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Der Streit um die Pflicht des Landkreises Altötting, für die in seiner Entsorgungszuständigkeit stehenden Bioabfälle eine Getrennterfassung nach § 11 Abs. 1 KrWG einzuführen, ist beendet.
Zunächst hatte der Kreis gegen die behördliche Anordnung einer
Getrennterfassung für diese Bioabfälle geklagt. Das Verwaltungsgericht
(VG) München hatte die Klage abgewiesen (Urteil v. 28.11.2019, Az.: M 17
K 17.5282). In seinem Urteil ist es von der Rechtmäßigkeit des
Anordnungsbescheids ausgegangen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof
hat die Berufung gegen das Urteil des VG München als unzulässig
verworfen. Der Landkreis hat daraufhin erkennen lassen, dass er nunmehr
die Pflichten aus dem Bescheid umsetzen will – aller Voraussicht nach
durch Einführung eines Bringsystems für Bioabfälle.
Landkreis will jetzt getrennte Erfassung von Bioabfällen umsetzen
Einen dahingehenden Vorschlag der Verwaltung hatte der Kreistag im von der Behörde beanstandeten Beschluss gerade abgelehnt. Er war davon ausgegangen, dass es für die Erfüllung der Pflichten aus § 11 Abs. 1 KrWG (Pflicht zur Getrennterfassung von Bioabfällen) ausreicht, wenn, wie im Landkreis 85 % der Bioabfälle (nämlich Grünschnitt) bereits getrennt erfasst und gesondert verwertet werden. Insoweit bestand die Besonderheit, dass der Kreis genau die Aufgabe der Grünschnitterfassung und –verwertung auf die kreisangehörigen Gemeinden zurückübertragen hatte. Für diese Abfälle hatten die Gemeinden nicht nur eine getrennte Erfassung, sondern auch eine hochwertige Verwertung eingerichtet. Pflicht zur Getrennterfassung auch für die restlichen 15 % Bioabfälle
Überdies hatte sich der Landkreis auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Einrichtung einer Getrennterfassung im Holsystem bezogen: Er hatte mit einer Verdoppelung der Gebührenbelastung errechnet, gleichzeitig aber nur eine sehr geringe Umweltentlastung ausmachen können (Differenz zu einem ermittelten Ökologie-Index von ca. 9 bis 16 %). Die Einführung eines Bringsystems hielt er für unzulässig, weil dies faktisch einem teilweisen Ausschluss von der Entsorgungspflicht (bezogen auf die Erfassungsleistungen) gleichkomme. Zur Begründung bezog er sich auf ein Urteil des BVerwG vom 27.07.1995 (7 NB 1.95). Bringsystem zieht keinen „faktischen Ausschluss“ nach sich
Die Einschätzung wurde vom Verwaltungsgericht München nicht geteilt. Es
verwies
bezogen auf das Bringsystem darauf, dass
jedem Abfallerzeuger und –besitzer auch Mitwirkungspflichten auferlegt
werden könnten. Eine besonders dünne Besiedelung konnte das VG auch
nicht erkennen, vielmehr lägen die Zahlen mit 191 Einwohnern pro km2
über dem bayerischen Durchschnitt von 183 Einwohnern pro km2.
Auch den Einwänden des Kreises gegen die ordnungsgemäße und schadlose
Verwertung, vor allem bei der Ausbringung von Gärresten (v.a. Störstoffe
aus Plastik) konnte sich das VG nicht anschließen. Insoweit hatte die
Fachbehörde dargelegt, dass der Eintrag äußerst gering ausfalle.
Keine wirtschaftliche Unzumutbarkeit bei Verdoppelung der Gebührenbelastung?
Und selbst bei der Verdoppelung der Gebührenbelastung hielt das VG die
Grenze der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht „automatisch“ für
erreicht: Vielmehr ging es unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung
davon aus, dass die Einführung einer Getrennterfassung von Bioabfällen
in aller Regel zu einer deutlichen Kostensteigerung führt. Dabei mag
auch eine Rolle gespielt
haben, dass die Gebühr im Jahr 2015 infolge des Abschmelzens einer
Gebührenrücklage deutlich abgesenkt worden war.
Zusammenfassend ist für alle Kommunen, die im Austausch mit Behörden
über die Einführung der Getrennterfassung für (auch einzelne
Stoffströme) von Bioabfällen stehen, Vorsicht geboten: Das bisher erste
und einzige Urteil zum Thema streitet nicht für die Gegner der
getrennten Bioabfallerfassung. Ein Bringsystem erachtete das VG aber
offenbar als ausreichend.
[GGSC] berät zahlreiche Entsorgungsträger bei der Ausgestaltung ihrer Abfallentsorgung – auch bezogen auf den Umgang mit Bioabfällen.
Die Originalnachricht finden Sie hier.
Copyright: | © Gaßner, Groth, Siederer & Coll. (08.09.2020) | |