Die Standardisierung von Untersuchungsverfahren für (Mikro-)Plastik in der Umwelt hat begonnen

Die Präsenz von Mikroplastikpartikeln in der Umwelt ist mittlerweile umfangreich dokumentiert, es bleibt jedoch noch offen, welche Beeinträchtigungen von diesen Partikeln auf die Umweltsystemfunktionen ausgehen. Sicher ist hingegen, dass der steigende Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt aus dem Vorsorgeprinzip heraus begrenzt werden sollte. Valide Daten sind nötig, um das aktuelle Vorkommen zu bewerten, weitergehende Maßnahmen zu erlassen und deren Effektivität zu überprüfen.
Bisher liefert der überwiegende Anteil der wissenschaftlichen geprägten
Untersuchungen Partikelzahlen, oft anhand von Umweltproben, die nicht repräsentativ gewonnen wurden. Diese Zahlen sind deshalb auch kaum als Maßstab für regulatorische Maßnahmen geeignet. Eine besondere Herausforderung ist, dass aktuelle Verfahren häufig sehr zeit- und kostenaufwendig sind und in der Regel nur einzelne Stichprobenergebnisse liefern. Zwar werden schnellere, repräsentative Verfahren bereits entwickelt, aber bis zur Einsatzreife wird noch Entwicklungszeit benötigt. Auch die Harmonisierung von Untersuchungsverfahren läuft, die Praxis ist jedoch
von einer standardisierten Analytik noch weit entfernt.

Weltweit thematisieren Bürger, Politikerund Wissenschaftler seit einigen Jahren diesteigenden Mengen von Kunststoffen, dieunabsichtlich in die Umwelt gelangt sind[10, 25, 27]. Besondere Aufmerksamkeitrichtet sich auf Kunststoffpartikel kleinerfünf Millimeter (mm), sogenanntes Mikroplastik.Die Begrifflichkeiten Plastik undMikroplastik adaptieren den englischenBegriffplastics und sind umgangssprachlicheBegriffe für Kunststoff oder Mikrokunststoff.Mit dem Begriff Kunststoff werdendefinitionsgemäß nur die thermoplastischenund duroplastischen Kunststoffegefasst. Aus werkstoffwissenschaftlicherSicht sind Kunststoffe eine Teilgruppe derPolymere. Die derzeitigen öffentlichen Debattenund laufenden Forschungsaktivitätenberücksichtigen jedoch auch die aussynthetischen Polymeren aufgebauten Elastomere(etwa Styrol Butadien Kautschuk),die chemisch modifizierten natürlichenPolymere(beispielsweise Viskose, Zelluloseacetat)sowie die auf synthetischen Polymerenbasierenden Produkte (etwa Fasern,Lacke, Reifenabriebpartikel).Auch ausihnenkönnen Mikropartikel entstehen, dieals synthetische Polymere identifiziert werden.Zur Vereinfachung werden alle dieseMaterialien umgangssprachlich mit demBegriff Plastik/Mikroplastik zusammengefasst.

Es wird unterschieden zwischen primäremund sekundärem Mikroplastik (MP).Primäres Mikroplastik sind Kunststoffpartikel,die vorsätzlich einem Produkt zugesetztsind, zum Beispiel in Kosmetikartikeln, umdessen Eigenschaften zu optimieren. SekundäresMikroplastik stammt von fragmentiertengrößeren Kunststoffprodukten, diedurch Alterung, UV-Strahlung, biologischeoder mechanische Beanspruchung entstehen.Eine erste vorläufige Abschätzung der Beiträge für Deutschland ergab [28], dass primäres Mikroplastik nur einen sehr geringen Anteil am gesamten Mikroplastik in der Umwelt bildet (500 Tonnen pro Jahr). Ein wesentlich größerer Teil ist sekundäres Mikroplastik, wobei hier der Reifenabrieb (100.000 t/a) [15], das sogenannte Littering(50.000 t/a) und Beiträge aus Sekundärrohstoffen (20.000 t/a) den größten Anteil der Einträge bilden.Bewertungskonzepte für Kunststoffe liegen für die Umweltmedien bislang nicht vor. Unabhängig davon ist es aber von großem Interesse, die entsprechenden Stoffströme und Vorkommen in der Umwelt zu erfassen. Die Identifikation von relevanten Quellen, Transport strömen und der Verbleib über alle Umweltkompartimente hinweg wäre eine Voraussetzung, um Ansätze von zielführenden Vermeidungsstrategien zu entwickeln und deren Effektivität zu erfassen. Die Identifikation wäre somit hilfreich, um den stetig steigenden Eintrag von Plastik in die Umwelt langfristig zu vermindern.



Copyright: © Rhombos Verlag
Quelle: ReSource 2020 - 01 (März 2020)
Seiten: 5
Preis inkl. MwSt.: € 0,00
Autor: Dr. Ulrike Braun
Dr. Claus Gerhard Bannick

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