Nachrichten:
Recycling- und Entsorgungsbranche erwartet leichte Besserung der Auftragslage
Bonn/Berlin. Die mehr als 600 bvse-Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) erwarten in diesem Jahr einen Anstieg der Umsätze um rund 2,0 Prozent. Insgesamt, so die Einschätzung der Unternehmen, wird es in der mittelständischen Recycling- und Entsorgungsbranche in diesem Jahr keinen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen geben. Auf der Jahresbilanz-Pressekonferenz am 21. januar in Berlin stellte der Verband auch den Bericht über den Sekundärrohstoffmarkt 2003/2004 vor.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, sank in 2003 das Altpapieraufkommen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trotz verstärkter Erfassungsbemühungen der Altpapierentsorgungswirtschaft um rund ein Prozent auf etwa 13,5 Millionen Tonnen.
Ursächlich hierfür sind vor allem der konjunkturbedingt weiterhin schwache Werbe- und Anzeigenmarkt und der geringere Papierkonsum privater Haushalte. Als weitere Gründe für den reduzierten Verpackungspapieranfall nennt der Bericht die schlechte Auftragslage, Insolvenzen im Gewerbe sowie Gewichtssparmassnahmen bei den Verpackern.
Die Auftragslage der inländischen Altpapier verarbeitenden Papierindustrie verbesserte sich im gleichen Zeitraum nur wenig. Da sich zudem die Fern-Ost-Exporte im Vergleich zum Vorjahr stabilisierten, stellte sich die Gesamtlage im Altpapiermarkt annähernd ausgeglichen dar.
Von großer Bedeutung für die Altpapierentsorgungswirtschaft sind die aktuellen zahlreichen kommunalen Ausschreibungen im Altpapiersegment. Diese sind, so die Kritik des bvse, zum Teil sehr mittelstandsfeindlich gestaltet. Eine Folge der Ausschreibungen sei die teils eklatante Veränderung der Stoffströme. Unter dem Schlagwort der Versorgungssicherung betreibe die – teils auch ausländische - Papierindustrie eine forcierte Annäherung an die Kommunen, stellt der Bericht fest.
Für das erste Halbjahr 2004 sehen die Unternehmen des bvse beim Altpapieraufkommen angesichts unverändert schlechter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen keine Verbesserung. Auf der Nachfrageseite dürften die im Inland und europäischen Ausland angelaufenen neuen Papierfabriken für einen positiven Impuls sorgen. Da sich auch bei der fern-östlichen Nachfrage nach Altpapier aus Deutschland keinerlei Rückgang des Interesses andeute, sei für das Jahr 2004 mit einem Nachfrageüberhang nach Altpapier zu rechnen.
Als Irrweg bezeichnet die Fachvereinigung Papierrecycling im bvse das Bestreben einiger Akteure im Markt, Altpapier gemeinsam mit anderen Fraktionen in einer Einheitstonne zu erfassen oder im Wechsel mit anderen Fraktionen im selben Gefäß einzusammeln (alternierende Erfassung). Altpapier sei der wichtigste Rohstoff der europäischen Papier- und Kartonindustrie. Das von den Verbrauchern über viele Jahre vorbildlich umgesetzte Prinzip der getrennten Erfassung sei der einzig sinnvolle Weg zu einer ökologisch hochwertigen stofflichen Verwertung von Altpapier, so der Bericht.
Die Papierindustrie müsse angesichts der Einheitstonnen-Thematik unmissverständlich Position beziehen. Eine Tendenz hin zur Einheitstonne würde alle Bemühungen zunichte machen, klassifiziertes Altpapier aus dem Abfallbegriff herauszulösen und als Sekundärrohstoff einzustufen, heißt es in dem Bericht.
Altholz
Die schwache Binnennachfrage hinterließ in 2003 auf dem Altholzmarkt deutliche Spuren. Aus dem Bau- und Abbruchbereich verzeichneten die Entsorgungsunternehmen einen sehr geringen Mengeneingang, der in etwa dem des Jahres 2002 entsprach. Auch im Handelsbereich blieben die Mengen an Holzverpackungen gering. Dem gegenüber stand eine verhaltene Nachfrage der Holzwerkstoffindustrie nach dem Rohstoff Altholz.
Im Hinblick auf die m Bau und in der Planung befindlichen Anlagen zur energetischen Verwertung von Altholz im Rahmen des EEG-Erneuerbare-Energien-Gesetz hätten die Vertragsabschlüsse in 2003 bestätigt, dass dieser Weg der energetischen Verwertung ein wesentlicher Nachfrager im Segment der Altholzverwertung wird. Bei einem insgesamt ausgewogenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage waren die Altholzpreise in 2003 auf niedrigem Niveau stabil.
Für 2004 erwarten die Unternehmen weder Akzente aus dem Bau- und Abbruchbereich noch aus dem Segment der Verpackungshölzer.
Altglas
Die Erfassungsmengen bei Altglas waren für 2003 bei den bvse-Mitgliedern rückläufig. Dies ist insbesondere auf die Substitution von Glas durch alternative Verpackungsmaterialien (PET, Getränkekarton) zurückzuführen. Für 2004 prognostizieren die bvse- Mitglieder eine Fortsetzung dieses Trends. Die Preise für Altglas verhielten sich in 2003 leicht rückläufig. Viel mehr beschäftigte die Branche in 2003 die Entwicklung um die DSD Verträge. Hier sei hervorzuheben, dass der Mittelstand seinen Marktanteil bei den bisher vergebenen Verträgen von früher 21 auf heute 30 Prozent ausbauen konnte.
Gießerei- und Stahlschrott
Nachdem zwischenzeitlich die Stahlwerke vergleichsweise wenig Schrottmengen angefragt hatten, war der Schrottmarkt in der zweiten Hälfte 2003 wieder von einer hohen Nachfrage geprägt, die zum Jahresende sogar zu einem Unterangebot an den Anfallstellen führte. So blieben die Schrott-Erfassungsmengen sowie die Preise bei bvse-Mitgliedern über das gesamte Jahr 2003 betrachtet auf einem insgesamt stabilen Niveau. Für das kommende Jahr erwarten die Mitglieder eine weitere Belebung des Inlandsmarktes sowie der Exportmärkte und prognostizierten eine optimistische Steigerung der Erfassungsmengen von 0,8 Prozent. Dabei gehen sie von einer leicht positiven Preisentwicklung (0,5 - 1,0%) aus.
Elektro- und Elektronikaltgeräte
Die Erfassungsmengen beim Gesamt-Elektronikschrott blieben im Jahr 2003 auf einem insgesamt positiven stabilen Niveau. bvse-Mitglieder konnten eine Mengensteigerung von zwei Prozent feststellen. Die schwache Konjunktur schlägt mittlerweile jedoch in einigen Gerätekategorien durch. So sei gegen Ende 2003 eine ausbleibende Mengensteigerung insbesondere bei Großgeräten bemerkbar. Für 2004 wird prognostiziert, dass die Erfassungsmengen um ein Prozent absinken werden. Nicht zufrieden stellend ist darüber hinaus die Preissituation. Die Mitglieder berichten von einer negativen Preisentwicklung von minus 1,5 Prozent. Des Weiteren gibt es dem Bericht zufolge immer noch starke Exporte. Hierbei wird insbesondere China genannt. Das Land nimmt mittlerweile fast 80 Prozent der weltweit jährlich anfallenden Elektro(nik)-Altgeräte auf, wobei diese Menge jedoch immer noch unter Low-Level Standards entsorgt werde.
Altfahrzeuge
Im Bereich Altfahrzeuge berichten die bvse-Mitglieder von leicht fallenden Erfassungs-mengen. Der Grund hierfür liegt in der allgemein schwachen Wirtschaftskonjunktur, die sich negativ auf die Neuzulassung von Fahrzeugen auswirkt.
Skeptisch steht die Branche weiterhin der Umsetzung der Altfahrzeugverordnung gegenüber, nach der die Produktverantwortung der Hersteller und Importeure von Altfahrzeugen ab dem Jahr 2007 für alle in Verkehr gebrachten Fahrzeuge greift.
Die in der novellierten Altfahrzeugverordnung verankerte höhere Demontagetiefe mache zusätzliche Investitionen nötig. Es stelle sich aber heraus, dass die Hersteller im Rahmen ihrer Produktverantwortung keine Gebühr für die Annahme der Fahrzeuge zahlen wollen und dies derzeit am Markt durchsetzen. Viele Verwertungsbetriebe befürchten jedoch, ohne einen Deckungsbeitrag nicht arbeiten zu können.
Altkunststoffe
Das Jahr 2003 wurde im Bereich der Altkunststoffe dominiert von den DSD-Neuaus-schreibungen für LVP und der Einführung der Pfandpflicht. Der für 2003 prognostizierte Rückgang der Erfassungsmenge für Altkunststoffe und der Rückgang der Marktpreise für die Sekundärmaterialien wurden abgewendet. Trotz der beobachteten Marktverschiebungen im Bereich der Standardaltkunststoffe konnte die Summe der Verwertungsmengen aus DSD und Pflichtpfand insgesamt erhöht werden. Materialsubstitutionen im Bereich Pflichtpfand ließen vor allem die PET-Mengen ansteigen. Dennoch musste bei zahlreichen Kunststoffen eine hohe Auslandsnachfrage vor allem aus Fernost registriert werden, die den deutschen und europäischen Verarbeitungsbetrieben zusetzte.
Vor allem in Deutschland wurden Verwertungsanlagen für PET nach anspruchsvollen Standards aufgebaut, um das hohe ökologische Niveau zu halten. Diese Standards sind dem Bericht zufolge gefährdet, wenn PET nach der Erfassung in ökologisch nicht nachvollziehbare Verwertungswege gelangt. Vor Einführung des Pflichtpfandes wurde viel Wert darauf gelegt, dass die Verwertung in zertifizierten Anlagen erfolgte. Bei den Pflichtpfandmengen wurde dieser Anspruch bisher selten beachtet, so der bvse. Dies habe möglicherweise dazu geführt, dass der Export nach Fernost stark angestiegen ist, obwohl es in Europa hochwertige Verwertungskapazitäten gibt. Diese Entwicklung hat sich laut bvse verschärft. Da für die Verwertung von PET Flaschen keine rohstofflichen Verwertungsverfahren eingesetzt werden (wegen der Hochwertigkeit der PET Abfälle), müssen für das Jahr 2003 die Verwertung von 60 Prozent der in den Verkehr gebrachten Mengen in zertifizierten Anlagen nachgewiesen werden. Sollten dieser Nachweis nicht möglich sein, beispielsweise bei Mengen, die in nicht zertifizierte Anlagen verbracht wurden, drohen den Betreibern von "Insellösungen" Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Für den Fall, dass Materialien in Anlagen zur Verwertung gebracht wurden, deren Zertifizierung nicht den Vorgaben der LAGA oder des APV entsprechen, gelten diese Mengen als nicht verwertet und werden nicht in den Mengenstrom eingestellt. Der bvse fordert deshalb nachdrücklich, die Anforderungen, die vor der Einführung der Pfandpflicht an die Verwertung von Verpackungskunststoffen gestellt wurden, auch weiterhin beizubehalten. Zur Unterstützung seiner Mitglieder hat der bvse ein mittelständisches Mengenstromnachweissystem entwickelt.
Für das Jahr 2004 wird eine deutliche Zunahme der Erfassungsmenge für Altkunststoffe um etwa 3 Prozent und eine Erhöhung der Marktpreise um etwa 1,5 Prozent prognostiziert. Diese Mengensteigerungen werden dem Bericht zufolge unter anderem auf die Ausweitung der rohstofflichen (Methanolgewinnung) und thermischen (Sekundär- beziehungsweise Ersatzbrennstoffe) Verwertung von Mischkunststoffen zurückgeführt.
Sonderabfälle
Der Sonderabfallmarkt war in 2003 zunächst durch eine schwierige Marktlage gekennzeichnet. Durch konsequentes Umschichten bestehender Strukturen in neue Geschäftsfelder, Kooperationen und durch Synergieeffekte habe man diese Entwicklung aber abfedern können. Dadurch nahm in 2003 die Menge der erfassten Sonderabfälle um etwa 4 Prozent, zu während die erzielten Annahmepreise nur um 1 Prozent erhöht wurden.
Für das Jahr 2004 wird eine Fortsetzung dieser Konsolidierung erwartet. Dadurch wird eine Fortsetzung des Trends aus 2003 vorhersagt mit einem Anstieg der Sonderabfallmengen um zwei Prozent bei einer deutlichen Preiserhöhung von etwa 3,5 Prozent. Die prognostizierten Preiserhöhungen bei der Sonderabfallannahme lassen sich durch den Preisdruck aus Tarifabschlüssen, Steuern, Transport und Logistik (Maut) sowie den Preiserhöhungen bei den Andienungsgesellschaften erklären.
Bioabfälle
Der Bereich Bioabfälle umfasst neben Komposten, Güllen, Klärschlämmen, Speiseabfällen und Abfällen aus der Nahrungsmittel- und Futterproduktion auch den Bereich der Biomasse. In 2003 wurde die Erfassungsmenge um 1,8 Prozent gesteigert, während die Marktpreise mit einer Zunahme von 0,5 Prozent nahezu unverändert blieben.
Für das Jahr 2004 wird eine weitere Mengenerhöhung (1,5 %) bei Preisstabilität (1,0 %) vorhergesagt. Die Biomasse- und der Biogasverwertung stellen dem Bericht zufolge nicht zuletzt wegen der Vergütung nach dem EEG einen interessanter Markt dar.
Weiterhin mit Sorge werden die vorliegenden Konzepte zur Klärschlammverwertung beurteilt. Die bestehende nachhaltige und gütegesicherte Klärschlammverwertung werde auf Grund der Düngemittelkonzepte des BMU und BMVEL sowie einzelner Länder aus der Land- und Forstwirtschaft sowie aus dem Landschafts- und Gartenbau verdrängt. Damit verkomme die bestehende hochwertige Klärschlammverwertung zur Klärschlammbeseitigung in Verbrennungsanlagen. Die Nachhaltigkeit und die ortsnahe Verwendung wertvoller Rohstoffe seien somit nicht mehr garantiert. Die Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft befürchtet negative Auswirkungen auf die Akzeptanz für die getrennte Sammlung und Verwertung von Bioabfällen beim Verbraucher, wenn künftig, in Folge von verschärften Regelungen, vor allem Klärschlamm und Komposte durch Verbrennen beseitigt werden. Der Sinn der Getrennthaltung und hochwertigen Verwertung biologischer Abfälle könne dann dem Bürger nicht mehr vermittelt werden, heißt es in dem Bericht.
Altöl
Die Erfassungsmenge von Altöl nahm in 2003 um circa 1,5 Prozent ab, bei in etwa gleichen Annahmepreisen. Die Prognose für 2004 geht weiterhin von einer schwierigen Marktsituation für Altöl in allen Bereichen also von der Erfassung bis zur Verwertung, aus. Auch in 2004 wird mit weiter fallenden Altölmengen (1,0 %) bei Preisstabilität für die Annahmepreise gerechnet.
Der Vorrang der Aufbereitung von Altölen zu Basisölen sei in 2003 in mehreren Gesprächsrunden sowohl von der Sammlerseite als auch von der Verwerterseite bestätigt worden, so der bvse. Gerade in den Zeiten weiter rückläufiger Altölmengen bei breitem Abnahmeinteresse seien die erzielbaren Margen für die Altölraffinate gering.
Alttextilien
Das Jahr 2003 war für die Textilrecycling-Branche ein schweres Jahr. Die Erfassungsmengen gingen um etwa 6 Prozent zurück, wobei für das Jahr 2004 sogar ein weiterer Rückgang um 12 Prozent prognostiziert wird. Noch deutlicher wird die Lage durch die Preisentwicklung im vergangenen Jahr. Hier sind Einbrüche bis zu 30 Prozent zu verzeichnen. Für das kommende Jahr erwarten die Unternehmen ein unverändertes Preisniveau, welches aus heutiger Sicht nur noch zur Kostendeckung ausreichen wird.
Die exportorientierte Alttextilbranche führt diese Entwicklungen insbesondere auf die Euro-Rekordhöhen gegenüber dem US-Dollar sowie auf die immer schlechter werdende Qualität der Sammelware zurück. Hier wird die mittelständische Textilbranche ansetzen und tragfähige Konzepte entwickeln müssen, um auch in Zukunft in einem hart umkämpften Markt bestehen zu können, so der Bericht.
Nach Ansicht des bvse muss zukünftig der Qualität der gebrauchten Textilien Vorrang vor der Erfassungsmenge eingeräumt werden. Verschmutzte, beschädigte Alttextilien und ein erheblicher Anteil an Restabfall beeinträchtigten inzwischen in erheblichem Maße die Wirtschaftlichkeit der Erfassung und des Recyclings. In der kürzlich verabschiedeten Chemnitzer Erklärung’ habe die mittelständischen Textilbranche deutlich gemacht, dass im Dialog mit dem Konsumenten/Verbraucher hier eine neue Richtung eingeschlagen werden muss.
Kontakt: Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse), Jörg Lacher, Hohe Straße 73, D-53119 Bonn, Tel. 0228-98849-27, Fax: -98849-99, eMail: info@bvse.de, Internet: www.bvse.de.
Copyright: | © Rhombos Verlag (21.01.2004) | |