Gebäude effektiver kühlen, Zisternenwasser verdunsten
Wenn Kosten, Energie und Ressourcen gespart werden sollen, ist Regenwasser ideal und bietet im Vergleich zur Kühlung mit Trinkwasser mehrfach Vorteile. Die Gebühr für das Trinkwasser und für die Ableitung von Niederschlagswasser entfällt. Regenwasser muss nicht enthärtet bzw. entsalzt werden und spart so weitere Betriebskosten für Aufbereitung und für Ableitung von Abwasser. Das Vermeiden der damit verbundenen Stoffströme und der erforderlichen Energie ist Umwelt- und Klimaschutz.
Versiegelte, Wasser durchlassige Flachen wie Dacher und Strasen verschlechtern das Mikroklima durch die Anderung der Strahlungsbzw. Energiebilanz. Eine Folge ist die Erhohung der Temperaturen im engeren Gebaudeumfeld und ein unbehagliches Raumklima bzw. die Erhohung des Energiebedarfs bei der Gebaudeklimatisierung. Wird Regenwasser gespeichert und zur Kuhlung genutzt, kann dieser Effekt kompensiert werden. Urbane Hitze-Inseln Mit dem Niederschlagswasser als Rohstoff fur die Gebaudekuhlung sind Synergien zu erzielen. Da Regen einen geringen Salz-/Kalkgehalt aufweist, kann eine Entsalzung, die Chemikalien verbraucht und Abwasser produziert, entfallen. Bei der Verwendung von Regenwasser anstelle von Trinkwasser in den Klimaanlagen wird so zugleich Frischwasser und Abwasser gespart. Auserdem gelangt Regenwasser vor Ort wieder in den naturlichen Wasserkreislauf von Verdunstung und Niederschlag zuruck. Dies hat erhebliche positive Auswirkungen auf das lokale Mikroklima und reduziert durch Verdunstungs- und Kondensationsprozesse das Phanomen der globalen Erwarmung. In der Physik wird die zur Verdunstung eines Kubikmeters Wasser erforderliche Energie mit 680 kWh/m3 angegeben. Dieser Wert bezieht sich auf die Verdunstung bei 30 °C. Bei 100 °C sind es noch 630 kWh/m3. In Stadtzentren wird die Solarstrahlung statt in Verdunstung von Wasser in fuhlbare Warme und langwellige Strahlung umgesetzt. „Gebaude in Stadten sind von diesem urbanen Hitzeinseleffekt betroffen; innere Warmelasten werden in den Sommermonaten nicht ausreichend abgefuhrt“, beklagt Marco Schmidt. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fur Architektur der Technischen Universitat Berlin und stellt weiter fest: „ie Losung ist in der Regel eine Klimaanlage, bei der die Kalte technisch uber Strom erzeugt wird. In der Gesamtbilanz entsteht hierbei allerdings nicht Kalte im eigentlichen Sinne, sondern es findet eine Verschiebung von Energie statt. Warme wird uber eine Warmepumpe einer Seite entzogen und auf ein anderes Medium ubertragen. Bei Einbeziehen der gesamten Energieumwandlung wird insgesamt mehr Warme erzeugt als Kalte. Gebaude uber Strom zu kuhlen verscharft also das Problem der urbanen Hitzeinsel.“ Was sind die Alternativen?
Spülen und Kühlen mit Regenwasser im Krankenhaus
Ein breit gefachertes medizinisches
und pflegerisches Angebot und die zurzeit 577 Planbetten machen das Klinikum Bad Hersfeld zu dem medizinischen Kompetenzzentrum fur Ost- und Mittelhessen. Besonders effektiv ist die Kuhlung von Vakuumpumpen fur die Sterilisation. Wurden fruher der Betriebsanleitung des Sterilisatoren-Herstellers folgend innerhalb eines Jahres 4000 m3 enthartetes Trinkwasser genutzt und anschliesend warm in die Kanalisation eingeleitet, so wird heute Regenwasser im geschlossenen Kreislauf durch die Zisterne geleitet, wo die Abwarme aufgenommen wird. Entnommen wird Regenwasser fur den Verdunstungsausgleich eines Teiches, fur Bewasserung sowie Toilettenspulung. Der Jahresausgleich liegt bei 2948 m3. In der Zukunft sind Erweiterungen des Systems bei Neu- und Umbaumasnahmen geplant fur weitere 100 Toiletten. Bedarf und Ertrag an Regenwasser wird ausgeglichen sein, der Speicher soll um 10 m3 erweitert werden. Die dadurch erzielbare Einsparung beziffert Kohlrenken mit voraussichtlich 5373 Euro zusatzlich pro Jahr, in 20 Jahren 107 465 Euro. Die Investitionen werden zwischen 31 500 Euro und 58000 Euro betragen. Daraus resultiert eine Amortisationszeit von 6–11 Jahren. Kühlen mit Zisternenwasser in der Getränkeproduktion Das Bio-Hotel Panorama in Mals/ Sudtirol verarbeitet einheimische Obstsorten nicht nur in der Kuche. Inhaber Frieder Steiner prasentiert bei der Schnaps-Verkostung Steinobst- und Kernobst-Edelbrande aus eigener Produktion. Zur Kuhlung der Destillerie hat er einen Wasserkreislauf zwischen Zisterne und Brennerei installiert. Im unterirdischen Speicher mit 20 m3 Fassungsvermogen „verliert“ sich die Warme schnell ins Erdreich. Auf nachhaltig, okologisch und regional setzte Hotelier-Familie Steiner auch schon beim Anbau des Gastehauses im Jahre 1999 und erhielt dafur 2003 den 1. Okologiepreis Vinschgau sowie im Mai 2007 die Zertifizierung „limahaus B plus“ der Provinz Bozen. Neumarkter Lammsbrau hat 380 Jahre Brautradition und ist heute ein konsequent okologischer Getrankehersteller mit 80 Mitarbeitern. Wasser ist hier das Produktionsmittel Nr. 1 und wird sorgsam behandelt, wo moglich gespart. Deshalb sammelt der Betrieb seit dem Jahr 2000 fur die hauseigenen Kuhlanlagen die Niederschlage von mehreren Flachdachern mit insgesamt 1985 m2, fuhrt sie uber Dachrinnen und eine spezielle Filteranlage zusammen und speichert sie in Edelstahltanks mit 55 m3 Gesamtvolumen. Von dort wird das kalkfreie Regenwasser ohne weitere Behandlung in Kuhlkondensatoren eingespeist. Die Material-Investition dafur betrug rund 5000 Euro. Soweit das Regenwasser reicht, spart das Unternehmen die Enthartung des ansonsten verwendeten Brunnenwassers. Personal- und Wartungskosten sind geringer als vorher, da sich die Zeitintervalle bis zur Regeneration der Ionenaustauscher deutlich verlangern. Je nach Regenertrag werden zwischen 600 bis 900 m3 Regenwasser pro Jahr genutzt, was mehr als 1500 Euro Wasserkosten jahrlich spart und eine Amortisation von etwa 5 Jahren ermoglicht hat. Kombiniertes Energieund Wasserkonzept in Industriebetrieben Mit dem ersten Oko-Audit 1996 begann Emil Frei Lacke in Doggingen/ Schwarzwald, die Produktion zu optimieren und in den Folgejahren zunehmend auf das Gebaude zu ubertragen. Regenwasser von den Dachern dient seit mehr als 10 Jahren zur Kuhlung und zur WC-Spulung. Wahrend der Planung des neuen Logistikzentrums im Jahr 2009 wurden auch verschiedene Heizsysteme durchgerechnet. Der Loschwassertank ist nun Teil eines ausgeklugelten Systems im Keller des Gebaudes. Hier befindet sich auch die Heizzentrale mit einer Wasser- Warmepumpe und einem Warmetauscher. Er entzieht dem Zisternenwasser, das in unterschiedlichen Prozessen in der Pulverlack-Produktion auf 18 Grad erwarmt wurde, Warme bis auf 15 Grad. Gleiches geschieht mit dem Rucklauf des 30 Grad warmen Kuhlwassers aus der Flussiglackproduktion. 40 Grad warmes Heizwasser verlasst den Warmetauscher und sorgt im Winter fur angenehme Arbeitstemperaturen in den Raumen. Umgekehrt sorgt das System im Sommer fur die Kuhlung der Raume und ganzjahrig fur die Kuhlung von Maschinen. „Bis null Grad Ausentemperatur mussen wir uberhaupt nicht mehr mit Ol zuheizen“, freut sich Geschaftsfuhrer Hans-Peter Frei. „ur uns ist das eine wirtschaftliche und nachhaltige Investition“. Allein in den ersten sechs Betriebsmonaten hat die von ihm konzipierte Technik schon 42421 Liter Heizol oder umgerechnet 23331 Euro eingespart. Die Anlage wird sich voraussichtlich nach funf Jahren amortisiert haben. Huttinger Elektronik in Freiburg: Das anfallende Regenwasser der Dachflachen wird in einer 300 m3 grosen Zisterne gespeichert und in Kuhlturmen eingesetzt. Es wird dazu mit Trinkwasser verschnitten. Martin Lienhard, Leiter der technischen Abteilung bei Speicherlieferant Mall GmbH in Donaueschingen, spricht von einer Synergie aus Regenwasserbewirtschaftung und Energieeinsparung: „rst wenn kein Regenwasser mehr im Speicher ist, wird ausschlieslich Trinkwasser eingesetzt. Der Verzicht auf die sonst ubliche Kaltemaschine spart elektrische Energie.“ Bei der Raumluftkuhlung bedeutet das nach Angabe des Betreibers eine Reduktion von umgerechnet 318 Tonnen CO2, entsprechend 56664 Liter Heizol pro Jahr. Bei der Produktionskuhlung mit erhohter Temperatur und ebenfalls Verzicht auf Kaltemaschine ist
das Aquivalent 551 Tonnen CO2 entsprechend 98147 Liter Heizol. So lassen sich durch das Kuhlen mit Regenwasser Kosten fur Trink- und Abwasser und daruber hinaus Ausgaben fur Energie sparen und die damit einhergehende Klimabelastung vermeiden. Als ideal gilt die Kombination von Regenwasserteich und Photovoltaik. Die Solarfabrik Freiburg bewirtschaftet seit 15 Jahren 100 % des Niederschlags auf dem eigenen Grundstuck. Ein Teil davon ist die Umwalzanlage mit Wasserlauf und Teich direkt vor der Sudfassade des Verwaltungsgebaudes, zu beiden Seiten des Haupteingangs. Die Wasserflache wirkt als Spiegelteich. Sie reflektiert das Sonnen- und Himmelslicht in das verglaste Bauwerk. Dabei erhalten die Photovoltaikmodule in der Fassade mehr Einstrahlung. Zugleich erhoht die Verdunstung entlang der Fassade die Stromausbeute, da die Stromerzeugung in kuhlerer Umgebung hoher ist – ein Synergieeffekt aus Regenwasserbewirtschaftung und Energieproduktion. Literatur Kaiser, M. und Schmidt, M.: Einsatz von Regenwasser zur Kuhlung von Gebauden und Prozessen. In: Ratgeber Regenwasser. Fur Kommunen und Planungsburos. Ruckhalten, Nutzen und Versickern von Regenwasser im Siedlungsgebiet. (Hrsg.:) Mall GmbH, Donaueschingen, 4. Auflage, 2012. Kohlrenken, H.: Regenwassernutzung im stadtischen Krankenhaus. In: Regenwasser in offentlichen und sozialen Einrichtungen. (Hrsg.:) Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V., Schriftenreihe fbr Band 14, Darmstadt, 2011. Kunz, P.: Regenwasser zur Kuhlung und Klimatisierung, in: Regenwassernutzung in offentlichen und sozialen Einrichtungen. (Hrsg.:) Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V., Schriftenreihe fbr Band 14, Darmstadt,
2011.
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