Handlungsempfehlungen zur Minderung von Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft
Deutschland muss gemäß der EU-Richtlinie über nationale Emissionshöchstgrenzen (Richtlinie 2001/81/EG, sog. NECRichtlinie) für Ammoniak bis Ende 2010 jährlich die Menge von 550 Kilotonnen (kt) einhalten. Diese Menge darf danach nicht mehr überschritten werden. Nach der aktuellen Datenlage hat Deutschland 2010 insgesamt 581 kt NH3 emittiert, davon ca. 553 kt aus der Landwirtschaft. Der aktuelle Wert überschreitet die zulässige Emissionshöchstmenge um ca. 30 kt bzw. 6 % in 2010. Nach derzeitigem Kenntnisstand halten lediglich Deutschland und Spanien die jeweils festgelegten Emissionshöchstmengen für Ammoniak nicht ein.
Im Zusammenhang mit der 121. Sitzung der LAI (Bund/Länder – Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz) hat der Bund (BMU) berichtet, dass die EU eine Novellierung der NEC-Richtlinie mit u.a. einer weiteren Absenkung der Emissionshöchstmengen für Ammoniak um ca. 20 % noch im Jahre 2011 plant. Vor diesem Hintergrund ist das Land Niedersachsen als bedeutender Standort der Tierhaltung in Deutschland gefordert, auf Basis einer Analyse Maßnahmen zur Senkung der Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft zu identifizieren und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Auf Initiative der Ministerien für Landwirtschaft und Umweltschutz hat sich im August 2010 eine Arbeitsgruppe „Ammoniakminderung“ unter Beteiligung der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer und des Niedersächsischen Landvolkes konstituiert, um Strategien und Maßnahmen zur Ammoniakreduzierung in der Landwirtschaft zu entwickeln. Die Arbeitsgruppe hat vorhandene Minderungsoptionen geprüft und bewertet. Folgende Handlungsempfehlungen zur Minderung von Ammoniakemissionen wurden erarbeitet: Unverzügliche Einarbeitung von Gülle, Gärresten, Geflügelkot und Geflügelmist, emissionsarme Gülleausbringungsverfahren, bedarfsgerechte Eiweißfütterung, Steigerung der Stickstoffeffizienz in der Produktion, Einsatz von Harnstoffdünger, Abdeckung von Güllebehältern, Ammoniakfiltereinbau in Schweine- und Geflügelställen sowie Stickstoffbilanzen. Die genannten Handlungsempfehlungen verfügen über ein unterschiedliches Minderungspotenzial und unterscheiden sich auch hinsichtlich der Kosten. Zu den einzelnen Handlungsempfehlungen werden die nachfolgenden Minderungspotenziale aufgezeigt und geeignete Umsetzungsinstrumente sowie deren Adressaten benannt.
1. Unverzügliche Einarbeitung von Gülle und Gärresten auf unbestellten Flächen Handlungsempfehlung:
– Einarbeitung der Gülle in den Boden möglichst innerhalb von 4 h bzw. Einarbeitung parallel zur Aufbringung. Minderungspotenzial:
– sehr hoch bei Einarbeitung innerhalb von 4 h Umsetzungsinstrumente:
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen (Landwirtschaftskammer) – Beratung (Landwirtschaftskammer)
– Durchführungshinweise (ML/MU)
– Anreize für die Nutzung von Schleppkufen, Schleppscheiben (Schlitzgeräte), Güllegrubbern o. a. Maschinen, die bei der Ausbringung gleichzeitig einarbeiten, sind vorhanden. Die umweltgerechte Ausbringung mit den o.g. Geräten wird in NI gefördert und sollte auch zukünftig im Rahmen von Agrar-Umwelt-Maßnahmen (AUM) weiter entwickelt werden. Eine Investitionsförderung von Maschinen der Außenwirtschaft ist im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz nicht vorgesehen. Zielgerichtete Beratungsleistungen sollten gefördert werden.
– Kurzfristig sollte eine Präzisierung des Begriffs „unverzügliche Einarbeitung“ in einer Verwaltungsvorschrift (ML) erfolgen.
2. Unverzügliche Einarbeitung von Geflügelkot und Geflügelmist auf unbestellten Flächen Handlungsempfehlung:
– Einarbeitung von Geflügelkot und Geflügelmist in den Boden innerhalb von möglichst 4 h bzw. Einarbeitung parallel zur Aufbringung. Minderungspotenzial:
– sehr hoch bei Einarbeitung innerhalb von 4 h Umsetzungsinstrumente:
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen (Landwirtschaftskammer)
– Beratung (Landwirtschaftskammer)
– Durchführungshinweise (ML/MU)
– Kurzfristig sollte eine Präzisierung des Begriffs „unverzügliche Einarbeitung“ in einer Verwaltungsvorschrift (ML) erfolgen.
3. Emissionsarme Gülleausbringungsverfahren auf bestellten und unbestellten Flächen Handlungsempfehlung:
– Ausbringung z.B. mit Schleppschlauch, Schleppkufe, Schleppscheibe (Schlitzgeräte), Güllegrubber etc. Minderungspotenzial:
– hoch Umsetzungsinstrumente:
– Anreize für die Nutzung von den o.g. emissionsarmen Ausbringungsgeräten sind vorhanden. Die umweltgerechte Ausbringung mit den o.g. Geräten wird in NI gefördert und sollte auch zukünftig im Rahmen von Agrar-Umwelt-Maßnahmen (AUM) weiter entwickelt werden. Eine Investitionsförderung von Maschinen der Außenwirtschaft ist im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz nicht vorgesehen. Zielgerichtete Beratungsleistungen sollten gefördert werden.
– Schaffung überbetrieblicher Lösungen wie überbetrieblicher Einsatz der Eigenmechanisierung oder Nutzung von überbetrieblichen Einsatzformen (Beratung durch Landwirtschaftskammer)
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen (Landwirtschaftskammer)
– Einzelbetriebliche Beratung (Landwirtschaftskammer)
4. Bedarfsgerechte EiweiĂźfĂĽtterung Handlungsempfehlung:
– Einsatz fortschrittlicher Fütterungsmethoden durch bedarfsoptimierte Phasenfütterung. Minderungspotenzial:
– ca. 10–20 % Umsetzungsinstrumente:
– Informationsschriften und einzelbetriebliche Beratung (Landwirtschaftskammer, Genehmigungsbehörden)
5. Steigerung der Stickstoffeffizienz (N-Effizienz) in der Produktion Handlungsempfehlung:
– Einarbeitung von Wirtschaftsdünger bei Einsatz auf unbewachsenem Boden, Förderung der Nährstoffaufnahme durch Einsatz von Düngemitteln, die schnell pflanzenverfügbar sind. Enge Abstimmung von Düngungsmenge und -zeitpunkt am Pflanzenbedarf (z. B. Unterfußdüngung, witterungsoptimierte Anwendung von Düngemitteln).
– Kombinierte Erstellung von Hoftor-, Feld-Stall- und Schlagbilanz zur exakten Erfassung der N-Produktivität der gesamten landwirtschaftlichen Produktionskette. Minderungspotenzial: – hoch, bzw. wird für die Erstellung von Hoftor- und Schlagbilanzen noch geprüft Umsetzungsinstrumente:
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen (Landwirtschaftskammer)
– Beratung (Landwirtschaftskammer)
– Durchführungshinweise, u. a. zur Verbringung (ML/MU)
6. HarnstoffdĂĽnger Handlungsempfehlung:
– Verwendung von N-haltigen Düngemitteln mit geringerem Ammoniakemissionspotenzial. Emissionsreduzierender Umgang mit harnstoffhaltigen Düngern durch witterungsabhängiges Ausbringen z. B. bei feuchten Bodenverhältnissen. Einarbeitung in den Boden auf unbewachsenen Flächen innerhalb von 2–3 Tagen, Zugabe von Urease-Inhibitoren. Minderungspotenzial:
– gering Umsetzungsinstrumente:
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen und einzelbetriebliche Beratung (Landwirtschaftskammer)
7. Abdeckung von SchweinegĂĽllelagern Handlungsempfehlung:
– Abdeckung von Schweinegüllelagern in immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen und baurechtlich zu genehmigenden Anlagen Minderungspotenzial: – 70–80 % Umsetzungsinstrumente:
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen (Landwirtschaftskammer)
– Einzelbetriebliche Beratung (Landwirtschaftskammer)
– Überprüfungen (immissionsschutzrechtliche Überwachungsbehörden)
– Durchführungshinweise (MU/ML)
– Eine Investitionsförderung für die Schaffung von Lagerkapazitäten und feste Abdeckungen von Güllelagern wird gewährt und durch die Vergabe von Punkten im Rankingsystem bevorzugt gefördert (Agrarinvestitionsförderprogramm, AFP).
8. Ammoniakfiltereinbau in Schweineställen und Geflügelställen Handlungsempfehlung:
– Installation von Ammoniakfiltern (Abluftwäscher) in einstreulosen, zwangsbelüfteten Schweineställen und bei der Kurzmast von Masthähnchen. Minderungspotenzial:
– hoch, ca. 70 % Umsetzungsinstrumente:
– Eine Investitionsförderung zur Emissionsminderung an vorhandenen Ställen und ggf. neuen Ställen wird gewährt und durch Vergabe von Punkten im Rankingsystem für Investitionen mit Umweltrelevanz bevorzugt gefördert. (AFP)
– Informationsveranstaltungen und -kampagnen (Landwirtschaftskammer)
– Einzelbetriebliche Beratung (Landwirtschaftskammer, Genehmigungsbehörden)
– mittelfristig: Änderung der BVT (beste verfügbare Technik) für Tierhaltungsanlagen und Änderung der TA Luft (MU)
Die oben genannten MaĂźnahmen sind geeignet, zu einer erheblichen Minderung der Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung beizutragen. Aus Sicht der Arbeitsgruppe sind die Handlungsempfehlungen der Nummern 1, 2, 3 und 7 am schnellsten
umsetzbar und besonders kosteneffizient.
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