Unter dem Limit - Kalte Rotte: Betriebserfahrungen mit der Technik zur Abluftreinigung
Die Fristen zur Umsetzung der 30. BimSchV für Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlagen sind am 01.06.2005 abgelaufen. Am MBA-Standort Großefehn ist die Abluftreinigungsanlage seit mehr als einem Jahr in Betrieb, so dass ein erstes Resümee über die bisherigen Betriebserfahrungen möglich ist.
22.09.2006 Die MKW-Materialkreislauf- und Kompostwirtschaft GmbH & Co. KG aus Aurich hat im Sommer 2004 die Bietergemeinschaft der Firmen Heilit Umwelttechnik GmbH aus Düsseldorf und Matthäi Bauunternehmen GmbH & Co. KG aus Westerstede mit der Errichtung einer mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage am Standort in Großefehn beauftragt. Der Lieferumfang umfasste die Errichtung der Anlieferungshalle einschl. zugehöriger Maschinentechnik, die Errichtung einer biologischen Behandlungsanlage mit 30 Intensiv-Rottetunneln, die Installation eines Lüftungs- und Bewässerungssystems sowie eine komplette Abluftreinigungsanlage die den Vorgaben der 30. BImSchV entspricht. Die Anlage ist ausgelegt auf eine zu behandelnde Restabfallmenge von ca. 47.600 Mg/a. Die Wessel-Umwelttechnik GmbH aus Hamburg wurde beauftragt, die Abluftreinigungsanlage schlüsselfertig zu errichten.
Die Abluftreinigungsanlage reinigt eine Gesamtabluftmenge von ca. 50.000 m³/h. Aus verfahrenstechnischen und betriebswirtschaftlichen Gründen wurde eine kombinierte Abluftreinigung eingesetzt. Die vergleichsweise gering belastete Hallenabluft wird über Hochleistungs-Biofiltermodule behandelt. Die Tunnelabluft, die hohe Konzentrationen an flüchtigen organischen Inhaltsstoffen enthält, wird über eine zweilinige Regenerativ-Thermische Oxidationsanlage (RTO) gereinigt.
Die RTO-Linie besteht aus einem sauren Wäscher und nachgeschaltet der RTO. Der saure Wäscher hat die vorrangige Aufgabe, die relativ hohen Ammoniakgehalte in der Abluft zu reduzieren. Die Betriebserfahrungen zeigen, dass i.d.R. auf den Einsatz eines sauren Wäschers nicht verzichtet werden kann, da sonst die geforderten N 2 O-Grenzwerte nicht eingehalten werden können. Das im Wäscher anfallende Abwasser kann in der Anlage in Großefehn trotz der enthaltenen Ammoniumsulfat-Konzentration problemlos als Ergänzungswasser in der Rotte verwendet werden. Eine Beeinträchtigung des Rotteprozesses konnte im mittlerweile einjährigen Regelbetrieb nicht festgestellt werden. Alle Anforderungen der Abfallablagerungsverordnung an den biologisch behandelten Restabfall können nach einer Rottedauer von ca. sechs Wochen sicher eingehalten werden.
Die Betriebserfahrungen zeigen ferner, dass der Eintrag von Aerosolen in die RTO weitestgehend verhindert werden sollte. Der Einsatz von Hochleistungs-Aerosolabscheidern hat sich bewährt. Die RTO-Linie ist auch für die MBA Großefehn zweilinig mit einer 75-prozentigen Redundanz aufgebaut. Begründung hierfür ist die verlangte Verfügbarkeit gemäß der 30. BImSchV.
Die Biofilter-Linie besteht aus einem Gegenstromwäscher und insgesamt fünf Biofiltermodulen. Der Wäscher sättigt die Abluft auf und reduziert die Staubemissionen. Ammoniak ist in den niedrig belasteten Abluftströmen nicht oder nur in geringen Konzentrationen enthalten. Die Möglichkeit einer nachträglichen Umstellung auf eine saure Betriebsweise sollte durch die Bauform des Wäschers gegeben sein. Die Biofiltermodule sind als geschlossene Module ausgeführt. Zur Sicherstellung eines guten Feuchtehaushalts in der Filtermaterialschüttung werden die Module im "Down-Flow-Prinzip" durchströmt. Speziell für die Gesamt-Kohlenstoffabscheidung kann eine gezielte Zugabe von Nährstoffen erforderlich werden; entsprechende Dosierstationen sollten vorgesehen werden. Die gereinigte Abluft aus der RTO und den Biofiltern wird in einem gemeinsamen Kamin in einer Höhe von 15 Metern in die Atmosphäre abgegeben. In dem Kamin ist die 30. BImSchV-Messtechnik installiert. Kontinuierlich gemessen werden Staub, N 2 O, Gesamt-Kohlenstoff, Temperatur, Druck, Sauerstoff und die Abluftmenge. Die Messwerte werden auf einem Emissionsrechner verwaltet und zur Behördeneinsicht archiviert. Es hat sich gezeigt, da im unteren einstelligen Milligramm-Bereich gemessen wird, dass eine Betreuung und Wartung der Messtechnik erforderlich ist, um Fehlmessungen zu verhindern. Die Staubmessungen, die in den meisten Fällen nach dem triboelektrischen Messprinzip funktionieren, mussten nachträglich mit Reinigungseinrichtungen ausgestattet werden, da es durch Aerosolablagerungen zu Mehrbefunden gekommen ist.
Die anspruchsvollen Grenzwerte der 30.BImSchV können mit einer entsprechend ausgelegten Abluftreinigungstechnik eingehalten werden. Auf die Vorgabe der 30. BimSchV, einen max. Monatsmittelwert von 55 g C/Mg Abfall einzuhalten, muss im Anlagenbetrieb das Hauptaugenmerk gelegt werden. Aus diesem Wert resultieren Absolutwerte für die Gesamt-C-Konzentration von z.T. nur 5 mg/m³. Zur Einhaltung dieses Grenzwertes ist es wichtig, dass die Konzepte zum Luftmanagement (Tag-/Nachtbetrieb) wie geplant realisiert werden. Die vorgegebenen Geruchskonzentrationen werden in der MBA Großefehn sicher eingehalten. Auch hier zeigt sich der verfahrenstechnische Vorteil einer Anlagenkombination aus RTO und Biofilter. Unter bestimmten Bedingungen kann es in der Rotte zur Freisetzung von erhöhten N 2 O-Konzentrationen kommen. Das N 2 O kann in der Abluftreinigung bisher nicht abgeschieden werden. Erste Versuche zur Zugabe von Reduktionsmitten wurden durchgeführt. Die bisherigen Ergebnisse erlauben eine großtechnische Umsetzung allerdings noch nicht. Auch am Standort in Großefehn kam es zeitweise zu einer erhöhten Emission von N 2 O. Durch eine geeignete Anpassung der Prozesssteuerung kann die N 2 O-Bildung in der Rotte jedoch weitgehend vermieden werden.
Wie erwartet werden die Grenzwerte für die Dioxine/Furane deutlich unterschritten. Da die messtechnische Ermittlung sehr aufwendig und kostenintensiv ist, wären Überlegungen zur Anpassung der Messzyklen sinnvoll.
Einhaltung der Anlagenverfügbarkeiten:
Die geforderten Verfügbarkeiten gemäß 30.BImSchV lauten:
max. einmalige Stillstandzeit 8 h
max. jährliche Stillstandszeit 96 h.
In Rotteprozessen kann es zur Freisetzung von siliziumorganischen Verbindungen kommen. Die Konzentrationen liegen üblicherweise zwischen 0,1 bis 10 mg/m³. Mögliche Ursachen hierfür können u.a. sein (Carlowitz, 0. et al., 2005 / Otterpohl, R. et al., 2005):
Anaerobbedingungen in der Rotte
Feuchtehaushalt in der Rotte
Temperaturen in der Rotte
Zusammensetzung des Abfalls
Das Silizium oxidiert in der RTO und setzt die Wärmetauscher in Form von Belägen derart zu, dass eine Abluftübernahme nicht mehr oder nur in reduzierte Form möglich ist. Die Folge ist, dass die Einbauten der RTO in bestimmten Zyklen von diesen Ablagerungen befreit werden müssen. Je nach vorgeschaltetem Prozess müssen die Einbauten z.T. in Abständen von 20 Tagen gereinigt werden. Der Reinigungsaufwand ist meist zeitintensiv, da das Ab- und Wiederanfahren der RTO durchaus bis zu 24 Stunden in Anspruch nehmen kann. Der Einsatz von geregelten Packungen (Wabenkörpern) hat in Bezug auf die Abreinigung Vorteile im Vergleich zu losen Schüttungen (z.B. Sattelkörpern). Die losen Schüttungen müssen komplett ausgeräumt und ersetzt werden. Die Wabenkörper lassen sich üblicherweise im eingebauten Zustand reinigen. Eine Abscheidung der siliziumorganischen Verbindungen durch vorgeschaltete Reinigungstechnologien ist aufgrund der gegebenen Abluftqualitäten technisch nicht möglich. Die Abluft der MBA Großefehn zeichnet sich durch sehr geringe Konzentrationen an siliziumorganischen Verbindungen aus, so dass bisher im Laufe des einjährigen Regelbetriebs keine signifikanten Ablagerungen in den Einbauten der RTO aufgetreten sind.
Trotzdem sollte eine Anpassung der Vorgaben der 30. BImSchV für die Regelung der Anlagenverfügbarkeit ernsthaft in Betracht gezogen werden. Zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte ist der Einsatz der beschriebenen Anlagentechnik erforderlich. Alternative Abluftreinigungsverfahren, die Silizumverbindungen tolerieren, erreichen entweder die Grenzwerte der 30. BImSchV nicht (Biofilter) oder weisen noch deutlich höhere Betriebskosten auf (konventionelle thermische Nachverbrennungsanlagen). Dies bedeutet, dass auch zukünftig bei vielen Anlagen mit häufigen Reinigungszyklen und damit einhergehend einer Beeinträchtigung der Anlagenverfügbarkeit zu rechnen ist.
Unternehmen, Behörden + Verbände: MKW-Materialkreislauf- und Kompostwirtschaft GmbH & Co. KG, Feilit Umwettechnik GmbH, Matthäi Bauunternehmen GmbH & Co. KG, Wessel-Ummwelttechnik GmbH
Autorenhinweis: Andreas Breeger Wessel-Umwelttechnik GmbH, Hans-Hermann Dörnath Materialkreislauf- und Kompostwirtschaft GmbH & co. KG, Dr. Andreas Maile Heilit Umwelttechnik GmbH
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