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Im Landkreis Regensburg wird bei der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen das bisherige Wertstoffhof-Bringsystem beibehalten.
Dabei soll wie bisher auch
weiterhin eine kontinuerliche Weiterentwicklung und Optimierung des
Entsorgungsangebotes stattfinden. Ein Ratsbegehren zur Einführung eines
Holsystems (Gelbe Tonne), wie von der Kreistagsfraktion der CSU
beantragt, soll nicht durchgeführt werden.
Das sind die Beschlüsse, die der Kreistag in seiner Sitzung
am 18. Juli 2022 im neuen Kreisbauhof nach einer über zweistündigen
Diskussion gefasst hat. Für die Beibehaltung des bisherigen
Wertstoffhof-Systems stimmten 35 Mitglieder des Kreistages, 25 dagegen.
Gegen das Ratsbegehren stimmten 43 Mitglieder des Kreistages, 20
sprachen sich dafür aus. Fast einstimmig (2 Gegenstimmen) wurden
verschiedene Prüfaufträge an die Landkreisverwaltung beschlossen, wie
das bisherige Bringsystem weiter optimiert werden kann. Diese
Prüfaufträge umfassen eine Umweltbildungsoffensive an Kindergärten und
Schulen, Schulungsangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an
Wertstoffhöfen, die Ausweitung von Öffnungszeiten an den Wertstoffhöfen,
ein neues Beschilderungskonzept vor Ort sowie die Schaffung von
betreuten Wertstoffinseln für Leichtverpackungen in Wohnanlagen.
Wie bereits in der Umweltausschuss-Sitzung am 21. Juni 2022 hatte
Werner Bauer, der Geschäftsführer der mit der Erstellung des Gutachtens
beauftragten i.a. GmbH – Wissensmanagement und Ingenieurleistungen
München, das Ergebnis des Gesamtgutachtens auch in der Sitzung des
Kreistages nochmals vorgestellt. Seine Empfehlung zur Beibehaltung des
aktuellen LVP-Sammelsystems auf den Wertstoffhöfen begründete er mit
folgenden Argumenten:
- Im Punkt Nachhaltigkeit ist die Erfassung
der Leichtverpackungen auf dem Wertstoffhof das eindeutig bessere
System, weil die sortenreine Trennung und Erfassung eine optimale
stoffliche Verwertung ohne nachträglichen Sortieraufwand garantiert.
-
Der Wechsel zu einem Holsystem würde aufgrund der nicht
nachvollziehbaren Verwertungsströme der Sortierreste den seit jeher
bestehenden Zielen der Nachhaltigkeit des Landkreises entgegenstehen.
-
Die Einführung eines Holsystems würde die Sammelmenge der kommunalen
Wertstoffe nachteilig beeinflussen. Weniger Entsorgungsangebote auf den
Wertstoffhöfen führt unweigerlich auch dazu, dass die Wertstoffhöfe auch
seltener aufgesucht werden.
- Die Sammelmenge im Landkreis
unterscheidet sich von der Stadt Regensburg nach dem Aussortieren der
Fehlwürfe aus dem Gelben Sack nur unbedeutend. Zwar liegt die
Sammelquote im Landkreis bei etwa 10,6 kg/ EW jährlich und bei der Stadt
mit Holsystem bei 23,9 kg/EW. Bei einer anzunehmenden Fehlwurfquote von
53% beim Holsystem reduziert sich die Sammelmenge in der Stadt
Regensburg auf etwa 12,6 kg/EW. Somit liegt die Differenz zum
Bringsystem im Landkreis nur noch bei 2,07 kg/EW pro Jahr.
- Die noch
im Restmüll verbleibenden Leichtverpackungen werden in hoher Qualität
und Transparenz im Müllkraftwerk Schwandorf thermisch verwertet.
- Die Stoffströme, insbesondere der Fehlwürfe aus dem/der Gelben Sack / Gelben Tonne, sind nicht transparent.
-
Beim Wegfall der Mitfinanzierung der Wertstoffhöfe durch DSD ist die
Verkleinerung oder Schließung von Wertstoffhöfen sowie die Reduzierung
des Personals unerlässlich.
Im Anschluss an den Vortrag von Werner Bauer setzten sich die
Mitglieder des Kreistages in einer engagierten Diskussion mit den
jeweiligen Vor- und Nachteilen beider Entsorgungssysteme auseinander.
Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Argumente für die Einführung eines Holsystems:
- Den Bürgerinnen und Bürgern soll ein komfortableres Entsorgungssystem angeboten werden.
- Holsystem ist zeitsparender und flexibler für die Bürgerinnen und Bürger.
- Hochentwickelte Sortiertechnologien bieten eine hohe Sortenreinheit.
-
Die Sammelmengen an Wertstoffen, im Vergleich zur Erfassung im
Bringsystem, erhöhen sich durch die Mobilisierung von Wertstoffanteilen
aus dem Hausmüll.
- Durch ein Holsystem entfallen kostenintensive Erweiterungen von Wertstoffhöfen.
- Individualtransport im Bringsystem hat eine schlechtere Ökobilanz im Vergleich zu Holsystemen.
Nach Auffassung der Landkreisverwaltung wird jeglicher Austausch mit
der Bürgerschaft zur weiteren Entwicklung des Dienstleistungsangebotes
im Landratsamt sehr begrüßt. Gerade bei Tagen der offenen Tür oder der
Präsenz auf den Wertstoffhöfen kommt die Verwaltung mit vielen
Bürgerinnen und Bürgern in den Austausch. Auch in der Abfallwirtschaft
werden im Rahmen der Abfallberatung pro Jahr über 3.000 Bürgerinnen und
Bürger beraten. Über vielseitiges Informationsmaterial sowie einem
umfassenden Internetauftritt sind die Kontaktdaten bekannt. Signifikant
in den letzten Jahren war lediglich die Nachfrage nach der Unterstützung
durch Müllsäcke für Windeln für Neugeborene sowie für inkontinente
Bürgerinnen und Bürger, für welche es inzwischen ein großzügiges Angebot
gibt. Eine verstärkte Nachfrage geschweige denn Beschwerden in Sachen
Einführung eines Gelben Sackes oder einer Gelben Tonne konnte in der
Abfallwirtschaft nicht festgestellt werden. Vielmehr ist es so, dass
sich die Bürgerinnen und Bürger in den Beratungen darüber informieren,
wie das System und die Entsorgungskette der Leichtverpackungen im Detail
aufgebaut sind. Die allermeisten bedanken sich anschließend für die
umfassende Beratung und erkennen das bewährte System an. Das bedeutet,
dass eine niederschwellige Bürgerbeteiligung gerade in der
Abfallwirtschaft eine große Rolle spielt.
Der Beschlussvorschlag in der Kreistagssitzung basiert auf den
Rückmeldungen, die die Verwaltung im Rahmen dieses Bürgerkontakts
erreicht haben, sowie auf einem umfassenden Gutachten. Hinzu kommt die
persönliche Einschätzung der Kreisräte und auch der Gemeinden, auf die
bei der Umstellung auf ein Holsystem weitere Aufgaben und Anstrengungen –
etwa die Finanzierung der vom Landkreis nicht mehr erstatteten Kosten
und Übernahme zusätzlicher Reinigungskosten bei beschädigten gelben
Säcken – zugekommen wären. Letztendlich schien der Mehrheit der
Kreistagsmitglieder das förmliche Verfahren eines vom Kreistag
initiierten Bürgerentscheids mit einem der Kommunalwahl vergleichbaren
Aufwand (Wählerverzeichnis, Wahllokale, Wahlhelfer, Briefwahl) als nicht
geboten.
Hintergrund
1. Gesammelte Abfallmengen pro Einwohner im Jahr 2021 in Kilogramm
Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Kennzahl von 7.2 kg, also der
Anteil der Leichtverpackungen im Restmüll (bezogen auf die
Gesamtabfallmenge je Einwohner und Jahr), und ob ein Wechsel auf ein
anderes Entsorgungssystem bei den Verpackungsabfällen Vorteile bringen
könnte in Bezug auf diese Menge an Wertstoffen im Restmüll.
Grafik (Quelle: i.a. GmbH)
2. Gelbe Tonne / Gelber Sack
Für die Sammlung und Verwertung von Leichtverpackungen im Holsystem
gibt es zwei Möglichkeiten: den Gelben Sack oder die – von der
Kreistagsfraktion der CSU für ein Ratsbegehren vorgeschlagene – Gelbe
Tonne. Von den Systembetreibern wird der Gelbe Sack bevorzugt, weil ein
geringeres Fehlwurfverhalten festzustellen ist als bei der Gelben Tonne.
Studie zur Überprüfung des aktuellen LVP-Sammelsystems im Landkreis Regensburg 2022
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