Ein Jahr Rücknahmepflicht von Elektroschrott
Deutsche Umwelthilfe belegt katastrophale Umsetzung und geht rechtlich gegen Aldi, Lidl, Edeka und Co. vor
- DUH-Testbesuche in Supermärkten und Drogerien
decken auf: In mehr als der Hälfte der getesteten Filialen konnte kein
Elektroschrott abgegeben werden
- Rückgabe von Elektrogeräten überwiegend
verbraucherunfreundlich; gesetzliche Informationen zur Rückgabe zumeist
nicht vorhanden oder schlecht umgesetzt
- Vollzugsbehörden müssen Rücknahmepflichten
endlich kontrollieren und Umweltministerin Lemke muss Vorgaben für den
Handel nachbessern
Die seit dem 1. Juli 2022 geltende Rücknahmepflicht von
Elektroschrott für größere Super- und Drogeriemärkte wird schlecht oder
gar nicht umgesetzt. Das ist das Ergebnis von Testbesuchen der Deutschen
Umwelthilfe (DUH) im Zeitraum von Mai bis Juni 2023. Dabei wurden
stichprobenartig 38 Filialen von 14 Supermarkt- und Drogeriemarktketten
getestet. Weil bei mehr als der Hälfte der untersuchten Märkte keine
Elektroaltgeräte zurückgegeben werden konnten, geht die DUH rechtlich
gegen Aldi-Nord, Aldi-Süd, Lidl, Edeka, Rewe, Netto Marken-Discount,
Netto Nord, Penny, real, dm und Rossmann vor. Die Unternehmen sollen
sich dazu verpflichten, die festgestellten Verstöße gegen die
Rücknahmepflicht abzustellen und für die Zukunft auszuschließen. In
keinem einzigen der getesteten Märkte konnte die DUH außerdem ein gutes
Informations- und Rücknahmekonzept für Elektroschrott feststellen.
Die
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation fordert die für den Vollzug
zuständigen Landesbehörden dazu auf, die Rücknahme- und
Informationspflichten des Handels endlich zu kontrollieren und Verstöße
konsequent zu sanktionieren. Von Bundesumweltministerin Steffi Lemke
fordert die DUH verbesserte Vorgaben zur Rücknahme von Elektroschrott
für die anstehende Novellierung des Elektrogesetzes. Supermarktfilialen
versuchen immer wieder, sich mit ihrer vermeintlich zu kleinen
Gesamtverkaufsfläche aus der Verantwortung zu ziehen. Die DUH fordert
daher eine kostenlose Rücknahmepflicht für Elektrogeräte unter 50 cm
Kantenlänge ab mindestens 100 Quadratmeter statt 800 Quadratmeter
Gesamtverkaufsfläche für den gesamten Handel.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Es
ist ein Armutszeugnis, dass wir trotz einer gesetzlichen
Rücknahmepflicht in mehr als der Hälfte aller von uns getesteten
Supermarkt- und Drogeriemarktfilialen keine Elektroaltgeräte abgeben
konnten. Wir sehen bei den betroffenen Märkten eine massive
Blockadehaltung gegen geltende Gesetze. Gegen dieses verantwortungslose
Verhalten müssen die Vollzugsbehörden der Bundesländer endlich
konsequent vorgehen und auch Umweltministerin Steffi Lemke muss die
Rücknahme- und Informationspflicht für den Handel konkretisieren und
ausweiten. Die Sammelquote für Elektroschrott in Deutschland ist mit nur
39 Prozent katastrophal schlecht, obwohl die gesetzliche Vorgabe bei 65
Prozent liegt. Die sachgerechte Sammlung und Entsorgung von
Elektroaltgeräten ist besonders umweltrelevant – denn sie enthalten
nicht nur Wertstoffe für ein Recycling, sondern auch Schadstoffe wie
Flammschutzmittel, Schwermetalle oder leicht entzündbare Akkus. So lange
verantwortliche Landesbehörden Rücknahmepflichten nicht oder nur
unzureichend überprüfen, werden wir auch weiterhin Supermärkten und
Drogerien bei der Einhaltung von Umweltgesetzen auf die Finger schauen.“
Neben
Verstößen gegen die gesetzliche Rücknahmepflicht wurden
Verbraucherinnen und Verbraucher zumeist schlecht oder gar nicht über
die Rückgabe aufgeklärt. Die Rücknahme an der Kasse führte in vielen
Fällen zu unangenehmen Situationen und ein Großteil des Personals war
schlecht geschult. Zurückgenommene Geräte wurden außerdem teilweise lose
und unsachgemäß im Kassenbereich zwischengelagert. Dies ist besonders
bei quecksilberhaltigen Energiesparlampen oder Geräten mit
Lithium-Ionen-Akku gefährlich und höchst bedenklich.
Viktor Miruchna, Referent Kreislaufwirtschaft bei der DUH: „Damit
Verbraucherinnen und Verbraucher Altgeräte überhaupt zurückgeben,
müssen sie darüber informiert sein, wie und wo sie ihre Geräte abgeben
können. In zwei Drittel der von uns getesteten Märkte wurden Kundinnen
und Kunden entweder gar nicht oder nicht ausreichend über das
Rücknahmeangebot informiert – darunter dm, Kaufland, Penny, Lidl oder
Rewe. Ein einziges Schild im gesamten Markt oder leicht übersehbare,
versteckte und kleine Schilder sind nicht akzeptabel. Das Elektrogesetz
schreibt zwar eine gute Sichtbarkeit der Informationstafeln vor, aber es
braucht eine klarere gesetzliche Präzisierung zur Umsetzung, zum
Beispiel bei der Mindestgröße und Platzierung der Informationsschilder.“
Eine
verbraucherfreundliche Rücknahmepraxis von alten Elektrogeräten gelingt
mit Hilfe von professionellen Sammelbehältnissen in der Nähe des
Kassenbereiches oder durch eine persönliche Abgabe bei Mitarbeitenden.
Ein Blick des Kassenpersonals auf die Sammelbehälter ist zwingend
notwendig, um sowohl Fehleinwürfe oder eine Beraubung zu verhindern. Um
lange Wartezeiten zu vermeiden, braucht es außerdem ausreichend
geschultes Personal. Entscheidende Kriterien für eine sachgerechte
Sammlung sind Praktikabilität, Brandschutz, Beraubungssicherheit und die
Möglichkeit einer zerstörungsfreien Erfassung.
Copyright: | © zeo2 - Deutsche Umwelthilfe e. V. (29.06.2023) |
|
|