GGSC-VERFAHREN: WERKSTATT FÜR BEHINDERTE MENSCHEN KEINE ÖFFENTLICHE AUFTRAGGEBERIN

In einem vorläufigen Rechtsschutz-Verfahren hat das Kammergericht entschieden, dass die LWB Lichtenberger Werkstatt für Behinderte gGmbH keine öffentliche Auftraggeberin hinsichtlich der Errichtung eines Werkstattneubaus ist.

Ein Architekturbüro hatte gegen die Vergabe von Planungsleistungen für den Werkstattbau ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und war vor der Vergabekammer unterlegen. Das Kammer-gericht bestätigte in seiner Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer die Entscheidung der Vergabekammer. [GGSC] hat die Lichtenberger Werkstatt für Behinderte gGmbH in dem Verfahren vertreten. Weil es sich bei der Werkstatt nicht um eine Gebietskörperschaft handelt, kam eine öffentliche Auftraggebereigenschaft nur nach § 98 Nr. 2 oder Nr. 5 GWB in Betracht.

§ 98 Nr. 2 GWB

Nach § 98 Nr. 2 GWB sind juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, dann öffentliche Auftraggeber, wenn Gebietskörperschaften sie durch Beteiligung Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder sie beherrschen. Beides war im konkreten Fall nicht gegeben. Das Kammergericht stellte insoweit zu Recht fest, dass Zahlungen des Landes Berlin als Träger der Sozialhilfe nach SGB bei der Prüfung, ob die Einrichtung zu über 50 % öffentlich finanziert ist, nicht zu berücksichtigen sind, weil sie als Gegenleistung für die Betreuungsleistungen anzusehen sind. Derartige Gegenleistungen gelten nicht als Finanzierung im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.

§ 98 Nr. 5 GWB

Dem Kammergericht zufolge ist die Werkstatt bezüglich des Neubaus auch nicht öffentliche Auftraggeberin i.S.v. § 98 Nr. 5 GWB. Nach § 98 Nr. 5 GWB sind juristische Personen des privaten Rechts öffentliche Auftraggeber, wenn sie für die Errichtung bestimmter Gebäude oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Auslobungsverfahren von öffentlichen Auftraggebern Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 % finanziert werden.

Zwar wurde das Bauvorhaben zu mehr als 50 % öffentlich finanziert. Allerdings handelt es sich bei einer Werkstatt für behinderte Menschen nicht um eines der in § 98 Nr. 5 GWB aufgelisteten Bauvorhaben. Das Kammergericht betonte, dass die Auflistung abschließenden Charakter hat. Werkstätten für behinderte Menschen könnten auch nicht mit den in § 98 Nr. 5 GWB ausdrücklich genannten Schulen gleichgesetzt werden.

Bewertung durch GGSC

Der Beschluss des Kammergerichts zeigt, dass bei öffentlich finanzierten Bauvorha-ben stets sorgfältig zu prüfen ist, ob sie dem Katalog des § 98 Nr. 5 GWB überhaupt unterfallen und damit zu Vergabepflichten führen. Für zahlreiche Gebäudetypen, etwa Museen, ist dies in der vergaberechtlichen Literatur umstritten.

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