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Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch vergibt jährlich als Schmähpreis den „Goldenen Windbeutel“ für die dreisteste Werbelüge des Jahres. 2021 waren unter anderem kompostierbare Kaffeekapseln und ein Fitnessriegel mit biologisch abbaubarer Verpackung Anwärter auf den Preis.
Falsche Werbeversprechungen, Täuschungen und Etikettenschwindel begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern beinahe täglich. Kaufentscheidungen werden so häufig aufgrund von Fehlinformationen getroffen. Um das zu ändern, ruft Foodwatch jährlich zur Wahl des Goldenen Windbeutels auf, um die dreisteste Werbelüge des Jahres zu enttarnen. Dieses Jahr lief die Abstimmung bis zum 12. Dezember 2021. Von insgesamt fünf zur Auswahl stehenden Kandidaten, werben zwei mit der Kompostierbarkeit der Kunststoffverpackungen.
Kompostierbare Kaffeekapseln
Die Mövenpick-Kaffeekapseln von J.J. Darboven werben damit, dass sie „kompostierbar“ und „biologisch abbaubar“ sind. Die Möglichkeit der Entsorgung über die Biotonne oder den Eigenkompost wird suggeriert. Der Name „GreenCaps“ unterstreicht zudem die vermeintliche Umweltfreundlichkeit des Produkts. Foodwatch stellt fest, dass Darbovens Werbelüge an der Realität vorbeigeht, da fast die gesamte abfallverarbeitende Industrie die Entsorgung von kompostierbarem Plastik über die Biotonne ablehnt. Hierzu wird auch auf das gemeinsame Positionspapier zur Entsorgung von biologisch abbaubaren Kunststoffen über die Bioabfallbehandlung/Kompostierung verwiesen, an dem sich neben der BGK auch weitere für die Bioabfallwirtschaft engagierte Verbände beteiligt haben.
Weiter hin weist Foodwatch darauf hin, dass nach der DIN EN 13432 kompostierbare Kunststoffe innerhalb von 12Wochen zu 90 %abgebaut sein müssen. In der Praxis ist die Dauer der Kompostierung auf den Anlagen jedoch deutlich kürzer. Der unvollständig abgebaute Kunststoff verbleibt als Verunreinigung im fertigen Kompost. Aus diesem Grund werden derartige Fremdbestandteile in der Regel aufwendig aussortiert und der Verbrennung zugefügt. Das Werbeversprechen „kompostierbar“ und „biologisch abbaubar“ wird somit in der Realität nicht umgesetzt.
Biologisch abbaubare Verpackung
Ein weiterer Anwärter für den Goldenen Windbeutel war der Proteinriegel „Clean Protein Bar“ von der Fitness-Influencerin Pamela Reif. Diese wirbt auf ihren Socialmedia Kanälen damit, dass die Verpackung biologisch abbaubar ist und somit nicht wie konventionelles Plastik in den Weltmeeren lande, wenn es in der Natur verloren ginge.
Ihrer Aussage, dass die Verpackung auf dem Heimkompost kompostiert werden kann, hat sie bereits selber in einem anderen Beitrag widersprochen. Auch auf der Homepage zum Produkt wird unter den FAQs in einer ersten Frage zum Thema Nachhaltigkeit beworben, dass die meisten Verpackungen sogar kompostierbar sind. In einer dritten Frage dieses Themenkomplexes wird zur Entsorgung geschildert, dass die kompostierbaren Materialen gemäß BioAbfV nicht über die Biotonne entsorgt werden dürfen, sondern die gelbe Tonne genutzt werden muss.
Die beworbene umweltfreundliche Verpackung ist laut Foodwatch eine dreiste Werbelüge, damit einer biologischen Abbaubarkeit geworben wird, die eine Entsorgung über die Biotonne suggeriert. Und auch die Abbaubarkeit in der Naturist nicht gegeben, da die notwendigen Bedingungen nicht vorherrschen.
Das Unternehmen Naturally Pam hat Foodwatch eine Stellungnahme zur Nominierung für den Goldenen Windbeutel zukommen lassen. Darin wirft das Unternehmen den Entsorgern in Bezug auf die industrielle Kompostierung von biologisch abbaubaren Kunststoffen vor: „Warum die Entsorger eine Kompostierung nicht gern umsetzen ist einfach: verbrennen bringt mehr Geld als kompostieren. Man bekommt schneller Nachschub und bindet weniger Kapazitäten.“
Was anscheinend nicht bekannt ist: Nach den Vorgaben der Abfallhierarchie zur hochwertigen Verwertung nach Kreislaufwirtschaftsgesetz(KrWG)sind biologisch abbaubare Kunststoffe über das direkte Recycling des Materials zu verwerten oder wenn dies nicht möglich ist einer energetischen Verwertung zu zuführen. Im Fall von lizenzierungspflichtigen Verpackungsabfällen sind diese entsprechend den Vorschriften des Verpackungsgesetzes über die dualen Systeme (gelber Sack, gelbe Tonne) zu entsorgen.
Auch die Kompostierung ist Recycling i.S.d. KrWG, da aus den Bioabfällen nähr-und humusreiche Düngeprodukte erzeugt werden, die für den Pflanzenbau eingesetzt werden. Dies bezüglich haben biologisch abbaubare Kunststoffe hingegen keinerlei Nutzen und sind somit anderweitig zu recyceln.
Eine gezielte Zuführung zur biologischen Abfallbehandlung ist zudem nicht rechtskonform. Die einzige Ausnahme bilden zukünftig speziell gekennzeichnete Sammelbeutel aus biologisch abbaubaren Kunststoffen, die bei der Erfassung organischer Küchenabfälle genutzt werden, wenn diese für einen Abbau innerhalb von sechs Wochen zertifiziert sind und vom zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugelassen wurden.
Gewinner des Goldenen Windbeutels
In diesem Jahr haben Verbraucherinnen und Verbraucher via online-Abstimmung entschieden, dass das als „klimaneutral“ beworbene Hähnchenbrustfilet von Rewe den Goldenen Windbeutelgewinnt (17.661 Stimmen, 27,8%). Die Kaffeekapseln landeten mit 9.930 Stimmen (15,6 %) auf dem dritten, der Proteinriegel mit 8.972 Stimmen(15,6 %) auf dem fünften Platz.
Allein die Nominierung zweier Unternehmen, die mit „kompostierbaren“ oder „biologisch abbaubaren“ Verpackungen werben zeigt, dass das brisante Thema nicht nur in der Kompostbranche verfolgt wird, sondern auch Verbraucherschützer wie Foodwatch diese Werbeversprechen gleichermaßen kritisch beäugen. (vA)
Die Originalnachricht finden Sie hier.
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