Mikroverunreinigungen: Startschuss zum Ausbau der Kläranlagen

Rückstände von organischen Chemikalien in unseren Flüssen und Seen können sich nachteilig auf Wasserlebewesen und Trinkwasserressourcen auswirken. Um die Belastung durch solche Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu reduzieren, werden in den kommenden Jahren ausgewählte Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe nachgerüstet. Das vorliegende Dossier listet die wichtigsten Fakten zum laufenden Ausbau der Kläranlagen, zur Finanzierung sowie zu den Auswirkungen auf.

In unserem Alltag kommen Tausende von organischen Chemikalien - wie etwa Medikamente, Reinigungsmittel oder Pestizide - zum Einsatz. Rückstände dieser Stoffe gelangen nach der Anwendung zum Teil als Mikroverunreinigungen in die Gewässer. Hier können sie sich nachteilig auf Wasserlebewesen auswirken und die Trinkwasserressourcen belasten. Beim Eintrag solcher Spurenstoffe spielen auch diffuse Quellen eine wichtige Rolle. So stammen zum Beispiel die Pestizide mehrheitlich aus Abschwemmungen von landwirtschaftlich genutzten Flächen. Dagegen werden Medikamente und weitere Chemikalien zu einem Grossteil mit dem Abwasser aus kommunalen Kläranlagen in die Gewässer eingeleitet. Trotz einem guten Ausbaustandard können die Abwasserreinigungsanlagen (ARA) derartige Rückstände aktuell noch kaum eliminieren.

Im Rahmen einer Revision des Gewässerschutzgesetzes hat das Parlament deshalb im Jahr 2014 die Grundlagen geschaffen, um ausgewählte Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Entfernung von Mikroverunreinigungen auszurüsten. Die neuen Bestimmungen gelten seit dem 1. Januar 2016 und verfolgen drei wichtige Ziele:

  • Schutz der Tier- und Pflanzenwelt;
  • Qualitätssicherung der Trinkwasserressourcen;
  • Reduktion der ins Ausland abgeleiteten Menge an Spurenstoffen. Als Oberlieger trägt die Schweiz eine besondere Verantwortung gegenüber flussabwärts liegenden Ländern.

Weniger Mikroverunreinigungen dank ARA-Ausbau

Die Massnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität orientieren sich an den drei Hauptzielen. Um die Tier- und Pflanzenwelt besser zu schützen, will man zum Beispiel Kläranlagen an Fliessgewässern mit einem hohen Abwasseranteil ausbauen. Die geplante ARA-Nachrüstung im Einzugsgebiet von Seen dient primär dem Schutz der Trinkwasserressourcen, verbessert aber beispielsweise auch die Qualität der Seen als Badegewässer. Und mit dem Ausbau der grössten ARA wird in erster Linie die Gesamtmenge unerwünschter Spurenstoffe effizient vermindert.
Die Massnahmen erfolgen also dort, wo sie am dringendsten sind und dem Gewässerschutz am meisten nützen. Entsprechende Vorgaben im Gesetz garantieren damit einen optimalen Einsatz der finanziellen Mittel.

Klare Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen

Für die Bestimmung der auszubauenden ARA und die Umsetzung der erforderlichen Gewässerschutzmassnahmen sind die Kantone verantwortlich. Dabei müssen sie sich an die in der Gewässerschutzverordnung des Bundes definierten Kriterien halten. Die Kantone geben den Inhabern der ARA die Fristen zur Umsetzung vor, lösen die Arbeiten aus und überprüfen im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens, ob die von den Betreibern erarbeiteten Massnahmen ausreichen. Im Auftrag der ARA-Inhaber tragen die Kantone zudem die Verantwortung für das Einreichen der Gesuche um Bundesabgeltung beim Bundesamt für Umwelt (BAFU).

Die Eigentümer der Kläranlagen setzen die Massnahmen um und orientieren sich an den Vorgaben der Kantone sowie des Bundes. Die Wahl der geeigneten Technologie steht ihnen grundsätzlich frei. Gemäss den bisherigen Erfahrungen kommen für die zusätzliche Reinigungsstufe am ehesten Verfahren mit Ozon oder Pulver-Aktivkohle in Frage.

Das BAFU unterstützt die Kantone beim Vollzug und ist verantwortlich für die Erhebung der Abgabe und die Auszahlung der Bundesbeiträge. Es beurteilt nach einheitlichen Kriterien, ob die einzelnen Gesuche abgeltungsberechtigt sind und stützt sich dabei auf die Beurteilung der Kantone.

Nationale Finanzierung der Massnahmen

Im Interesse einer gerechten Kostenverteilung hat sich das Parlament für eine verursachergerechte Finanzierung auf nationaler Ebene entschieden. Aufgrund der neuen Regelungen muss zwar nur eine begrenzte Anzahl von ARA-Betreibern Investitionen für die Elimination der Spurenstoffe tätigen. Doch letztlich profitiert die gesamte Bevölkerung von einer Reduktion der Mikroverunreinigungen in den Gewässern.

Unabhängig davon, ob eine ARA ausgebaut werden muss oder nicht, bezahlen deshalb künftig alle Kläranlagen in einen vom BAFU verwalteten Fonds ein. Die jährliche Abgabe beträgt aktuell 9 Franken pro angeschlossenen Einwohner und wird am 1. Juni 2016 erstmals bei allen ARA in der Schweiz erhoben.
Der Bund rechnet mit durchschnittlichen Einnahmen von 50 Millionen Franken pro Jahr, wobei der Fonds auf 25 Jahre befristet ist. Die Mittel dienen dazu, 75 Prozent der Investitionskosten von anerkannten Ausbauprojekten zu finanzieren. Nach der Nachrüstung mit einem zusätzlichen Reinigungsverfahren tragen die ausgebauten Kläranlagen zu einer besseren Wasserqualität unserer Gewässer bei. Weil die ARA dadurch auch höhere Betriebskosten zu tragen haben, werden sie nach einem Ausbau von der Abgabe befreit.

Auswirkungen auf die Verursacher

Die Mehrkosten für den neuen Fonds auf Bundesebene entsprechen etwa 3 Prozent des heutigen Gesamtaufwandes für die Abwasserentsorgung. Die ARA-Betreiber wälzen diese Abgabekosten auf die angeschlossenen Gemeinden ab, welche sie in Form von Gebühren wiederum den einzelnen Haushalten und Betrieben weiterverrechnen.

Das BAFU empfiehlt, die Abgabe als zusätzlichen Kostenfaktor für die Kläranlage zu betrachten. Anhand bestehender ARA-Betriebskostenverteiler und Gebührenmodelle lässt sich dieser Ausgabeposten einfach weiterverrechnen.

Elimination der Mikroverunreinigungen um bis zu 80 Prozent

Die Nachrüstung der Kläranlagen wird bis Ende 2040 aus Fondsgeldern finanziert. Schon heute arbeiten mehrere ARA-Betreiber an Projekten zur Elimination von Mikroverunreinigungen. Zwei Anlagen haben die erforderliche Reinigungsstufe bereits installiert. So funktioniert die ARA Neugut in Dübendorf (ZH) seit März 2014 mit einer Ozonbehandlung, während die ARA Bachwis in Herisau (AR) das Abwasser vor der Einleitung in die Glatt seit Juni 2015 mit Pulver-Aktivkohle filtert. Beide Anlagen reduzieren die Mikroverunreinigungen im Dauerbetrieb wie gewünscht um 80 Prozent.




Copyright: © ASK-EU (19.05.2016)
 
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