Folgen für Forschung, Wirtschaft und Energiewende

ForschungsVerbund Erneuerbare Energien kritisiert drastische Einschnitte bei der Energieforschung

Der Bundestag hat im Haushalt 2020 die Verpflichtungsermächtigungen für die Energieforschung des Wirtschaftsministeriums stark gekürzt. „Dies wird bereits im laufenden Jahr zu massiven Problemen führen. Wichtige neue Forschungsprojekte werden nicht starten können und in den Folgejahren wird die deutsche Energieforschung substanziell geschwächt“, warnt der Sprecher des FVEE, Prof. Dr. Rolf Brendel vom niedersächsischen Institut für Solarenergieforschung (ISFH).

Die Forschungsinstitute des FVEE fordern, die Projektforschung für die Energiewende nachhaltig zu sichern. Dafür muss im Bundeshaushalt 2021 die Kürzung der Verpflichtungsermächtigungen korrigiert werden.

Der Bundestag hat Ende November Umschichtungen für den Etat 2020 des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) beschlossen, die die Arbeitsgruppe Haushalt der Regierungskoalition beantragt hatte. Dabei geht es um die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen, die über das aktuelle Haushaltsjahr hinaus neue Mittel für die Folgejahre reservieren. Rolf Brendel erläutert: „Die Reduktion der Verpflichtungsermächtigungen um 90 % von 105 auf 10 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2021 führt dazu, dass die üblicherweise mehrjährigen Forschungsprojekte nicht bewilligt und nicht begonnen werden können. Ganz konkret bedeutet das für mein Institut, dass im Extremfall von den im letzten Jahr mit unseren Industriepartnern vorbereiteten Projekten zu emissionsärmerer Gebäudetechnik und zu neuen Prozessen für effizientere Photovoltaik keines bewilligt werden könnte. In anderen FVEE-Instituten sind beispielsweise innovative Projekte zur Windenergie, zu Effizienzmaßnahmen, zur Batterieentwicklung und zur Quartiersentwicklung betroffen. Ein Abreißen der Technologieentwicklungsketten behindert die Energiewende, die wir doch so dringend voran bringen wollen.“

Das BMWi verweist zwar darauf, dass die Gesamtausgaben für die angewandte Energieforschung insgesamt nicht gekürzt wurden. „Aber ohne die notwendigen Verpflichtungsermächtigungen wird gerade die erfolgreiche anwendungsnahe Projektforschung schwer beschädigt. Die Kontinuität unserer Forschungen ist damit gefährdet und langjährig ausgebildete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gehen der Energiewendeforschung verloren. Die Energiewende braucht aber verlässliche Rahmenbedingungen und einen kontinuierlichen Fluss von Innovationen“, hält Brendel dagegen.

Folgen für Forschung, Wirtschaft und Energiewende

Das BMWi verantwortet den Großteil der öffentlich finanzierten angewandten Energieforschung in Deutschland. Es geht um jährlich weit mehr als 1.000 neue Forschungsprojekte mit einem Volumen von über 600 Mio. Euro. Es ist zu befürchten, dass aufgrund der neuen Rahmenbedingungen für die angewandte Energieforschung ein großer Teil der in diesem Jahr geplanten neuen Projekte nicht realisiert werden kann.

Davon sind bei weitem nicht nur Forschungseinrichtungen betroffen, denn in den zugrundliegenden Förderinitiativen des BMWi ist der Praxisbezug fest verankert: Die Projekte beziehen sich auf konkrete, angewandte Fragestellungen der Energiewende und basieren auf Kooperationen mit Industrie, Energieversorgern, Stadtwerken, Immobilienwirtschaft und Handwerk. Deshalb ist auch mit starken Auswirkungen auf Akteure in der Wirtschaft und im öffentlichen Sektor zu rechnen.

Die Energieforschung in Deutschland ist im internationalen Vergleich außerordentlich breit und leistungsfähig aufgestellt und zählt in wesentlichen Themengebieten zur Weltspitze. Forschung und Entwicklung in Wissenschaft und Industrie haben den Weg dafür bereitet, weltweit die Kosten für zukunftsfähige Energiesysteme zu senken (z.B. Photovoltaik, Windenergie, Batteriespeicher, Power-to-X). Die Energieforschung hat entscheidend dazu beigetragen, dass deutsche Unternehmen heute in vielen Bereichen Technologieführer auf den globalen Märkten für erneuerbare Energien, Energieeffizienz sowie Netz- und Systemtechnik sind. Der stellvertretende FVEE-Sprecher, Prof. Dr. Hans-Martin Henning vom Fraunhofer ISE betont: „Deshalb haben die aktuellen Änderungen in der BMWi-Energieforschung durchaus auch eine industriepolitische Dimension. Deutschland darf sich nicht aus der Technologieentwicklung für die globalen Märkte der Energiewende verabschieden. Wir können unsere Vorreiterrolle in der Energieforschung nur beibehalten, wenn die nötige Unterstützung aus der Politik verlässlich gewährleistet ist.“

Neu gewählte Sprecher des FVEE

Das Direktorium des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien (FVEE) hat Prof. Dr. Rolf Brendel vom Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) mit Wirkung zum 1. Januar 2020 zum neuen Sprecher gewählt. Zum stellvertretenden Sprecher des FVEE wurde Prof. Dr. Hans-Martin Henning vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) gewählt.

Rolf Brendel ist seit 2004 Physikprofessor an der Leibniz Universität Hannover sowie Wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des niedersächsischen Instituts für Solarenergieforschung Hameln (ISFH). Das Institut erforscht mit derzeit 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Nutzung der Solarenergie in den Bereichen „Solare Systeme“ und „Photovoltaik“. Rolf Brendel ist Mitglied im Steering Committee der European Technology & Innovation Platform Photovoltaics (ETIP PV) und in regionalen Gremien zur Umsetzung der Energiewende.

Hans-Martin Henning ist Inhaber der Professur „Solare Energiesysteme“ an der Universität Freiburg und leitet seit 2017 zusammen mit Dr. Andreas Bett das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Das Institut mit seinen zwei Hauptbereichen „Photovoltaik“ und „Energietechnologien und  ‑systeme“ hat rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und schafft technische Voraussetzungen für eine effiziente und umweltfreundliche Energieversorgung. Hans-Martin Henning ist Sprecher der Fraunhofer-Allianz Energie, Mitglied der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften acatech und Mitglied im Direktorium des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft (ESYS)“.


Link zur Originalnachricht: https://www.fvee.de/fileadmin/presseinformationen/20_01_14_pi_Energieforschung.pdf


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