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Munition aus abgereichertem Uran verseucht Böden in Krisengebieten
Braunschweig. Wissenschaftler des Institutes für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig untersuchen seit fünf Jahren in umfangreichen und aufwendigen Versuchen die Faktoren, die dafür verantwortlich sind, dass sich Uran und dessen Oxide im Boden auflösen (siehe Foto). Im Mittelpunkt stehen hierbei Uranquellen, die aus Geschossen stammen, wie sie auf Kriegsschauplätzen verwendet werden. Die in den Böden eingestellten Uran-Konzentrationen entsprachen den Belastungen eines "Standardbeschusses" mit Munition aus abgereichertem Uran (DU = Depleted Uranium). Die Ergebnisse zeigen, dass in den Boden als Uranoxid eingebrachtes Uran durch physikochemische und biologische Vorgänge gelöst und für Pflanzen aufnehmbar wird. Nach drei Jahren Verbleib im Boden waren bis zu 40 Prozent des zugeführten Urans in mobile Verbindungen übergegangen. Solche mobilen Uran-Verbindungen können entweder von Pflanzen aufgenommen, oder in Böden und Gewässer verlagert werden.
Die von den Pflanzen aufgenommenen Uran-Mengen hingen in den Versuchen der FAL direkt von den Uran-Konzentrationen im Boden ab. Bezogen auf den Gesamturangehalt des Bodens gingen 0,4 bis 0,6 Prozent, oder bezogen auf den verfügbaren Anteil an Uran, 5 bis 6 Prozent aus dem Boden in oberirdische Teile von Pflanzen über. Die Uran-Konzentrationen der Pflanzen lagen schon in den geringsten Belastungsstufen um bis zu tausendmal höher als in den Kontrollen. Die FAL-Wissenschaftler fanden aber auch heraus, dass die Mobilisierung des Urans mit abnehmender Fruchtbarkeit des Bodens (niedrigere pH-Werte, geringere Gehalte an mineralischen Pflanzennährstoffen, vor allem Phosphor) zunimmt. Wenig fruchtbare Böden sind aber gerade typisch für Krisengebiete und die Bevölkerung ist dort auf Selbstversorgung vom eigenen Boden angewiesen. Beides sind Aspekte, welche die Tragik der Auswirkungen von DU-Munition erheblich erhöhen.
Mitarbeiterin des Institutes für Pflanzenernährung und Bodenkunde der FAL in Schutzkleidung bei der Arbeit mit Uran-kontaminierten Böden
Foto: FAL-PB
Sie heißen "Hellfire", "Smart Bombs", "Advanced Penetrators" oder "Bunker Busters". Allen gemeinsam ist, dass sie aus abgereichertem Uran (DU = Depleted Uranium) bestehen. DU ist das was übrig bleibt, wenn man dem Natururan das spaltbare Isotop 235U für die Herstellung von Kernbrennstoff oder Nuklearwaffen entzogen hat. 235U macht aber nur circa fünf Prozent des Gesamturangehaltes aus, so dass DU fast vollständig aus dem Isotop 238U besteht. Zwischen DU und natürlichem Uran gibt es keine chemischen und toxikologischen Unterschiede, lediglich die Radioaktivität ist um circa 40 Prozent geringer. DU ist ein Abfallprodukt der Atomwirtschaft, für das es keine nennenswerte Weiternutzung gibt. Weltweit liegen über 1,1 Millionen Tonnen DU auf Halde, jährlich kommen mindestens 46.000 Tonnen dazu. Spitzenreiter der DU Produktion sind die USA und Russland, mit weitem Abstand gefolgt von Großbritannien und China.
Maschinengewehr-Munition (173 x 30 Millimeter) mit DU-Penetrator (300 gramm)
Foto: FAL-PB
Ein dankbarer Abnehmer für DU ist das Militär geworden, denn DU besitzt für die Herstellung von Geschossen (Foto 1) besondere Vorteile gegenüber herkömmlichen Materialien. Mit einem spezifischen Gewicht von 19 kg/L ist DU 70 Prozent schwerer als Blei, fast so schwer wie Gold oder Wolfram, aber eben unvergleichlich billiger als diese. Die schweren Geschosse durchschlagen besser als jedes andere Material Panzerungen von Fahrzeugen und Gebäuden. Darüber hinaus ist DU "pyrophor", das heißt es verbrennt bei mechanischer Einwirkung und erhöht dadurch die zerstörende Wirkung der Munition. In Kriegen der vergangenen 14 Jahre (Irak, Kuwait, Bosnien, Kosovo, Serbien, Montenegro, Afghanistan) wurden etwa 1,4 Millionen DU-Geschosse entsprechend einer Masse von 400.000 Kilogramm DU verschossen.
Neben den USA besitzen oder entwickeln Frankreich, Großbritannien, Israel, Pakistan, Russland, Saudi Arabien, Thailand und die Türkei DU-Munition. Die UNEP (United Nations Environmental Program (Umweltschutz-Organisation der Vereinten Nationen) in Nairobi) schildert den typischen Angriff eines A10 Bombers auf ein Ziel am Boden als "einen Feuerstoss von etwa zwei Sekunden, bei dem etwa 200 Projektile in gerader Linie in einem Abstand von ein bis drei Metern eine Fläche von circa 500 Quadratmeter bedecken". Von diesen 200 Geschossen treffen jedoch kaum mehr als zehn ihr Ziel, der Rest verschwindet im Boden. UNEP geht von 30.000 DU-Projektilen aus, die im Kosovo verschossen worden sind. Die von UNEP im November 2000 entsandte Such-Expedition der "Balkan Task Force" fand davon aber nur sieben komplette und ein halbes Projektil wieder. Und genau hier beginnt nach Meinung der FAL das Problem: Bislang hat man sich toxikologisch und ökologisch lediglich um das abgereicherte Uran der wenigen Treffer-Geschosse gekümmert, die beim Aufprall zu Uranoxid Staub verbrennen, der die Atemluft belastet oder Gegenstände kontaminiert. Das Schicksal des DU aus der weitaus größeren Anzahl der Geschosse, die ohne ein Ziel zu treffen in den Boden gelangen, ist weitgehend unbekannt. Neben seiner Gefährlichkeit als Radionuklid ist Uran ein toxisches Schwermetall, das sich bevorzugt in Knochen anreichert und verschiedenste Krankheiten, angefangen von Funktionsstörungen der Nieren, der Lunge und der Leber bis hin zu Krebs und Erbgutveränderungen auslösen kann. Uran-Belastungen werden insbesondere mit dem so genannten "Golf-Kriegs" Syndrom bei Soldaten in Verbindung gebracht, die in diesen Gebieten im Einsatz waren, ein Umstand, der DU in Veteranenkreisen den Namen "Metal of Dishonor" eingebracht hat.
Das Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) hatte am 25. November 2004 einen Workshop "Uran-Umwelt-Unbehagen" veranstaltet. Informationen zu diesem Workshop können im Internet abgerufen werden unter: www.pb.fal.de/index.htm?page=/home.htm.
Kontakt: Prof. Dr. Dr. Ewald Schnug, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde, Bundesallee 50, D-38116 Braunschweig, eMail: pb@fal.de, Internet: www.fal.de.
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