Nachhaltige Wasserversorgung für BrasÃlia
Leipzig/BrasÃlia/São Paulo. Die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Brasilien hat eine gute und fast 40-jährige Tradition. Das unterstreicht auch die Umwelttechnologiemesse ECOGERMA, die vom 12. bis 15. März 2009 in São Paulo stattfindet und gemeinsam von Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Sérgio Machado Rezende, dem brasilianischen Minister für Wissenschaft und Technologie, eröffnet wird. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) stellen dort auf dem Gemeinschaftsstand der Bundesregierung unter anderem "IWAS Àgua DF" vor.
Das deutsch-brasilianische Projekt wurde erst zwei Tage zuvor im Beisein des Gouverneurs von BrasÃlia José Roberto Arruda und des Gesandten der Deutschen Botschaft in Brasilien Hermann Sausen offiziell gestartet wurde. IWAS steht für die Internationale WasserforschungsAllianz Sachsen. Àgua ist das portugiesische Wort für Wasser. DF heißt Distrito Federal und gemeint ist der Bundesdistrikt BrasÃlia, die Hauptstadt Brasiliens.
Bild: Staudamm des Rio Descoberto. Mehr als 90 Prozent des Trinkwassers im Bundesdistrikt werden bislang aus dem 25 km von BrasÃlia entfernten Staudamm des Rio Descoberto
und aus dem Rio Paranoá gewonnen. Foto: Patricia Roeser/UFZ
Mit IWAS wollen das UFZ und die Technische Universität Dresden unter Einbindung regionaler und internationaler Forschungs- und Industriepartner angepasste Systemlösungen für die jeweiligen Wasserprobleme in fünf Modellregionen der Welt - Lateinamerika, Osteuropa, Zentralasien, Südostasien und dem Mittleren Osten - entwickeln. IWAS Àgua DF hat das Ziel, unter Federführung des UFZ und der TU Dresden und in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität BrasÃlia sowie dem regionalen Wasserver- und Entsorger CAESB ein Wassermanagementkonzept für BrasÃlia zu entwickeln. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert; den Projektpartnern stehen zunächst bis Ende 2010 knapp eine Millionen Euro zur Verfügung.
BrasÃlia, die Hauptstadt Brasiliens, wurde 1960 gegründet. Die Stadt wurde innerhalb von vier Jahren aus dem Nichts buchstäblich aus dem Boden gestampft. Sie liegt im Distrito Federal do Brasil (Bundesdistrikt), zu dem heute 18 Satellitenstädte gehören, die unter anderem aus Arbeiterquartieren, (Zwangs-)Um- oder Neuansiedlungen entstanden sind. Die Bevölkerung entwickelte sich in der Metropolregion in den letzten fünf Jahrzehnten rasant. Lebten 1950 erst 36.000 Menschen dort, sind es heute mit etwa 2,5 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 5822 Quadratkilometer fast 70 Mal so viele. Der Bundesdistrikt ist kein zusammenhängendes Stadtgebiet, sondern ist mit seiner recht geringen Bevölkerungsdichte und den dominierenden Agrarflächen eher mit einem kleinen Bundesstaat vergleichbar - er ist mehr als doppelt so groß wie das Saarland. BrasÃlia liegt auf dem zentralen Hochplateau des Landesinneren in 1158 Metern Höhe und in der tropischen Klimazone. Die Jahresdurchschnitts-Temperatur der Stadt beträgt 20,7 Grad Celsius, die Jahresniederschlagssumme 1555 Millimeter. Die monatlichen Durchschnittswerte der Temperatur unterscheiden sich kaum. Trotz dieser hohen Jahresniederschläge kommt es durch die ausgeprägten Unterschiede zwischen Regen- und Trockenzeit zu saisonalen Problemen mit der Wasserversorgung.
Die Folgen des rasanten Bevölkerungswachstums und des Klimawandels in den kommenden Jahren werden zu einem Defizit zwischen Trinkwasserangebot und -bedarf führen. Mehr als 90 Prozent des Trinkwassers im Bundesdistrikt werden bislang aus dem 25 km von BrasÃlia entfernten Staudamm des Rio Descoberto und aus dem Rio Paranoá gewonnen. Berechnungen der CAESB zufolge, denen der derzeitige Pro-Kopf-Verbrauch bei gleichbleibendem Bevölkerungswachstum zugrunde liegt, wird bereits im Jahr 2010 die derzeit produzierbare Wassermenge den Bedarf nicht mehr decken. Aus diesem Grunde ist es notwendig, szenarienbasierte Konzepte zur Sicherstellung der Wasserversorgung in BrasÃlia zu entwickeln. Hierbei sind alle Aspekte von der Einsparung über die Erschließung neuer Grund- und Oberflächenwasservorkommen bis zur Nutzung gereinigten Abwassers in die Ãœberlegungen einzubeziehen. "Eine reine Raumstation-Lösung, die Aufbereitung von Abwasser zu Trinkwasser nämlich, ist für eine Millionenmetropole natürlich illusorisch", sagt Holger Weiß, der seitens des UFZ das Projekt koordiniert. Deutsche und brasilianische Projektpartner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik haben sich deshalb vom 2. bis 11. März in BrasÃlia im Rahmen eines Workshops zusammengesetzt und erste Pläne für die zehn Arbeitsgruppen geschmiedet. Wie sehen die Klimaszenarien für den Bundesdistrikt aus und welche regionalen Folgen sind zu erwarten? Welcher Landnutzung und welchem Landnutzungswandel unterliegt die Region? Wie sehen der Wasserkreislauf und die Gesamtwasserbilanz von BrasÃlia aus? Welche Ressourcen können unter welchen Bedingungen zusätzlich genutzt werden? Welche Funktionen haben Böden und Sedimente und wie interagieren sie mit dem Oberflächen- und Grundwasser? Wie steht es um die Qualität von Wasserressourcen und Trinkwasser? Sind die Kapazitäten und Leistungen der Abwasserreinigungsanlagen ausreichend? Wie können der Wasserhaushalt modelliert und Szenarien entwickelt werden? Welche Daten und Informationen werden dafür benötigt? Ziel des Projektes IWAS Àgua DF ist ein Intergiertes Wasserressourcen-Management (IWRM) für BrasÃlia, das neben technischen Lösungsmöglichkeiten auch verbesserte Wasserpolitikansätze und Entscheidungshilfen beinhalten soll. Die Zeit drängt; bereits im kommenden Jahr müssen die ersten Forschungsergebnisse in die Verbesserung der Trinkwasserversorgung einfließen.
Das internationale Interesse am deutschen Wasser-Know-How ist groß. Die Bündelung herausragender regionaler Kompetenzen im Wasserbereich in IWAS ist ein Beispiel dafür, wie die regional und thematisch punktuell zwar starken, jedoch auch sehr fragmentierten Kompetenzen der deutschen Wasserforschung in einer Adresse gebündelt werden können, um Fragen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gezielter und effizienter zu beantworten. Ein weiteres Beispiel ist die Wasser-Allianz Metropolregion Stuttgart (WAMS) - ein Kompetenzverbund zwischen UFZ und Wasserexperten des Kompetenzzentrums "Environmental Science and Technology" (Universitäten Stuttgart, Tübingen und Hohenheim). Sie hat das Ziel, das Prozessverständnis von Stoffströmen im Wasserkreislauf zu verbessern sowie Monitoring-, Modellierungs- und Managementstrategien zu entwickeln. Weitere regionale Wasserforschungsallianzen, jeweils mit einem Helmholtz-Institut als Partner, sollen folgen.
Doris Böhme
Weitere fachliche Informationen:
Prof. Holger Weiß
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Telefon: 0341-235-1253
http://www.hdg.ufz.de/index.php?de=1634
oder
Doris Böhme (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1269
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