Baggerseen sind Refugien für die Artenvielfalt

Ein Forschungsprojekt zeigt neue Wege für den Artenschutz an künstlichen Gewässern. Untersucht werden positive und negative Einflüsse von Angelvereinen und deren Gewässernutzung auf die gewässergebundene Biodiversität.

Wasser ist Leben – je natürlicher ein Gewässer, desto besser. Doch wo findet man in unserer Kulturlandschaft urtümliche Seen und Teiche? Für Niedersachsen gilt: Nur 23 % der Gesamtfläche von Standgewässern sind natürlichen Ursprungs. Künstlich geschaffene Seen und Teiche stellen mit 77 % die dominanten Flächenanteile dar. Den größten Anteil (rund 40 %) bilden vom Menschen geschaffene Gewässer kleiner 10 ha. Baggerseen größer 10 ha machen 33 % der Flächenanteile aus. In vergleichbaren Bundesländern mit wenigen Naturseen, wie Nordrhein-Westfalen, dürften die Verhältnisse ähnlich aussehen. Trotz ihrer Verbreitung sind kleine Standgewässer unter 50 ha vom Monitoring der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ausgenommen. Entsprechend wenig ist über ihr Artenrepertoire bekannt.
Die Wahrung der Biodiversität ist im Naturschutz ein unangefochtenes Paradigma. Auch eine noch nicht veröffentliche Studie von Baggersee zeigt auf, dass die niedersächsische Bevölkerung Gewässer bevorzugt, an denen unter anderem bedrohte Arten vorkommen. Doch können Angler als Naturnutzer gleichzeitig Artenschützer sein? 
Es überrascht wenig, dass Angler besonders das Vorkommen von anglerisch beliebten Raubfischen sehr schätzen. Doch direkt danach stehen auf der Prioritätenliste bedrohte Fischarten und die Anwesenheit seltener Nicht-Fischarten. Der Fisch steht dem Angler also naturgemäß am nächsten. Doch gibt es durchaus ein Wertebewusstsein für die Biodiversität und eine hohe Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme, auch unter Bereitstellung privater Gelder. Die Förderung der Artenvielfalt gehört also zu den gemeinsamen Zielen von Bevölkerung und Anglerschaft.
Baggerseen erfüllen ein ganzes Bündel gesellschaftlicher Interessen. Da vor allem Angler diese Gewässer gestalten, ist es eine nicht unwichtige Frage, wie die Bevölkerung über das Ökosystem-Management der Hobbyfischer denkt. Umfragestudien aus dem Projekt zeigen, dass ein Großteil der Niedersachsen die fischereiliche Hege besonders wertschätzt, wenn die Aktivitäten auch auf den Natur- und Artenschutz ausgerichtet sind. Obwohl viele Angelvereine dementsprechend agieren, zeigt die Befragung weiter, dass die Mehrheit der Befragten kein Bewusstsein für die Hegeleistungen durch Angler hat.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 10 (Oktober 2020)
Seiten: 8
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Eva-Maria Cyrus
Thomas Klefoth

Artikel weiterleiten In den Warenkorb legen Artikel kommentieren


Diese Fachartikel könnten Sie auch interessieren:

Aktives Flächenmanagement zur Vorbereitung von Fließgewässerrenaturierung
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2020)
Maßnahmen zur Renaturierung von Fließgewässern benötigen Flächen, die im Regelfall Nutzungen zugeführt sind. Vorausschauendes Flächenmanagement sowie Kooperation und partizipatives Vorgehen sind hier notwendig, um die Belange der Grundstückseigentümer aufgreifen zu können und die benötigten Flächen verfügbar zu machen. Am Beispiel vom Vorpommern wird dieses prospektive und stategische Flächenmanagement vorgestellt.

Partizipation betroffener Akteursgruppen zur Minderung der Nitratbelastung des Grundwassers
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2020)
Die Nitratwerte im deutschen Grundwasser sind vielerorts seit über 20 Jahren erhöht. Die EU-Kommission beurteilte entsprechende Gesetzesnovellen der vergangenen Jahre mehrfach als unzureichend. Vorgestellt werden Untersuchungsergebnisse dazu, unter welchen Voraussetzungen kleine partizipative Gremien lokal zu einer Einhaltung der Nitratgrenzwerte in ihrer jeweiligen Region beitragen können.

Der Referentenentwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des WHG
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (8/2024)
Ende Februar 2024 wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz der Referentenentwurf eines „dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes“ vorgelegt.Der RefE-WHG verfolgt den Zweck, nationale Regelungen zur Ergänzung der Europäischen „Verordnung (EU) 2020/741 vom 25. Mai 2020 über Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung“ zu erlassen.

Wasserkraftnutzung und EG-Wasserrahmenrichtlinie
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (6/2022)
Immer mächtiger werden die Forderungen verschiedener Kreise, die Wasserkraftnutzung zu beschränken oder nur noch bei Erfüllen massiver gewässerökologischer Maßnahmen zuzulassen. Was macht das Sinn, wenn das Medium Wasser durch Schmutzstoffe und hier besonders Spurenstoffe schon so „verseucht“ ist, dass Gewässerorganismen sich unterhalb üblicher Kläranlagen gar nicht mehr selbst reproduzieren können?

Woran das Gebot zur Bürgerbeteiligung bei der WRRL-Umsetzung scheitert
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (6/2022)
Für die deutsche Wasserwirtschaft war das Gebot der Wasserrahmenrichtlinie zur aktiven Förderung der Bürgerbeteiligung eine Novität. Zu Beginn der formal letzten Umsetzungsperiode der Richtlinie (2021-2027) ist der Elan der Behörden zur Förderung der Partizipation merklich erlahmt. Mit einer technokratischen und bürokratischen Herangehensweise können die Wasserwirtschaftsverwaltungen in den Bundesländern aber keine „Follower“ hinter sich versammeln. Der BUND macht deshalb Vorschläge für eine besser gelingende Partizipation.

Name:

Passwort:

 Angemeldet bleiben

Passwort vergessen?