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Die Urteilsgründe des Bundesverwaltungsgerichtes zur Frage der Zulässigkeit der Sperrmüllsammlung durch gewerbliche Sammler sind inzwischen veröffentlicht worden. Das Gericht kommt in einer ausführlichen, insbesondere europarechtlichen Auslegung zu dem Ergebnis, dass eine generelle Überlassungspflicht für Sperrabfall unionsrechtswidrig ist. Nach Auffassung des Gerichts ist nach Unionsrecht eine Beschränkung der Überlassungspflicht von Sperrmüll geboten.
Von bvse-Justiziarin
Miryam Denz-Hedlund
Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in
seinem Urteil eine Abgrenzung der Begriffe „gemischter Abfall aus privaten
Haushaltungen“ im Sinne von § 17 Absatz 2 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz und
„gemischte Siedlungsabfälle“ mit dem Abfallschlüssel 20 03 01 nach
der Abfallverzeichnisverordnung vor und kommt zu dem Ergebnis, dass diese
Begriffe von dem Begriff des „Sperrmülls“ nach der Abfallschlüsselnummer
20 03 07 abgegrenzt werden müssen.
Auch die Regelung in Artikel 3 Absatz 5 Abfallverbringungsverordnung werden
argumentativ richtigerweise angeführt. Das Bundesverwaltungsgericht verweist
dabei auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2013,
der den Begriff der „gemischten Siedlungsabfälle“ in Artikel 16
Abfallrahmenrichtlinie und Artikel 3 Absatz 5 Abfallverbringungsverordnung gleichstellt.
Artikel 3 Absatz 5 Abfallverbringungsverordnung bezieht sich ausweislich des
Klammerzusatzes nur auf die Abfallschlüsselnummer 20 03 01.
Aus den Gesetzesmaterialien zum Kreislaufwirtschaftsgesetz leitet das Gericht
eine enge Auslegung des Begriffs der „gemischten Abfälle“ im Sinne von § 17
Absatz 2 Satz 2 KrWG her, die den Sperrmüll nicht erfassen.
Dies ist ausdrücklich zu begrüßen und zeigt nach einer Vielzahl von
Entscheidungen, die zu Lasten der privaten Entsorgungswirtschaft getroffen wurden,
den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern Grenzen auf.
Dies sieht auch das klagende Unternehmen, die Firma Drekopf, so. Mit dem Urteil
werde – für die Branche durchaus bedeutsam – gleichzeitig klargestellt, dass
auch andere gemischte Abfallfraktionen, wie etwa Bauschutt oder gemischte Bau-
und Abbruchabfälle, einer gewerblichen Sammlung ebenfalls nicht von vornherein
entzogen sind. Für Drekopf könnte dies positive Auswirkungen auch im
Zusammenhang mit dem noch beim VG Gelsenkirchen anhängigen Verwaltungsrechtlichen
Verfahren gegen die Stadt Bottrop haben, bei dem es unter anderem um die
Zulässigkeit einer angezeigten gewerblichen Sammlung von gemischten Bau- und
Abbruchabfällen geht.
Bedauerlich ist, dass das Bundesverwaltungsgericht an seiner Auffassung
festhält, dass die Doppelzuständigkeit des beklagten Ennepe-Ruhr-Kreises als
Vollzugsbehörde für das Kreislaufwirtschaftsgesetz und als
öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nicht gegen die verfassungs- und
unionsrechtlich gebotene Neutralitätspflicht verstößt.
Nach Ansicht des Gerichts kenne die Rechtsordnung eine institutionelle
Befangenheit einer Behörde nicht, sondern stellt die Gesetzbindung der
Verwaltung über den „Faktor Mensch“. Nach Auffassung des bvse sollte es so zwar
idealer Weise sein, aller Erfahrung nach sind ideale Verhaltensweisen in der
Realität jedoch nicht immer gegeben. Insofern sollte nach unserer Auffassung
der Gesetzgeber dafür sorgen, dass solche Doppelzuständigkeiten vermieden
werden.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt im Ergebnis auch den Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts Bautzen in einem ähnlich gelagerten Fall und auch die
Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin aus dem Jahre 2016, das die gleiche
europarechtliche Begründung für die Zulässigkeit der gewerblichen
Sperrmüllsammlung anführt.
Der Sachverhalt, den das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, betraf
auch die Sammlung von weiteren Abfallfraktionen (Altpapier, Altmetalle und
Grünabfälle).
In diesem Zusammenhang macht das Gericht erfreulicherweise deutlich, dass eine
Bestandssammlung, die bereits vor dem Inkrafttreten des
Kreislaufwirtschaftsgesetzes bestanden hat, Schutz genießt.
Die Frage, ob der Sammlung der Abfallfraktionen durch die Klägerin überwiegende
öffentliche Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers
entgegenstehen, wird vom Gericht nicht abschließend geklärt, sondern zur
weiteren Sachverhaltsaufklärung an die Vorinstanz beim Oberverwaltungsgericht
Münster verwiesen.
Urteil vom 23.02.2018 - BVerwG 7 C 9.16
Copyright: | © bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (13.06.2018) | |