Keine Entwarnung fĂŒr Hochwassergefahr

Die Hochwassergefahr an kleinen und mittleren FlĂŒssen in Deutschland wird auch in den nĂ€chsten Jahrzehnten nicht abnehmen, in einigen FĂ€llen sogar zunehmen. Deutlich steigen werden die StarkniederschlĂ€ge.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Center for Disaster and Risk Management Technology (CEDIM), die heute in Karlsruhe vorgestellt wurde. CEDIM ist eine gemeinsame Einrichtung des Karlsruher Instituts fĂŒr Technologie (KIT) und des Helmholtz-Zentrums Potsdam Deutsches GeoForschungs Zentrum (GFZ).
„Anders als bei Rhein, Elbe oder Donau können starke NiederschlĂ€ge bei mittleren und kleineren FlĂŒssen zu einem sehr schnellen Anstieg und ‚reißenden‘ Fließgeschwindigkeiten fĂŒhren, so dass es nur eine kurze Vorwarnzeit fĂŒr die Bevölkerung und den Katastrophenschutz gibt“, so Professor Bruno Merz vom GFZ. In der Vergangenheit forderte dies mehrfach Menschenleben und richtete hohe SachschĂ€den an. StarkniederschlĂ€ge, die Hochwasser verursachen, treten oft rĂ€umlich begrenzt auf. „Daher sind sie nur schwer vorherzusagen. Eine langfristige Vorsorge, in der gefĂ€hrdete Gebiete identifiziert und Schutzmaßnahmen geplant werden, ist daher besonders wichtig“, betonen die KIT-Klimaforscher Professor Christoph Kottmeier und Dr. Gerd SchĂ€dler. In ihrer Studie gehen die Wissenschaftler der Frage nach, wie hĂ€ufig und wie intensiv in den kommenden Jahrzehnten Hochwasser auftreten werden - und wie sich die AbflĂŒsse berechnen lassen.
Die dreijĂ€hrige Untersuchung betrachtet die MittelgebirgsflĂŒsse Mulde und Ruhr sowie die Ammer als Fluss mit eher alpinem Charakter. An allen dreien traten in der Vergangenheit Hochwasserereignisse mit zum Teil erheblichen SchĂ€den auf. So war die Mulde, ein Nebenfluss der Elbe, beim Jahrhunderthochwasser im August 2002 nach der Elbe einer der am stĂ€rksten betroffenen FlĂŒsse. An der Ammer gab es an Pfingsten 1999, an der Ruhr im Winter 1993/1994 und im August 2007 schwerwiegende Hochwasser. Die Studie belegt, dass in Deutschland StarkniederschlĂ€ge kĂŒnftig zunehmen werden. Die Modelle der Wissenschaftler zeigen, dass an der Ruhr die Hochwassergefahr im Sommer und im Winter weiter steigen wird. Die CEDIM-Prognosen weisen hier auf einen deutlichen und signifikanten Anstieg hin. Eine unverĂ€nderte Hochwassergefahr mit saisonalen Schwankungen besteht hingegen an Mulde und Ammer. Diese Befunde passen zu Trendanalysen, nach denen in der Vergangenheit eine Zunahme von HochwĂ€ssern vor allem im Westen Deutschlands stattfand.
Einmalige Kombination verschiedener Modellrechnungen
Die Meteorologen und Hydrologen von KIT und GFZ stellten fĂŒr die Studie die in der Natur auftretende Kette „großrĂ€umige Wettersituation – regionaler Niederschlag – Abfluss im Flusseinzugsgebiet“ durch die Kombination von globalen und regionalen Klimamodellen sowie hydrologischen Modellen im Computer nach. Dabei bedienten sich die Forscher einer bislang einmaligen Kombination verschiedener Modellrechnungen. Ähnlich wie ein Verbraucher im Alltag vor einer grĂ¶ĂŸeren Anschaffung mehrere Angebote einholt, um ein GefĂŒhl fĂŒr die Preisspanne zu bekommen, fĂŒhrten die Wissenschaftler Modellrechnungen mehrfach durch, um belastbare Aussagen zu erhalten. Die Rechnungen erfolgten mit jeweils zwei verschiedenen globalen und regionalen Klimamodellen und drei unterschiedlichen Abflussmodellen, um aus diesem Ensemble eine Unsicherheitsspanne ableiten zu können.
Die CEDIM-Wissenschaftler simulierten die KlimaverhĂ€ltnisse mit einer extrem hohen Auflösung von 7 x 7 Quadratkilometer, was bei regionalen Klimaprognosen wegen des hohen Rechenaufwands bisher selten ist. Üblich sind bei regionalen Klimauntersuchungen derzeit Raster von deutlich mehr als 100 Quadratkilometer. Die fĂŒr den Abfluss relevanten kleinrĂ€umigen Niederschlagsmuster sowie die IntensitĂ€t der NiederschlĂ€ge werden jedoch erst bei feinerer Auflösung realistisch erfasst. Die Kombination von hoher rĂ€umlicher Auflösung in Verbindung mit dem Ensemble der verschiedenen Klimamodelle ist bislang einmalig. Die Ensembleanalysen lassen auch erstmalig Signifikanzaussagen zu. „Durch die neue Methodik der Studie können wir den Unsicherheitsbereich verkleinern, aber eine immanente Restunsicherheit wird bleiben“, so die Wissenschaftler. Die Forschung werde sich kĂŒnftig verstĂ€rkt mit der Problematik des Planens unter Restunsicherheit auseinandersetzen mĂŒssen.
Die Daten und die neue neue Methodik der Karlsruher und Potsdamer Forscher schaffen die Grundlage fĂŒr weitere Studien an hochwassergefĂ€hrdeten FlĂŒssen in Deutschland und weltweit.
Das Karlsruher Institut fĂŒr Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-WĂŒrttemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer UniversitĂ€t als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
Das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ erforscht als nationales Forschungszentrum fĂŒr Geowissenschaften weltweit das „System Erde“ mit den geologischen, physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen, die im Erdinneren und an der OberflĂ€che ablaufen.
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Weiterer Kontakt:
Franz Ossing
–Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Telegrafenberg
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Tel.: +49 331-2881040
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E-Mail:ossing@gfz-potsdam.de

Foto: GFZ Deutsches GeoForschungsZentrum



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