Es ist kaum möglich, eine längere Strecke zu gehen, ohne auf Kunststoffabfälle zu stoßen. Neben diesen offensichtlichen makroskopischen Kunststoffobjekten finden sich aber auch nicht direkt sichtbare Kunststoffabfälle, sogenanntes „Mikroplastik“, in der Umwelt. In diesem Beitrag werden die Mengen von Makro- und Mikroplastik in der Umwelt quantifiziert und der Status des Wissens bei Ausbreitung und Wirkungen zusammen mit Lösungsstrategien skizziert. Der Beitrag basiert auf einem Konsortialprojekt, das Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Siedlungswasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Kunststoff- und Konsumgüterindustrie durchgeführt hat.
Der Begriff „Mikroplastik“ wurde erstmalig 2008 definiert. Ein kritischer Blick auf die Chronologie zeigt, dass die Begriffsbildung zumeist auf Basis physikalischer Eigenschaften (Form, Größe, Material) und formaler oder pragmatischer Erwägungen (Abgrenzung zu Nanopartikeln, Inkludierung von Kunststoffrohmaterial, verfügbare Messtechnik etc.) erfolgte. Eine problemorientierte Begriffsschärfung, die sich aus umweltwissenschaftlicher Perspektive die Festlegung einer Ober- und Untergrenze sowie die Eingrenzung auf relevante Stoffgruppen zum Ziel gesetzt hat, hat es bis heute nicht gegeben. Heutige Definitionen können daher nicht mehr bieten als eine grobe Orientierung und Einengung des Anwendungsbereichs. Öko- oder humantoxikologische Erkenntnisse liegen ihnen laut den Auswertungen der Autoren nicht zugrunde. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass durch eine vorschnelle Festlegung von Größenbereichen und Stoffgruppen bei einer erwartbaren zukünftigen Regulierung bestimmte Gefährdungen unberücksichtigt bleiben, sofern heutige Definitionen, die zumeist der wissenschaftlichen Kommunikation und Vereinheitlichung dienen, unreflektiert als Legaldefinitionen übernommen werden. Fraunhofer UMSICHT schlägt aufgrund der beschriebenen Limitierungen eine erweiterte Definition vor. Für Fraunhofer UMSICHT bezeichnet „Mikroplastik“ Partikel und Fasern, „Makroplastik“ größere Objekte aus thermoplastischen, elastomeren oder duroplastischen Kunststoffen, die unter Standardbedingungen fest sind und direkt oder indirekt durch menschliches Handeln in die Umwelt gelangen. Die Autoren schlagen außerdem vor, auf eine exakte Festlegung und Unterteilung des Größenbereichs (< 5 mm) in Definitionen zu verzichten und auch keine Anforderungen zur Bioabbaubarkeit oder Löslichkeit festzulegen, sondern diese relevanten Punkte in die konkrete Ausgestaltung von Gesetzen und Maßnahmen zu verlagern. Makro- und Mikroplastik stellen einen Teilaspekt der Gesamtproblematik „Anthropogene Polymere in der Umwelt“ dar (vgl. Abbildung 1). Zu den anthropogenen Polymeren gehören weiterhin gelöste, dispergierte, gelartige und flüssige Polymere und auch natürliche Polymere, sofern sie durch menschliche Aktivitäten umgewandelt oder in andere Umweltkompartimente überführt wurden. Insbesondere die Abgrenzung zwischen natürlichen und synthetischen bzw. halbsynthetischen Polymeren oder zwischen fest und flüssig ist alles andere als trivial.
Copyright: | © Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH | |
Quelle: | 31. Abfall- und Ressourcenforum 2019 (April 2019) | |
Seiten: | 16 | |
Preis inkl. MwSt.: | € 8,00 | |
Autor: | Dr.-Ing. Markus Hiebel Dipl.-Ing. Ralf Bertling Jürgen Bertling Torsten Weber Leandra Hamann | |
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