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"Es geht darum, die Kreislaufwirtschaft weiter zu entwickeln. Dazu gehört nach unserer Ansicht auch, dass die Hochwertigkeit der thermischen Verwertungsverfahren eine gröĂere Rolle spielen muss", erklĂ€rte bvse-Experte Dipl.-Ing. Andreas Habel vor den 110 Teilnehmern des bvse-Symposiums zur Gewerbeabfallverordnung.
Habel betonte, dass die Zielhierarchie der Abfallrahmenrichtlinie und des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in der Praxis abgebildet werden mĂŒsse. Deshalb habe die Steigerung der stofflichen Verwertung (Recycling) oberste PrioritĂ€t. Klar sei aber auch, dass die Abfallwirtschaft ohne die Möglichkeit der energetischen Verwertung nicht auskomme.
Die Anlagen zur energetischen Verwertung sind weiterhin ein notwendiger Baustein des Gesamtsystems und stehen dort zur VerfĂŒgung, wo ein stoffliches Recycling nicht mehr möglich ist. Die Auslastung der energetischen Verwertungsanlagen ist bereits seit 2015 sehr hoch. Mit dem Auslaufen der landwirtschaftlichen KlĂ€rschlammnutzung sowie dem Import von AbfĂ€llen aus anderen EU-Staaten, drĂ€ngen weitere Materialmengen in MĂŒllverbrennungsanlagen oder EBS-Kraftwerke nach Deutschland.
Bei der energetischen Verwertung der nicht zu recycelnden Materialien, sollte nach Auffassung des bvse unbedingt innerhalb der Verfahren in Bezug auf die Energieeffizienz unterschieden werden. Denn es macht einen Unterschied, wie die Materialien verbrannt werden und in welcher Form die darin gebundene Energie genutzt wird. Eine Antwort auf die tatsĂ€chliche Energieeffizienz einer Anlage gibt die in die Abfallrahmenrichtlinie eingebettete âEnergieeffizienzzahl R1â jedenfalls nicht, denn sie ist in ihrem Aufbau kein Wirkungsgrad, wie er in technischen MerkblĂ€ttern definiert ist. AussagekrĂ€ftiger ist vielmehr der Nettowirkungsgrad eines Prozesses. Der Nettowirkungsgrad bezieht sich auf die verfĂŒgbare Nettoleistung, also die vorhandene Leistung nach Abzug der Leistungsaufnahme der Eigenverbraucher. Insofern die Leistung, die tatsĂ€chlich fĂŒr externe Prozesse zur VerfĂŒgung steht.
Der bvse hat sich daher zu einem Konzeptvergleich entschlossen und das CUTEC Institut mit der Erarbeitung der Studie zur âDifferenzierung der energetischen Verwertung am Kriterium der Energieeffizienzâ beauftragt.
Die CUTEC-Studie von Dr.-Ing. Stefan Vodegel und Dipl.-Ing. Milan Davidovic ist ein Vergleich, welcher die Mitverbrennung vorbehandelter AbfĂ€lle besonders in Zementwerken, die Monoverbrennung in EBS-Kraftwerken und die Verbrennung ĂŒberwiegend unvorbehandelter AbfĂ€lle in MVA mit unterschiedlichen energetischen Wirkungsgraden gegenĂŒberstellt. Ausgewertet wurde, wie sich die unterschiedlichen Systeme hinsichtlich Netto-Wirkungsgrad, PrimĂ€renergie- und PrimĂ€rrohstoff- sowie CO2-Einsparung verhalten.
Bei den Energiebetrachtungen werden die verschiedenen produzierten Energieformen nicht nach ihrer Wertigkeit gewichtet. Es wird ausschlieĂlich die Ausnutzung der im Brennstoff chemisch gebundenen Energie berĂŒcksichtigt.
Fazit:
1. Zementwerke stellen die thermische Verwertung hochwertig aufbereiteter Ersatzbrennstoffe mit hohem Wirkungsgrad sicher. Durch den unmittelbaren Einsatz im Zementklinkerbrennprozess liegen die Nettowirkungsgrade bei ĂŒber 70 %, genauso hoch wie beim Einsatz substituierter PrimĂ€rbrennstoffe wie Braun- oder Steinkohle. Ein Alleinstellungsmerkmal stellt die stoffliche Nutzung des Ascheanteils dar, der als anfallender SekundĂ€rrohstoff in den Zementklinker, also in das Produkt, eingebunden wird. NatĂŒrliche PrimĂ€rrohstoffe in der GröĂenordnung von 200.000 bis 250.000 t/a werden dadurch in Deutschland ersetzt. Diese Art der stofflichen Nutzung können MVA oder EBS-Kraftwerke nicht erbringen.
2. EBS-Kraftwerke dienen zur energieeffizienten Versorgung von Industriestandorten. Ihr Standort ist in der Regel an einen Industrieprozess gebunden. Ihnen genĂŒgen einfach aufbereitete Ersatzbrennstoffe, meist aus gemischten SiedlungsabfĂ€llen per MBA, MBS oder MPS oder aus geeigneten Mittelkalorikfraktionen aus Gewerbe- oder produktionsspezifischen IndustrieabfĂ€llen hergestellt. Die Nettowirkungsgrade von EBS-Kraftwerken hĂ€ngen stark davon ab, welche Nutzenergien produziert werden. So liegt der Nettowirkungsgrad bei Anlagen mit Vollverstromung bei lediglich ca. 20%. Bei reiner Prozessdampfabgabe aber schon bei ca. 80%. Bei Kraft-WĂ€rme-Kopplung zwischen 30 und ĂŒber 70%.
3. Die klassische MVA entwickelte sich in den letzten Jahren an vielen Standorten zum Energielieferanten. Auch hier gilt, der Brennstoffausnutzungsgrad hĂ€ngt davon ab, welche Nutzenergie produziert wird. Durch ihren primĂ€ren Zweck der Abfallentsorgung bzw. -beseitigung sind MVAs allerdings rĂ€umlich oft von ihren Energieabnehmern getrennt. Aber erst die Möglichkeit zur Abgabe von Prozessdampf oder FernwĂ€rme ĂŒber kurze Wege ermöglicht echte Wirkungsgradsteigerungen aufgrund von Kraft-WĂ€rme-Kopplung, ĂŒber das Niveau der reinen Stromproduktion hinaus. Dies ist umso besser möglich, je nĂ€her die MVA zum Abnehmer liegt. So fĂ€llt das Ergebnis fĂŒr die verschiedenen MVA Konzepte auch sehr unterschiedlich aus. Als reiner Entsorger mit Vollverstromung werden Nettowirkungsgrade von 12% (Altanlagen) bis ĂŒber 20% (neuere Anlagen) erreicht. Bei reiner Dampfabgabe, z. B. direkt an ein Kraftwerk, liegt der Wirkungsgrad bei knapp 80%, bei KWK-Nutzung je nach WĂ€rmeabgabe zwischen ca. 20 und 70%.
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass auch bei der energetischen Verwertung die Anwendung einer Kaskadennutzung innerhalb der möglichen Verfahren sinnvoll erscheint.
Ressourcenpolitisch betrachtet sollten von den nicht recycelbaren AbfĂ€llen vorrangig die heizwertreichen Fraktionen abgeschieden und als PrimĂ€renergiesubstitut einer hochwertigen energetischen Verwertung zugefĂŒhrt werden. Dabei stellte sich im Ergebnis der Studie die Mitverbrennung im Zementherstellungsprozess mit gleichzeitiger rohstofflicher Nutzung des Ascheanteils als besonders vorteilhaft dar.
Die dafĂŒr nicht geeigneten mittel- und niederkalorischen AbfĂ€lle sollten ihren Einsatz zur energetischen Verwertung in Kraftwerken mit möglichst hohen Nettowirkungsgraden finden. Somit werden insgesamt in den einzelnen Anlagen möglichst hohe Einsatzraten mit einer maximalen CO2-Einsparung realisiert.
Copyright: | © bvse-Bundesverband SekundĂ€rrohstoffe und Entsorgung e.V. (30.06.2017) | |