenden ist, war ebenfalls klar. Um dies zu gewährleisten, erschien es allen Beteiligten als notwendig, eine spezifische, auf die operativ geprägten Arbeitsaufgaben des Betriebshofs zugeschnittene Lösung zu entwickeln. Und schließlich war allen Beteiligten bewusst: Auf den Prozess kommt es an. Nur auf Basis der Einbindung aller wichtigen Verantwortungsträger kann es gelingen, in kurzer Zeit zu einer effektiven und allseits akzeptierten Lösung zu gelangen.
Nachdem auf der Arbeitgeberseite erste Vorüberlegungen zur Ausgestaltung des betrieblichen Systems erfolgt waren, ging man zügig die Erarbeitung der konkreten Systemgrundlagen gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung an. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der neben dem Betriebsleiter und den Mitgliedern der betrieblichen Kommission (zwei Mitglieder des Personalrats, Personalreferent, Abteilungsleiter Abfallwirtschaft) weitere Mitglieder des Personalrates, die Frauenbeauftragte und zwei Berater als Moderatoren vertreten waren. Als Ziel wurde ausgegeben, ein System zur Gewährung von Leistungsentgelten zu entwickeln und einzuführen, mit dessen Hilfe
die Wirtschaftlichkeit des Betriebshofs verbessert und dadurch bestehende Arbeitsplätze gesichert werden,
die Motivation und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter gefördert wird,
die Führungskompetenz gestärkt wird und
die Dienstleistungen und damit der Service gegenüber dem Kunden verbessert werden.
Großer Wert wurde darauf gelegt, zur Erreichung der genannten Ziele eine gemeinsame Sichtweise auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zu schaffen, was auch gelang: Eine insgesamt sehr kooperative Atmosphäre, Offenheit für innovative Vorschläge, eine sachorientierte Verständigung über Problembereiche und die auf beiden Seiten bestehende Bereitschaft, Kompromisse einzugehen und die Anliegen und Interessen des anderen zu berücksichtigen, förderten eine produktive Zusammenarbeit.
Den Schwerpunkt bei den Arbeitsgruppensitzungen bildete die Bearbeitung der folgenden Fragen:
- Nach welcher Systematik soll die Ausschüttung der Leistungsentgelte erfolgen? Wie kann gleichzeitig eine adäquate Leistungsdifferenzierung gesichert, Transparenz des Systems gewährleistet und die Einhaltung der tariflichen Vorgabe zur vollständigen Ausschüttung des vorgegebenen Budgets garantiert werden?
- (Wie) Soll das Gesamtbudget auf einzelne Bereiche und/oder Beschäftigtenkategorien aufgeteilt werden?
- Soll die Bewertung hauptsächlich anhand von Zielvereinbarungen oder als systematische Leistungsbewertung vorgenommen werden?
- Sollen (vorrangig) individuelle oder Teamleistungen bewertet werden?
- Sollen (hauptsächlich) Kennzahlen oder Beurteilungskriterien die Bewertungsbasis bilden?
- Welche und wie viele Ziele/Kriterien sollen festgelegt und wie soll gewichtet werden?
Nachdem im November 2006 hinsichtlich der letzten noch offenen Punkte Lösungen gefunden worden waren, konnte am 12. Dezember ein Dienstvereinbarungsentwurf ,Leistungsentgelte' präsentiert werden. Nach letzten Detailkorrekturen wurde am 11.01.2007 die Dienstvereinbarung von Personalrat und Betriebsleitung unterzeichnet. Sie gilt ab dem 01.02.2007, so dass die Zeit von 01.02.2007 bis 30.09.2007 als erste Bewertungsperiode festgelegt werden konnte.
Im Einzelnen einigte man sich auf die folgenden zentralen Systemgrundlagen:
Gewährung jährlich auszuschüttender Prämien auf Basis der systematischen Leistungsbewertung (SLB), die durch maximal drei individuelle Zielvereinbarungen ergänzt werden kann, falls Führungskraft und Beschäftigter sich hierauf verständigen
Einheitliche SLB nach folgenden Kriterien: Arbeitsergebnisse, Arbeitsausführung, Einsatz (-bereitschaft), Verhalten gegenüber Dritten
Konkretisierung der Kriterien durch jeweils drei Unterkriterien, die im Rahmen eines Bewertungsleitfadens genau definiert bzw. erklärt werden
Bewertung nach einem Punktsystem, Gleichgewichtung der Kriterien, gegebenenfalls zusätzliche Berücksichtigung des Zielerreichungsgrades
Ausschüttung in zwei Stufen:
Stufe 1: Prämiengewährung ab einem Gesamtergebnis von 60 Punkten (= überdurchschnittliche Leistung in mindestens der Hälfte der Kriterien), jeweils erhöhte Prämie bei mindestens 70, 80 oder 90 Punkten; die vorab festgelegten Ausschüttungsbeträge variieren je nach Entgeltgruppe und werden mit der individuellen Anwesenheitsquote gewichtet.
Stufe 2: gleichmäßige Ausschüttung des verbleibenden Differenzbetrags zum vorgeschriebenen Ausschüttungsvolumen unter allen Beschäftigten, die ein Gesamtergebnis von mindestens 80 Punkten erreicht haben.
Einig war man sich auch darüber, dass eine einheitliche Interpretation der Bewertungsmaßstäbe von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz des Systems ist. Deshalb wurden Schulungen mit allen zuständigen Führungskräften durchgeführt, wobei unter anderem ,Testfälle' von den einzelnen Führungskräften bewertet und anschließend die Bewertungen verglichen wurden.
Als ebenso wichtig für die Akzeptanz seitens der Beschäftigten wurde es angesehen, diese über die Grundlagen der Bewertung und Ausschüttung genau zu informieren. Dementsprechend wurde eine Informationsveranstaltung mit allen Beschäftigten durchgeführt, um diesen zu verdeutlichen, "worauf es ankommt". Die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass auf diese Weise klassischen Problemen wie Willkür in der Bewertung ("Nasenfaktor") begegnet werden kann.
Um auch langfristig ein Funktionieren des Systems zu sichern, ist angedacht, am Ende der ersten Bewertungsperiode, in der schließlich alle Beteiligten - sowohl bewertende Vorgesetzte, als auch bewertete Beschäftigte - Neuland betreten, die ersten Erfahrungen, Ergebnisse und Probleme zu evaluieren, gegebenenfalls Schwachstellen zu überarbeiten und das System anzupassen.
Copyright: | © Deutscher Fachverlag (DFV) | |
Quelle: | März/April 2007 (April 2007) | |
Seiten: | 3 | |
Preis inkl. MwSt.: | € 0,00 | |
Autor: | Ralf Bleser Erich Leitmann | |
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