Reallabore als Brücke zu Hochwasser und Gewässerschutz

Die Soziologie kann mit der Methode der Reallabore interdisziplinäre Forschungsvorhaben durch eine hohe Beteiligung verschiedener Akteure bereichern. Einige Projekte werden an dieser Stelle vorgestellt.

Reallabore können Wissen zugänglich machen, sie ermöglichen es, technische Neuerungen vor Ort gemeinsam mit der Bevölkerung auszuprobieren, Wissen vor Ort zu integrieren und so zusätzliche Akzeptanz für das Forschungsergebnis herzustellen. Reallabore agieren inter- und transdisziplinär, so dass verschiedene Forschungsgruppen
gegenseitig von ihrem Wissen profitieren können. Am Institut für Soziologie der Rheinisch-Westfälischen-Technischen-Hochschule Aachen (RWTH Aachen) gibt und gab es bisher vier solche Reallabore. Hierfür haben sich das Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft (IWW) und das Institut für Soziologie (IfS) zusammengeschlossen. Die teilweise schon beendeten, teilweise gerade begonnen Projekte beschäftigen sich mit Landunter- und Sturmflut-Situationen auf Halligen an der deutschen Nordseeküste,
Überflutungen in (semi-)ariden Gebieten im Iran und Hochwasserereignissen in einer flusslosen Stadt durch Starkregen. Bei Reallaboren handelt es sich um Erprobungsräume der Gesellschaft, in welchen Transformationsprozesse gezielt angeregt und begleitet werden. Sie sind sowohl zeitlich als auch räumlich begrenzt. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit und den Einbezug von Bürgern bilden Reallabore die Gesellschaft im Kleinen ab. Das Reallabor hat zum Ziel, Ursachen und Wirkungen besser zu verstehen, Probleme frühzeitig zu erkennen und dann gemeinsam mit Betroffenen vor Ort oder virtuell Maßnahmen zu ihrer Lösung zu finden. Ein wichtiges
Mittel ist hierbei neben der Transdisziplinarität das Co-Design, die Co-Produktion und die Co-Evaluation. Weitere Definitionselemente sind neben der Transdisziplinarität die realweltliche Einbettung des Forschungsthemas, transformative Forschung – ein Aspekt der Nachhaltigkeit – Partizipation und Resilienz. In der Transdisziplinarität
ist es wichtig, dass nicht nur unterschiedliche wissenschaftliche Fachrichtungen an der Forschung beteiligt sind, sondern auch das Wissen vor Ort, namentlich das Erfahrungswissen und das implizite Wissen der betroffenen Bevölkerung einbezogen wird. Relevant dafür ist die Kommunikation auf Augenhöhe. Der Habitus des Wissenschaftlers im Elfenbeinturm soll bewusst abgelegt und die Bevölkerung als gleichberechtigter Forschungspartner anerkannt werden. Im Gegensatz zu der Forschung im Labor sind in einem Reallabor die Umwelteinflüsse nicht zu unterdrücken, sondern vielmehr wertzuschätzen.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 04 (April 2021)
Seiten: 4
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Dr. Phil. Jacqueline Lemm
B.A. Julia Kolb
M.A. Elena Kaip
M.A. Dhenya Schwarz
M.A. Nenja Ziesen

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