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Druckerhersteller kann sich nicht auf das US-Copyrightgesetz DMCA berufen
Cincinnati/USA. Der Druckerhersteller Lexmark kann sich nicht auf das US-Copyrightgesetz Digital Millennium Copyright Act (DMCA) berufen, um anderen Unternehmen zu verbieten, Drucker-Kartuschen zu entwickeln und zu verkaufen, die beispielsweise durch die Verwendung eines bestimmten Chips mit Lexmarkdruckern kompatibel sind. Das hat die sechste Kammer des US-amerikanischen Bundesberufungsgericht in Cincinnati entschieden. Die Entscheidung hebt damit das vorangegangene Urteil einer unteren Instanz auf, die den Fall jetzt neu verhandeln muß. Die untere Instanz, das Bezirksgericht in Kentucky, hatte der IT-Zulieferfirma Static Control Components Inc. (SCC) untersagt, Chips zu verkaufen, mit deren Hilfe auch fremde Druckerkartuschen in Lexmarkdruckern funktionieren. Mit dem Spruch des Bundesberufungsgerichts kann somit jedes Unternehmen, das auf dem Markt für Refill-Zubehör in Konkurrenz treten möchte, die SSC-Chips verwenden. Zugleich dürfte die Entscheidung auch grundlegende Auswirkungen auf das so genannte Reverse-Engineering haben, bei dem Fremdfabrikate auseinandergenommen und funktional überprüft werden, um auf dieser Basis Weiterentwicklung zu betreiben.
Der Rechtstreit reicht zurück bis ins Jahr 2003. Damals hatte der Druckerhersteller Lexmark bei einem Gericht in Kentucky eine einstweilige Verfügung gegen die IT-Zulieferfirma Static Control Components Inc. erwirkt. SCC durfte daraufhin den sogennannten Smartek Chip nicht länger produzieren und verkaufen. Mit Hilfe dieses Chips, der eine Füllstandsabfrage der Druckerfirmware außer Kraft setzt, ist es möglich, wiederbefüllte Tonerkartuschen anderer Anbieter in Lexmark-Druckern zu verwenden. Nach Auffassung von Lexmark verstößt diese technische Innovation gegen das Urheberrecht, das sie den von Lexmark eingebauten Kopierschutz umgeht. Zu diesem Zweck hat Lexmark seine Drucker so programmiert, dass diese einen digitalen "Händedruck" mit Kassetten benötigen, mit der Folge, dass nur authorisierte (gelesene Lexmark) Kassetten verwendet werden können.
Im Gegenzug hatte die Static Control Components Inc. Anfang 2004 Klage gegen Lexmark wegen dessen Praktiken im Umgang mit leeren Druckerpatronen eingereicht. In der Begründung führte die SCC Inc. aus, Lexmark verhindere gezielt die Reparatur und Nachfüllung alter Druckerpatronen. Laut SCC Inc. werden die Kunden durch die Preisnachlass-Praktiken Lexmarks vom Recycling abgeschreckt. Der Druckerhersteller gewähre großzügige Rabatte nur dann, wenn die Käufer die Patronen zu ihm und nicht zu einem Mitbewerber zurückbrächten. Die SCC Inc. sah sich dadurch in ihrer Wettbewerbsfreiheit eingeschränkt.
In der Begründung zu ihrem Urteilsspruch betonten die Richter der Sechsten Kammer des Bundesberufungsgerichts, zukünftig sollte es ausgeschlossen sein, dass Unternehmen wie Lexmark unter Berufung auf diesen Fall den Digital Millennium Copyright Act in Verbindung mit dem Urheberrechtgesetz heranziehen und sich auf diese Weise Monopole auf industriell hergestellte Waren verschaffen.
Die Bürgerrechtler der Electronic Frontier Foundation (EFF) sehen in dem Fall Lexmark gegen SSC einen "absurden Auswuchs der Anti-Umgehungsklausel des Digital Millennium Copyright Act". Nach Auffassung des EFF wollte der US-Kongreß mit der Verabschiedung des DMCA massenhafte Urheberrechtsverleztungen im Internet verhindern. Aber einige Unternehmen hätten den DMCA dazu mißbraucht, um Kontrolle über das Druckerkartuschengeschäft zu erlangen. Die Bürgerrechtsorganisation hatte deshalb in einer Eingabe vor Gericht den Standpunkt der SCC Inc. unterstützt. Die EEF vertritt die Aufassung, dass das Urheberrechtsgesetz nicht dazu dienen sollte, den Wettbewerb und den technologische Fortschritt zu behindern. Nach Meinung der Bürgerrechtsorganisation sollte die SCC Inc. deshalb ohne mit einer Copyrightklage konfrontiert zu werden in der Lage sein, die Technik seines Konkurrenten zu prüfen, um Druckertonerkassetten herzustellen, die mit Lexmark-Druckern kompatibel sind. Nach Auffassung von EFF-Rechtsbeistand Wendy Seltzer treibt das Reverse-Engineering "den Wettbewerb und die Innovation im Technologiesektor voran". Seltzer: "Wir sind froh, daß das Gericht das Reverse-Engineering als eine wichtige Verfahrensweise anerkannt hat, die nicht vom DMCA reguliert werden sollte." Diese Entscheidung lasse darüber hinaus vermuten, daß der Gerichtshof nicht länger bereit ist, "vorschnell unter dem Deckmantel des DMCA formulierte Bestimmungen zum Reverse-engineering hinzunehmen, die offensichtlich mehr dem Zweck dienten, Wettbewerb zu verhindern, als das Urheberrecht zu schützen", erklärte Seltzer.
Das Verfahren könnte darüber hinaus auch Auswirkungen auf die EU haben. Bereits im Jahr 2002 hatte EU-Kommissar Mario Monti ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Recycling von Druckerpatronen angestrengt, das nun neu aufgerollt werden könnte. Hersteller von Druckern erwirtschaften einen großen Anteil ihres Umsatzes durch den Verkauf von Zubehör wie Patronen. Bei Lexmark machte der Anteil des Druckerzubehörs am Gesamtumsatz im Jahr 2002 über die Hälfte aus. (RH-VLG)
Die Entscheidung kann im Internet heruntergeladen werden unter: http://www.eff.org/legal/cases/Lexmark_v_Static_Control/20041026_Ruling.pdf
Kontakt: Jason Schultz, Staff Attorney, Electronic Frontier Foundation, jason@eff.org
Wendy Seltzer, Staff Attorney, Electronic Frontier Foundation, wendy@eff.org
Electronic Frontier Foundation, 454 Shotwell Street, San Francisco CA 94110-1914 USA, Tel. +1 415 436 9333, Fax: +1 415 436 9993, eMail: information@eff.org, Internet: http://www.eff.org
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