Das Landesprogramm ,,Mehr Raum für unsere Flüsse in Sachsen-Anhalt mit Deichrückverlegungen und Polder

Absolute Sicherheit vor katastrophalen Hochwassern ist nicht möglich. Vor dem Hintergrund zu­ nehmender Abflussextreme ist es eine der Kernaufgaben eines zukünftigen Hochwasserschutzes, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben und Überflutungen gezielt zuzulassen. Diesen Ansatz verfolgt Sachsen-Anhalt mit der Umsetzung des Landesprogramms „Mehr Raum für unsere Flüsse". Durch Wiedergewinnung und Sicherung ursprünglicher Überflutungsflächen sollen künftige Wassermassen aufgefangen und das Hochwasserrisiko sowohl lokal als auch für flussabwärts gelegene Gebiete verringert werden.

Das Land Sachsen-Anhalt besitzt umfangreiche Gewässerstruktu­ren von zum Teil länderübergreifender Bedeutung. Die Elbe, einer der größten Ströme Mitteleuropas, durchfließt Sachsen-Anhalt auf einer Strecke von 302 km. Auf dieser Strecke münden drei der viergrößten Nebenflüsse auf deutschem Gebiet in die Elbe (Schwarze Elster, Mulde und Saale). Die Havel als vierter großer Nebenflussmündet auf brandenburgischem Gebiet in die Elbe. Das gegenüber­liegende Ufer gehört zu Sachsen-Anhalt.


Mit knapp 600 km Elbedeichen hat Sachsen-Anhalt den größten Anteil an Elbdeichen der deutschen Elbanrainerländer. Fast 97 % der Fläche Sachsen-Anhalts (19.752 km2)ist dem Ein­zugsgebiet der Elbe zuzurechnen. Dies entspricht dem zweitgröß­ten Flächenanteil am deutschen Elbeeinzugsgebiet. Insgesamt sind ca. 6 % der Fläche Sachsen-Anhalts Überschwemmungsge­biet. Ohne Hochwasserschutzanlagen läge der Anteil knapp dreimal höher. Oder anders ausgedrückt, für ein seltenes Hoch­wasser HQ umfasst die betroffene Landesfläche ca. 3.500 m2 und damit circa 17% der Landesfläche.

Für eine Gewässerstrecke von insgesamt 1.848 km Länge wird aktuell entsprechend der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie(HWRM-RL) ein potenziell signifikantes Hochwasserrisiko ausge­wiesen [1]. Ausgehend von dem landesweit aktuell erfassten Gewäs­sernetz, welches für die Betrachtung des WRRL eine Gesamtlänge von ca. 8.500 km aufweist, werden somit über 20 % der GewässerSachsen-AnhaltsalsRisikogewässereingestuft.Sachsen-Anhalt ist damit als kleines und bevölkerungsarmes Bundesland überdurchschnittlich hoch für den Hochwasserschutzinnerhalb des Landes aber auch für den Hochwasserschutz der Unterlieger verantwortlich. Die Flutkatastrophen der jüngeren Vergangenheit z. B. im August 2002 (Elbe und Mulde) und im Juni 2013 (Elbe, Mulde, Saale und Weiße Elster) bzw. Sommer 2017 im Harz haben eindrucksvollgezeigt, dass das Hochwasserrisiko entlang der Gewässer Sachsen ­Anhalts real ist. Die gemessenen Wasserstände und Abflussmengenwaren teilweise die höchsten bisher erfassten und führten durch Überflutungen zu Schäden in allen Daseinsbereichen. Es ist zu befürchten, dass solche Ereignisse auch zukünftig mit ähnlichen oder klimawandelbedingt extremeren Ausmaßen stattfinden.  Das Landesprogramm„ Mehr Raum für unsere Flüsse"

Das Erreichen eines zukunftsfähigen und nachhaltigen Hochwasser­schutzes ist ein zentrales Ziel der Landespolitik Sachsen-Anhalts. Unter nachhaltigem Hochwasserschutz wird dabei mehr als nur die Sanierung von Deichen verstanden. Sachsen-Anhalt, als ein „Hoch­wasser-Transitland", kommt hierbei eine besondere Schlüsselstellung zu. Zunehmende extreme Hochwasserlagen nur durch Deicherhö­hungen zu kompensieren, wenn es daraufhin in unterhalbliegenden Bundesländern zu Überschwemmungen kommt, entspricht nicht einem modernen zukunftsfähigen Hochwasserschutz.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 09 (September 2021)
Seiten: 4
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