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In einem Gutachten vom Februar 2017 hat sich das Unternehmen Clausthaler Umwelttechnik-Institut GmbH (CUTEC) im Auftrag von „FEhS - Institut für Baustoff-Forschung e.V." mit der „Bewertung der Substitution von industriellen Nebenprodukten der Stahl- und Kupfererzeugung durch Primärrohstoffe beim Einsatz im Straßenbau" beschäftigt.
Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Burkhard Jasper und Martin Bäumer (CDU) geantwortet.
Vorbemerkung der Abgeordneten
Das Institut CUTEC kommt laut dem Gutachten zu folgendem
Ergebnis: „Nutzungseinschränkungen der Schlacken-basierten
Gesteinskörnungen im Straßenbau und deren einhergehende Deponierung
liefe dem Ziel der Reduzierung von zu deponierenden Stoffströmen
entgegen." Zudem sei mit einem Flächenmehrverbrauch in Deutschland bei
der Deponierung und dem zusätzlich Primärabbau von Gesteinen zwischen
385 ha und 985 ha pro Jahr zu rechnen. Was den Ausstoß von Kohlendioxid
angeht, macht das Gutachten folgende Aussage: „Könnten die betrachteten
Schlacken künftig nicht mehr im Straßenbau eingesetzt werden, ist im
Worst Case mit einer Zunahme von rund 44.000 t CO2-Äquivalenten
pro Jahr (Klimaerwärmungspotential, GWP) zu rechnen, da in diesem Fall
mehr Abbau von natürlichen Gesteinen und die Deponierung der Schlacken
erforderlich wäre. Für den Moderate Case kann mit einem Anstieg von rund
17.000 t CO2-Äquivalente pro Jahr gerechnet werden. Zum
Vergleich: Wird die Schlacke weiterhin zum Straßenbau verwendet statt
durch Primärrohstoffe substituiert zu werden, so könnten bei
gleichbleibenden GWP etwa 5.035 km Straße mehr gebaut werden. Diese
Menge an zusätzlichen CO2-Äquivalenten entspricht ca. derselben Menge, die ein Personenfahrzeug (Euro 5, 0,32 kg CO2-Äquivalente/1 km) erzeugen würde, um eine Strecke von rund 137,5 Millionen km zurückzulegen (UMBERTO)."
Aktuell liegt dem Bundesrat der Entwurf für eine „Ersatzbaustoffverordnung" vor, mit dem nach Einschätzung von Experten „große Mengen des derzeit schadlos im Straßen- und Wegebau verwendeten Materials von sinnvollen Verwertungsstrategien ausgeschlossen" werden.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Clausthaler Umwelttechnik-Institut GmbH (CUTEC) hat zunächst im
Auftrag der Aurubis AG, der BENTELER Steel/Tube GmbH, der
Georgsmarienhütte GmbH und der Salzgitter Flachstahl GmbH eine Studie
zur „Bewertung der Substitution von industriellen Nebenprodukten der
Stahl- und Kupfererzeugung durch Primärrohstoffe beim Einsatz im
Straßenbau" (Stand: 17.10.2016) erstellt. Aufbauend darauf wurden die
Ergebnisse dieser Studie im Auftrag der FehS - Institut für
Baustoff-Forschung e. V. - auf das Bundesgebiet übertragen, um eine
weitere Fallgestaltung (Moderate Case) ergänzt und unter dem Titel
„Bewertung der Substitution von industriellen Nebenprodukten der
Stahlerzeugung durch Primärrohstoffe (Stand: 16.02.2017) beim Einsatz im
Straßen- und Wegebau" veröffentlicht
„Die
Beschreibung der Methodenentwicklung und der durchgeführten
Bilanzierungen (Kapitel 5) konnten auf dieses Gutachten übertragen
werden und wurden vollständig aus diesem übernommen." (siehe Seite 1 der
Studie).
Anlass für diese Aufträge war die aktuelle Diskussion über die
Ersatzbaustoffverordnung, mit der einheitliche Anforderungen an die
Bewertung der Schadlosigkeit der Verwertung von mineralischen Abfällen,
dem bundesweit mit Abstand größtem Abfallstrom, eingeführt werden
sollen. In diesem Zusammenhang wird in der Studie folgendes ausgeführt
(siehe Seite 1 der Studie):
„Gerade in der jüngeren Vergangenheit wird eine Diskussion zur
Nutzung dieser industriellen Nebenprodukte geführt, die sich überwiegend
oder sogar allein an stofflichen Grenzwerten festmacht, sei es im
Feststoff oder in definiert erzeugten Eluaten. Aus der Sicht des
Ressourcenschutzes, der einem verantwortungsvollen Umgang mit unseren
natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet ist, greift diese
Diskussionsweise jedoch entschieden zu kurz. Der qualifizierte Umgang
mit der Thematik besteht in der Beantwortung der Frage, inwieweit der
o.g. Einsatz dieser industriellen Nebenprodukte in der Gesamtbilanz
gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen sinnvoll bzw. aus Gründen des
Schutzes der natürlichen Ressourcen geboten ist."
Vor diesem Hintergrund wird in dem Executive Summary unter anderem festgestellt (siehe Seite III der Studie):
„Die Ergebnisse belegen, dass ein alleiniges oder auch nur
weitestgehendes Abstellen auf Aspekte des Boden- und Gewässerschutzes,
wie in der Ersatzbaustoffverordnung vorgesehen, einer ganzheitlichen
Bewertung im Sinne der Ressourceneffizienz eher entgegensteht. Durch
eine ressourcenbezogene Betrachtungsweise wird ein ganzheitlicher
Abwägungsprozess verhindert. Sollten bspw. festgelegte Grenzwerte oder
sonstige Einbaubedingungen zu einer verminderten Nutzbarkeit der hier
betrachteten Schlacken aus der Stahlindustrie führen, gingen damit eine
Vielzahl weiterer, negativer Umweltwirkungen wie z. B. der Verbrauch von
fossilen Energieträgern oder die Bildung von Sommersmog einher."
Es ist nach Auffassung der Landesregierung unstreitig, dass die Verwertung von mineralischen Abfällen einen Beitrag leistet
Dieses hat die Landesregierung in ihrer Antwort vom 17.03.2016
(Drucksache 17/5452) auf die Kleine Anfrage „Hat recycelter Bauschutt im
Sinne der Nachhaltigkeit eine Chance?" der Abgeordneten Bernd-Carsten
Hiebing, Martin Bäumer und Frank Oesterhelweg (CDU) bestätigt:
„Ein nachhaltiger und schonender Umgang mit Rohstoffen ist ein
wichtiges Ziel der Landesregierung. Dazu gehört auch die Substitution
von mineralischen Primärrohstoffen durch Recyclingbaustoffe und andere
mineralische Ersatzbaustoffe (z. B. Aschen und Schlacken). Das Recycling
von Bauschutt hat daher einen hohen Stellenwert und leistet einen
Beitrag zur Reduzierung von Eingriffen in die Umwelt, die durch den
Abbau mineralischer Rohstoffe und durch die Ablagerung von Abfällen auf
Deponien entstehen."
Allerdings hat sie in diesem Zusammenhang auch auf die Grenzen des Recyclings hingewiesen:
„Der Einsatz von Substitutionsstoffen hat allerdings ökologische und
ökonomische Grenzen. Dieses gilt auch für mineralische Abfälle, die
aufgrund ihrer Entstehung oder ihrer vorherigen Nutzung zum Teil
erheblich mit Schadstoffen belastet sein können (z. B. pechhaltiger
Straßenaufbruch, mineralische Abfälle aus der Erneuerung von
Bahnstrecken und dem Abbruch von Industrieanlagen). Hierzu zählen auch
mineralische Abfälle aus Umweltschutzmaßnahmen (z. B. Sanierung von
Altlasten). ... Damit die daraus resultierenden Probleme im Sinne eines
nachhaltigen Wirtschaftens nicht an nachfolgende Generationen
weitergegeben werden, kann es zu Anwendungsbeschränkungen für
Recyclingbaustoffe kommen (z.B. kein Einsatz in Wasserschutzgebieten,
Einbau nur mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen), die eine
Substitution von Primärrohstoffen durch Recyclingbaustoffe nicht in
allen Anwendungsbereichen zulassen."
Vor diesem Hintergrund ist es zwar nicht zu beanstanden, die
positiven Effekte der Substitution von Primärrohstoffen durch
Ersatzbaustoffe für unterschiedliche Szenarien auf der Grundlage einer
Ökobilanz zu ermitteln. Die Erstellung einer Studie im Zusammenhang mit
einem aktuellen Rechtsetzungsverfahren setzt jedoch zwingend voraus,
dass die Vorgaben des europäischen und des nationalen Rechts in vollem
Umfang beachtet und reflektiert werden (siehe unten). Dieses hat der
Gutachter jedoch vollständig unterlassen.
Nicht begründbar und fachlich nicht nachvollziehbar ist die Annahme
eines Worst Case, bei dem der Gutachter davon ausgeht, dass sämtliche in
Deutschland anfallenden Schlacken aufgrund der Festlegungen in der
Ersatzbaustoffverordnung zukünftig nicht mehr verwertet werden können.
Die in der Ersatzbaustoffverordnung festgelegten Anforderungen liefern
überhaupt keine Grundlage für eine derartige Annahme. Auch für die
Annahme im Moderate Case, Schlacken der Materialklassen HOS-2, SWS-2,
SWS-3, EDS-2 und EDS-3 könnten zukünftig aufgrund der Festlegungen in
der Ersatzbaustoffverordnung nicht mehr verwertet werden, gibt es keine
belastbare Grundlage, da in der Ersatzbaustoffverordnung für diese
Materialklassen kein Verwertungsverbot ausgesprochen wird, sondern
Anforderungen festgelegt werden, unter denen Schlacken dieser
Materialklassen verwertet werden können.
Entstellend ist zudem, dass die vom Bundesumweltministerium im
Zusammenhang mit der Mantelverordnung prognostizierten
Stoffstromverschiebungen in Richtung Deponie in Höhe von 10 bis 13
Millionen Tonnen, die vor allem aus der Verschiebung von Abfallströmen
resultieren, die derzeit im Zusammenhang mit Verfüllung von Abbaustätten
verwertet werden, mit nicht näher konkretisierten
Nutzungseinschränkungen für die Verwertung von Schlacken verknüpft
werden (Seite IV der Studie).
Das heißt, weder die aktuellen noch die zurzeit diskutierten
Regelungen können als Grundlage für eine solche Annahme herangezogen
werden. Vielmehr lassen die Regelungen auch weiterhin den Einsatz von
Schlacken aus der Metallerzeugung im qualifizierten Straßenbau zu.
Vor diesem Hintergrund bieten folgende Aussagen in dem „Executive
Summary" auf den Seiten III und IV aufgrund fehlerhafter Annahmen keine
geeignete Grundlage für eine inhaltliche Bewertung der
Ersatzbaustoffverordnung:
Unter Bezug auf die Aussagen dieser Studie fordert das FehS-Institut
in einer Presseerklärung die Bundesregierung auf, bei der Betrachtung
der Umweltauswirkungen einen ganzheitlichen Ansatz zu wählen, der sowohl
Boden- und Gewässerschutz als auch Kreislaufwirtschaft und
Ressourcenschutz ausgewogen berücksichtigt.
Unabhängig von den fehlerhaften Annahmen, aus denen die Ergebnisse
dieser Studie resultieren, gibt es für eine derartige Abwägung oder
Verrechnung von Umwelteinwirkungen beim Erlass der
Ersatzbaustoffverordnung weder in der Abfallrahmenrichtlinie noch im
Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine rechtliche Grundlage. Sie wäre
auch nicht sachgerecht, weil dadurch Schutzgüter gegeneinander
verrechnet werden müssten. Dieses könnte unter Umständen dazu führen,
dass eine Boden- und Grundwasserverunreinigung z. B. durch die
Verwendung von Schlacke für die Zuwegung zu einer Windkraftanlage
deshalb hinzunehmen wäre, weil dadurch Primärrohstoffe substituiert
werden würden und mit der Windkraftanlage emissionsfrei Energie erzeugt
werden würde.
Die Abfallrahmenrichtlinie und das KrWG enthalten in diesem
Zusammenhang eindeutige Vorgaben, die eine Verrechnung unterschiedlicher
Umweltbelange nicht zulassen.
Die Verwertung von Abfällen ist gemäß Artikel 10 in Verbindung mit
Artikel 13 der Abfallrahmenrichtlinie sowie gemäß § 7 Abs. 3 KrWG nur
dann zulässig, wenn sie schadlos ist. § 7 Abs. 2 KrWG verpflichtet zwar
die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen im Hinblick auf das Ziel der
Substitution von Primärrohstoffen durch Abfälle, diese zu verwerten
(Vorrang der Verwertung = Aspekt der Schonung der natürlichen
Rohstoffreserven). Diese Pflicht steht jedoch unter dem Vorbehalt der
Schadlosigkeit (§ 7 Abs. 3 KrWG, Aspekt der Schonung der Medien Boden,
Wasser, Luft sowie von Pflanzen und Tieren). Auch bei den Prüfkriterien
für den Entfall des Vorrangs der Verwertung in § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3
KrWG, die gemäß § 7 Abs. 2 KrWG dieser Prüfung zugrunde zu legen sind,
ist das Ziel der Schonung der natürlichen Ressourcen in diesem Sinne zu
berücksichtigen. Eine Abfallverwertung zu Gunsten hoher
Verwertungsquoten und zu Lasten des Boden- und Grundwasserschutzes
verstößt daher gegen Grundpflichten des KrWG. Eine Freistellung der
Kreislaufwirtschaft vom Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen - und
damit die Bevorzugung der Abfallverwertung gegenüber dem Schutz der
Umwelt - ist nicht mit der Staatszielbestimmung des Artikels 20 a des
Grundgesetzes vereinbar.
Vor diesem Hintergrund bildet diese Studie keine sachgerechte Grundlage für eine inhaltliche Diskussion über die in der Ersatzbaustoffverordnung festgelegten Anforderungen, weil die geltenden rechtlichen Vorgaben ignoriert und die gewählten Fallgestaltungen fachlich nicht zu begründen sind.
1. Wie schätzt die Landesregierung die derzeitige Situation für qualitätsgeprüfte Schlacken aus Verhüttungsprozessen ein?
In der Euwid Recycling und Entsorgung 37.2017 wird die aktuelle
Situation der Verwertung von Eisenhüttenschlacken auf der Grundlage
einer Statistik der FehS beschrieben. Danach fielen Im Jahr 2016 5,12
Millionen Tonnen Stahlwerksschlacken (2015: 5,38) an. Davon wurden 2,74
Millionen Tonnen (2015: 2,85) als Baustoffe verwertet. Auf Deponien
wurden 0,76 Millionen Tonnen (2015: 0,71) abgelagert.
Da es im Bereich des Straßenbaus derzeit eine Verlagerung vom Neubau zur Unterhaltung gibt, werden die tiefer liegenden Tragschichten zurzeit in geringerem Umfang erneuert mit der Folge, dass die Masse an Stahlwerkschlacken, die für den Einbau in derartigen Schichten geeignet sind, zurückgeht.
2. Steht die Landesregierung hinter dem Ziel der
Bundesregierung, Schlacken zukünftig nicht mehr im Straßenbau zu
verwenden, und, wenn ja, warum?
Die Landesregierung kann nicht erkennen, dass die Bundesregierung das Ziel verfolgt oder mit der Ersatzbaustoffverordnung die Voraussetzungen dafür schaffen möchte, dass Eisenhüttenschlacken oder andere Schlacken aus der Metallerzeugung zukünftig nicht mehr im Straßenbau verwendet werden dürfen.
3. Hält die Landesregierung unter dem Aspekt des
Flächenverbrauchs und des Klimaschutzes die Deponierung von Schlacken
für sinnvoll und, wenn ja, warum?
Eisenhüttenschlacken und andere Schlacken aus der Metallerzeugung sind aufgrund der Abfallhierarchie vorrangig zu verwerten, wenn die diesbezüglichen gesetzlichen Anforderungen insbesondere im Hinblick auf die Schadlosigkeit der Verwertung erfüllt werden (§ 7 Abs. 3 KrWG). Ordnungsgemäß und schadlos verwertete Schlacken aus der Metallerzeugung leisten durch die Substitution von Primärrohstoffen auch einen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen und des Flächenverbrauches. Auch wenn Schlacken, die die materiellen Anforderungen an den Schutz der Umwelt (§ 7 Abs. 3 KrWG) nicht einhalten, einen entsprechenden Beitrag leisten würden, ist deren Verwertung nicht zulässig (siehe Vorbemerkung).
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Pressemitteilung des Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
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