Die Versatzentwicklung des Bergwerks Preinsfeld – Auch eine Abfallgeschichte

Aus sicherheitstechnischen Gründen erfolgt im Gipsbergbau Preinsfeld die
Verfüllung mit bergfremdem Material, da es nach Stilllegung des Bergwerks aufgrund von Wasserzutritten und der Instabilität des Grubengebäudes zu Verbrüchen bis zur Tagesoberfläche kam. Um das Grubengebäude zu stabilisieren, wurde zunächst Realit, ein Abfall aus der Rauchgasentschwefelung, eingesetzt. Nach Ende der Verfügbarkeit dieses Materials wird derzeit gips-haltiges Tunnelausbruchmaterial des Semmering-Basistunnels im Sturzversatz eingesetzt.
Da Mineralwolleabfall zukünftig verwertet statt deponiert werden soll, wird an der Möglichkeit eines einsetzbaren Versatzprodukts mit Mineralwolleabfall geforscht. Hierfür wurden im Labor unterschiedliche Rezepturen hinsichtlich ihrer einaxialen Druckfestigkeit und dem daraus resultierenden gebirgsstabilisierenden Einfluss getestet. Weiters muss das Eluat aus dem Versatzprodukt Grenzwerte, die für eine Bodenaushubdeponie vorgeschrieben sind, einhalten.

Der Gipsbergbau Preinsfeld liegt in der Gemeinde Heiligenkreuz im Wienerwald. Seit 1962 wurde die Gipslagerstätte bergmännisch abgebaut, bis im Jahre 2001 die Gewinnung eingestellt wurde. Der Abbau erfolgte zuerst im Tagebau, dann untertage mit Örter-Pfeilerbau auf insgesamt acht Sohlen. Der Gips wurde zunächst im Bohr- und Sprengverfahren gewonnen. Mit dem Auffahren der vierten Sohle wurde zur Gewinnung ein Walzenschrämlader AM 50 eingesetzt. Der Hauptabnehmer des gewonnenen Gipses war das Zementwerk Rodaun, ca. 25 km entfernt am Rande der Stadt Wien im Tal der Dürren Liesing. Nachdem dieses 1996 geschlossen worden war, wurde der Preinsfeld-Gips im Zementwerk Mannersdorf eingesetzt. Als man dort aber den sogenannten Zitro-Gips für die Zementproduktion entdeckte, nahm die Nachfrage nach dem Naturprodukt stetig

ab, bis sie 2001 gänzlich zum Erliegen kam. Der Abfall aus der Zitronensäure-Herstellung, der ein Abfallende und damit einen Produktstatus erreichte, war in seiner Gleichmäßigkeit der Qualität, und auch bei anderen technischen Parametern dem natürlichen Gips weit überlegen. Der Preis spielte zudem ebenso eine Rolle. Die jüngere Geschichte des Bergwerks ist in einzigartiger Weise mit der Abfallwirtschaft verbunden.

Bei der Stilllegung der Grube erstreckte sich das untertägige Grubengebäude über sechs Sohlen, bis ca. 80 m Teufe mit einer Streckenausdehnung von rd. 25 km. Das gesamte damals zugängliche Hohlraumvolumen des alten Örterpfeilerbaues betrug etwa eine halbe Million Kubikmeter. Teile der Grube, vor allem die oberflächennahen Sohlen, die von einem Tagebau aus aufgefahren worden waren, waren durch Wasserzutritte und als Folge intensiver Sprengarbeit instabil. Um die Lagerstätte möglichst vollständig auszunutzen, war zwischen den Sohlen stellenweise nur eine sehr dünne Schwebe belassen worden. Zudem standen die Pfeiler vielfach nicht übereinander, sodass insgesamt eine latente Verbruchgefahr für das ganze Grubengebäude bestand. Die Tagesoberfläche wurde zu einem Bruchgebiet erklärt und unter Betretungsverbot abgezäunt. Tagbrüche über dem Grubengebäude erzeugten immer wieder im Luftbild erkennbare Pingen, also durch Einsturz alter Grubenbaue entstandene trichterförmige Vertiefungen an der Erdoberfläche.



Copyright: © Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben
Quelle: Recy & Depotech 2022 (November 2022)
Seiten: 6
Preis inkl. MwSt.: € 3,00
Autor: Theresa Sattler
J Daul
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.mont. Robert Galler
Prof. Daniel Vollprecht

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