Editorial: Mit Rosinen gehandelt
Das neue Jahr begann für die Entsorgungswirtschaft mit einem Paukenschlag. Vorbei das Fest des Friedens und der Geschenke – beim Kreislaufwirtschaftsgesetz kennen die Kontrahenten keine Gnade.

(27.02.2012) Das neue Jahr begann für die Entsorgungswirtschaft mit einem Paukenschlag. Vorbei das Fest des Friedens und der Geschenke – beim Kreislaufwirtschaftsgesetz kennen die Kontrahenten keine Gnade. Dabei wird das, was der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag Anfang Februar in Sachen Kreislaufwirtschaftsgesetz hervorbrachte, noch als Kompromissformel gedeutet. So zumindest die offizielle Lesart des Umweltministeriums und einiger FDP- und Grünen-Politiker. SPDPolitiker frohlocken über das „Scheitern des Angriffs der privaten Entsorger auf die Zuständigkeit der Kommunen bei der Haushaltssammlung.“ Eine ‚Rosinenpickerei‘ sei damit abgewehrt. Andere wiederum sehen in dem Kompromiss einen Angriff auf die Grundrechte, wollen die EU und das Bundesverfassungsgericht anrufen und sehen gar die Kultur des Abendlandes bedroht. Der Vorwurf der „kalten Enteignung“ macht die Runde. Gegenseitig wirft man sich ‚Rosinenpickerei‘ vor. Ein schönes Wort. Fast geeignet als Unwort des Jahres. Peinlich nur, dass sowohl Vertreter der Privatwirtschaft als auch der Kommunen sich gegenseitig diesen Vorwurf machen. ‚Rosinenpickerei‘ – nur weil der jeweils andere Part versucht, Gewinne zu erwirtschaften? Na und? Natürlich darf es nicht darum gehen, sich nur die attraktiven Stückchen irgendwo heraus zu picken; was hier allerdings mitschwingt, ist der Neid auf Profit. Bis hin auf die unterste Verwaltungsebene muss man sich immer wieder anhören, dass diese oder jenes Unternehmen „nur auf Profit“ aus ist. Gott sei Dank ist das so. Ohne Profit gäbe es keine Arbeitsplätze und keine Steuern.
Ungezählte Kommunen und Kreise arbeiten seit Jahren gut und vertrauensvoll mit privaten Entsorgern zusammen, und man kann zumindest in Deutschland davon ausgehen, dass beide Parteien das nicht zum jeweiligen Nachteil tun. „Gewinn“ klingt zweifellos freundlicher, aber auch den scheint man sich in der gegenwärtigen Diskussion nicht zu gönnen. Es sei die provokante Frage erlaubt, ob sich in den kommenden Jahren wirklich Entscheidendes ändern wird? Werden Private nicht mehr zum Zuge kommen, weil Kommunen die Wertstoffsammlung übernehmen und eigene Sortieranlagen errichten? Wohl kaum.
Sicher. Eine Kompromissformel, die den Privaten leistungsfähiger‘ zu sein, ist eigentlich nicht verständlich. Beurteilungskriterien sind nicht nur Qualität, Effizienz, Umfang und Dauer der Leistungen, sondern auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit aus Sicht der privaten Haushalte. Doch wie will man die Qualität konkret überprüfen? Nicht auszuschließen, dass sich für Juristen hier ein neues Betätigungsfeld auftut. Etwas mehr Marktwirtschaft wäre sicher besser gewesen.
Der Verbraucher nimmt‘s mit Kopfschütteln. Er möchte nichts anderes, als dass seine Wertstofftonne möglichst viele verschiedene Wertstoffe aufnimmt – am besten auch Papier und Elektroschrott. Und dass hier ein Erlös erwirtschaftet wird, der seine Müllgebühren senkt. Und den jeweiligen Entsorgern, ob kommunal und/oder privat, sei der Profit – pardon: der Gewinn – von Herzen gegönnt.
Und wie ist Ihre Meinung zu dem Thema? Diskutieren Sie mit uns auf dem Social Network-Portal XING im Diskussionsforum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Wir laden Sie herzlich dazu ein. Suchen Sie dort nach http://www.xing.com/net/Umweltwirtschaft..
Autor: Martin Boeckh
Foto: Privat
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