„Gerolltes“ Abwasser wird zu Abfall – Rechtsregime- Hopping bei straßengebundener Abwasserbeförderung?

Zugleich Anmerkung zu den Urteilen des VGH Baden-Württemberg vom 20.4.2021 – 10 S 2566/19 und des BVerwG vom 23.6.2022 – BVerwG 7 C 3.21

I. Einführung und Problemaufriss
Angesichts eines nach wie vor fehlenden einheitlichen Umweltgesetzbuchs spaltet sich das Umweltverwaltungsrecht fortwährend in verschiedene thematisch gegliederte Spezialdisziplinen auf.2 Um die nötige Bestimmtheit und Klarheit in der Gesetzesanwendung zu erzielen, ist der (materielle) Gesetzgeber dabei stets darauf bedacht, die jeweiligen Anwendungsbereiche der umweltverwaltungsrechtlichen Spezialmaterien passgenau aufeinander abzustimmen und in diesem Rahmen auch in ihren jeweiligen sachlichen Anwendungsbereichen möglichst scharf voneinander abzugrenzen. 3 Auf diese Weise sollen Überlappungen der Anwendungsbereiche möglichst vermieden werden. Auch wenn die jeweilige Abgrenzung voneinander zumeist gelingt und für die Rechtsanwendungspraxis zu verwertbaren Ergebnissen führt, sind gleichwohl bestimmte Grauzonen und Grenzfälle in der Zuordnung zu den einzelnenumweltverwaltungsrechtlichenSpezialmaterienfestzustellen. 4 Dieses Phänomen ist nicht neu. Seinerzeit hatte der Gerichtshof der Europäischen Union etwa im Rahmen einesVorabentscheidungsersuchens in der sog. „van deWall“- Entscheidung vom7.9.20045 darüber zu befinden, ob durch Kraftstoffeintragmit Schadstoffen verseuchtes Erdreich neben einer Tankstelle als „Abfall“ imSinne derAbfallrahmen-  Richtlinie der EU und des diese Richtlinie umsetzenden Abfall- und Kreislaufwirtschaftsgesetzes einzustufen ist oder nicht.6 Die Zweite Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union hatte damals entschieden, dass „Kraftstoffe, die unabsichtlich ausgebracht worden sind und eine Verunreinigung des Erdreichs und des Grundwassers verursacht haben“, „Abfälle“ im Sinne der damals geltenden Fassung der Abfallrahmen-Richtlinie seien.7 Dies sollte explizit auch für nicht ausgehobenes Erdreich,8 also die klassischen Böden „in situ“ gelten.


Autor:
Andreas Hamacher



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: AbfallR 02/2023 (April 2023)
Seiten: 11
Preis inkl. MwSt.: € 32,00
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