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Krüger: Rechtsrahmen zum Kohlenstoffabbau könnte wertvolle Funktionen unserer Böden erhalten / Ganzheitlicher Ansatz dringend notwendig
Berlin/Straßburg – Ab heute tauschen sich die
Landwirtschaftsministerinnen und -minister der EU-Mitgliedsstaaten beim
informellen EU-Agrarrat zum Thema Carbon Farming aus. Der NABU begrĂĽĂźt,
dass die Bedeutung der europäischen Böden im Kampf gegen den Klimawandel
zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt. Es sei jedoch essenziell, nicht
nur die Speicherfunktion der Böden, sondern auch deren Wert für die
biologische Vielfalt in den Fokus zu rĂĽcken.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Gesunde Böden sind unerlässlich für
den Schutz unseres Klimas und unserer Artenvielfalt. Dass die
EU-Agrarministerinnen und -minister den Erhalt der wertvollen Funktionen
unserer Böden in den Fokus rücken, ist ein erster wichtiger Schritt.
Auch die Initiative der EU-Kommission, einen gesetzlichen Rahmen zur
Zertifizierung des CO2-Abbaus zu entwickeln, stimmt zunächst einmal
optimistisch. Solange Carbon Farming jedoch ausschlieĂźlich auf einen
Emissionsausgleich durch CO2-Zertifikate abzielt, kann es nur wenig zur
Lösung unserer ökologischen Krisen beitragen – im Gegenteil: Es könnte
die Krisen sogar noch verschlimmern, zum Beispiel, wenn der Kohlenstoff
im Boden durch einen stärkeren Einsatz von chemisch-synthetischen
Pflanzenschutzmitteln erhöht werden soll.
Damit Carbon Farming sein volles Potenzial fĂĽr Klima und Natur entfalten
kann, braucht es einen ganzheitlichen Lösungsansatz, der nicht nur die
Reduktion aller Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft
sicherstellt, sondern auch die Regeneration unserer Ă–kosysteme. Konkret
heißt das: Der Schutz unserer Natur gehört in den Mittelpunkt der Carbon
Farming Initiative. Ein freiwilliger CO2-Zertifikatemarkt kann dieser
Herausforderung alleine nicht gerecht werden.
Die EU-Kommission ist daher in der Verantwortung, einen politischen
Rahmen zu entwickeln, der Landwirtinnen und Landwirte das nötige Wissen
an die Hand gibt und genĂĽgend Anreize bietet, die gesamte
Bodengesundheit zu fördern.”
Hintergrund: Carbon Farming in der EU
Carbon Farming hat das Ziel, Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft
zu reduzieren und Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Boden zu binden, um
so der Klimakrise entgegenzuwirken. Aktuell gibt es jedoch kein
politisches Instrument, dass Landwirtinnen und Landwirten Anreize fĂĽr
die Kohlenstoffbindung und den Schutz der biologischen Vielfalt bietet.
Bis Ende 2022 möchte die EU-Kommission daher einen EU-Rechtsrahmen für
die Zertifizierung des CO 2 -Abbaus vorschlagen. Der französische
Landwirtschaftsminister Julien Denormandie möchte - wie er im Januar
betonte – während der französischen Ratspräsidentschaft sicherstellen,
dass das Thema Carbon Farming in allen Mitgliedsstaaten einen hohen
Stellenwert einnimmt
Hintergrund: Leistungen und Zustand unserer Böden
Gesunde Böden sind die Grundlage unserer Ernährungssicherung und die
Voraussetzung der biologischen Vielfalt an Land. Gleichzeitig sind sie
ein wichtiger VerbĂĽndeter im Kampf gegen die Klimakrise. Ihre
Humusschicht speichert und filtert Wasser, stellt wichtige Nährstoffe
bereit und bindet Kohlenstoff. So entzieht zum Beispiel eine neu
gebildete Tonne Humus der Atmosphäre etwa 1,8 Tonnen CO2 (Idel 2020).
Die Realität in der aktuellen Landnutzung sieht jedoch anders aus: Viele
der wertvollen Ökosystemdienstleistungen, die Böden erbringen, werden
zerstört oder sogar umgekehrt. So speichern selbst die meisten deutschen
landwirtschaftlich genutzten Böden heute kein Kohlenstoff, sondern
emittieren im Schnitt 0,19 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr (Jacobs et al.
2018). Eine Trendumkehr in der Entwicklung der Gesundheit unserer Böden
ist nun schnellstmöglich notwendig, um die Ziele für nachhaltige
Entwicklung der Vereinten Nationen erreichen zu können.
FĂĽr RĂĽckfragen:
Simon Krämer, NABU-Experte für Bodenschutz,
Mobil +49 (0)151.251 811 91, E-Mail: simon.kraemer@nabu.de
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