Bundesweites Pilotprojekt zum Corona-Nachweis im Abwasser

KIT koordiniert Verbund, der ein abwasserbasiertes COVID-19-FrĂŒhwarnsystem testet

Mehrere Tage bevor die ersten Krankheitssymptome auftreten, sind Coronaviren bereits im Abwasser nachweisbar. Dies bietet die Möglichkeit, die Fallzahlen schneller erheben, das Infektionsgeschehen prĂ€ziser abbilden sowie neue COVID-19-Varianten und deren Verbreitung frĂŒher erkennen zu können. Der am Karlsruher Institut fĂŒr Technologie (KIT) koordinierte Projektverbund „Systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser“ will diese Potenziale heben und prĂŒfen, ob und gegebenenfalls wie in Deutschland ein abwasserbasiertes COVID-19-FrĂŒhwarnsystem umgesetzt werden kann. Die EuropĂ€ische Union fördert das Vorhaben mit rund 3,7 Millionen Euro.

„Dieses ressortĂŒbergreifende Forschungsvorhaben bietet die Chance, das wissenschaftliche Know-how und bisherige Erfahrungen im Abwassermonitoring deutschlandweit zu bĂŒndeln und bei der EindĂ€mmung der COVID-19-Pandemie systematisch zu nutzen“, sagt Dr. Verena Höckele, Projektkoordinatorin beim ProjekttrĂ€ger Karlsruhe (PTKA) am KIT.
In das im Februar gestartete und ein Jahr laufende Pilotprojekt steigen sukzessive bundesweit 20 Standorte ein. An diesen werden zweimal pro Woche und ĂŒber einen Zeitraum von jeweils 24 Stunden Mischwasserproben aus dem Zulauf der KlĂ€ranlagen entnommen, aufbereitet und mittels eines PCR-Tests analysiert. Anschließend sollen die Ergebnisse mit den Pandemiedaten der örtlichen GesundheitsĂ€mter verknĂŒpft werden und nach Möglichkeit in die pandemische Lagebeurteilung einfließen.
Virusvarianten mit Abwassermonitoring schneller erkennen
„Das Verfahren, die HĂ€ufigkeit und Dynamik von SARS-CoV-2 Viren ĂŒber das kommunale Abwasser zu bestimmen, wurde in Deutschland bereits im Zuge einzelner Forschungsprojekte erfolgreich erprobt“, so Professor Harald Horn, Leiter des Bereichs Wasserchemie und Wassertechnologie am Engler-Bunte-Institut des KIT. Es könne nicht nur dazu beitragen, die Dunkelziffer von Infizierten besser abzuschĂ€tzen, sondern auch die Verbreitung von Varianten und Mutationen schneller zu erkennen als es durch die Testung einzelner Personen möglich sei, ist Horn ĂŒberzeugt.
Im Projekt wollen die Forschenden nun auf der Basis vergleichbarer Ergebnisse analysieren, welche Methoden sich fĂŒr ein flĂ€chendeckendes Monitoring eignen könnten und welche Daten hierfĂŒr erhoben werden mĂŒssen, um Coronaviren im komplex zusammengesetzten Abwasser nachweisen zu können. Dies zeigt sich aktuell bei der Erfassung der Omikron-Variante, deren Virenfragmente vorwiegend ĂŒber die oberen Atemwege ausgeschieden werden und im Vergleich zur Delta-Variante nur zu einem Drittel ins Abwasser gelangen. Eine besondere Herausforderung fĂŒr die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es deswegen, die QualitĂ€t der Probenentnahme, der Laboranalyse und der Datenauswertung weiter zu verbessern.
Am Ende der Pilotphase steht die Entscheidung, ob fĂŒr Deutschland ein flĂ€chendeckendes Abwassermonitoring oder eher ein reprĂ€sentatives Monitoring empfohlen werden soll. Ein solches flĂ€chendeckendes FrĂŒhwarnsystem gegen COVID-19, das sich perspektivisch auch fĂŒr andere Krankheitserreger wie zum Beispiel Polio oder Grippeviren eignen wĂŒrde, ist bereits in den Niederlanden, Kanada und Australien im Einsatz.
ESI-CorA: Förderung und Projektpartner
Das Projekt „Systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser“ (ESI-CorA)
fördert die EuropĂ€ische Union im Rahmen des Soforthilfeinstruments ESI (Emergency Support Instrument) mit rund 3,7 Millionen Euro. Initiiert wurde es vom Bundesministerium fĂŒr Gesundheit, dem Bundesministerium fĂŒr Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie dem Bundesministerium fĂŒr Bildung und Forschung. Der ProjekttrĂ€ger Karlsruhe (PTKA) am KIT koordiniert das Projekt, Partner sind neben dem KIT die Technische UniversitĂ€t Darmstadt, das Umweltbundesamt und das Robert Koch-Institut. Ein Steuerungsgremium aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, LĂ€ndern und VerbĂ€nden soll nach Ende des Pilotierungsvorhabens im Februar 2023 ĂŒber die Verstetigung der Ergebnisse entscheiden.


Als „Die ForschungsuniversitĂ€t in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen fĂŒr Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche BeitrĂ€ge in den Feldern Energie, MobilitĂ€t und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinĂ€ren Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 23 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitĂ€res Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die InnovationstĂ€tigkeit am KIT schlĂ€gt die BrĂŒcke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natĂŒrlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen ExzellenzuniversitĂ€ten.

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