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Neues Verfahren erweitert Einsatzspektrum für umweltverträgliche Pulverlacke
Stuttgart. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (Fraunhofer IPA) haben eine neue Generation von Pulversprühsystemen aus der Taufe gehoben, die sich für fast jeden Beschichtungsprozess eignen. Anders als konventionelle Nasslacke wurden Pulverlacke, obwohl umweltverträglicher und sparsamer im Verbrauch, für hochwertige Beschichtungen und flexible Prozesse bislang kaum verwendet. Das neue Verfahren, so das Fraunhofer IPA , erschließt Pulverlacken nunmehr auch diese Anwendungsgebiete.
Ursprünglich in erster Linie für Fassadenelemente, Drahtware oder die Gehäuse von Haushaltsgeräten entwickelt, schützen und veredeln Pulverlacke mittlerweile auch Oberflächen, an die sehr viel höhere Ansprüche gestellt werden, zum Beispiel Automobilkarosserien und -anbauteile, Fahrradrahmen oder Designermöbel. Gegenüber konventionellen Nasslacken haben Pulverlacke den Vorteil, dass bei der Applikation keine Lösemittelemissionen entstehen und Sprühverluste bei einem angepassten Anlagenkonzept nur eine untergeordnete Rolle spielen. Trotzdem werden Pulverlacke erst bei knapp der Hälfte aller potenziellen Anwendungen eingesetzt. "Das liegt vor allem daran, dass die Pulverlacktechnik in Prozesssicherheit und Flexibilität der Nasslacktechnik noch um einiges nachsteht - vor allem bei Teilen mit komplexen Geometrien oder wenn eine hohe Beschichtungsqualität gefordert ist", stellt Dr. Joachim Domnick vom Fraunhofer IPA fest. Gemeinsam mit Karlheinz Pulli hat er ein flexibles Sprühorgan entwickelt, mit dem die Materialausbeute, die Beschichtungsqualität und das Recyclingverhalten von Pulverlacken besser beherrscht werden können.
Marktübliche Pulverpistolen sind mit feststehenden Düsen ausgestattet. Mit diesen Systemen kann man im laufenden Beschichtungsvorgang die Sprühwolkenform nicht an das Werkstück anpassen. Ähnlich verhält es sich mit den Mechanismen, die das Pulver elektrostatisch aufladen, um die Pulverpartikel gezielt zum Substrat zu leiten und dort anhaften zu lassen. Es existieren zwei gegensätzliche Auflademechanismen, die jeweils ihren eigenen optimalen Einsatzbereich abdecken. Während die Koronaaufladung mit externen, hochspannungsführenden Elektroden bei der Beschichtung komplexer Werkstücke Probleme verursacht, versagt die triboelektrische Aufladung bei der Verwendung sehr feiner Pulver. Verändern sich die Anwendungsbedingungen, muss der Beschichtungsvorgang unterbrochen werden, um die Pistole zu wechseln.
Das von Domnick und Pulli entwickelte Pulversprühsystem passt die Form des Sprühstrahls im laufenden Prozess an die Werkstückgeometrie an und vereint beide Auflademechanismen in einem Sprühwerkzeug. Zeitaufwändige Systemwechsel sind damit nicht mehr notwendig.
Für die variable Sprühstrahlformung sorgen zusätzliche Steuerluftkanäle an der Düse, die um den eigentlichen Pulverauslass herum angeordnet sind. Durch die Variation der Steuerluftströme lässt sich der Durchmesser der Pulverwolke stufenlos verändern - etwa um den Faktor Fünf von extrem gerichtet bis breit gestreut. Die Kombination der tribolelektrischen Pulveraufladung und der Koronaaufladung in einer Pistole reduziert unter anderem die Konzentration an freien Luftionen und damit die Ladungsdichte in der applizierten Schicht.
Laut Fraunhofer IPA zeigt die neue Pistole in Praxistests eine ähnlich geringe Rücksprüherneigung und eine ebenso gleichmäßige Beschichtung kritischer Werkstückbereiche wie Tribo-Pistolen, funktioniert im Gegensatz zu diesen aber auch mit sehr feinen Pulvern. Der Auftragswirkungsgrad der neuen Pistole liegt bis zu 15 Prozent über dem konventioneller Systeme. Dies gilt sowohl für die feinkörnigen Automobilklarlacke als auch für komplexe Teile wie Briefkästen, die neben ebenen Flächen auch schwer zugängliche Vertiefungen und Hinterschneidungen aufweisen.
Sprühorgan
Simuliertes Strömungsfeld zwischen Pulversprühorgan und ebenem Werkstück bei zwei verschiedenen Parametereinstellungen © Fraunhofer IPA
Das Pulversprühorgan wurde mit Hilfe der Strömungssimulation ausgelegt. Die Simulation ersetzte lange Versuchsreihen als es darum ging, eine Pistolengeometrie zu finden, die eine optimale Steuerung der Sprühstrahlbreite erlaubt. "Nur dadurch war es möglich, innerhalb von vier Monaten eine Pistole zu konstruieren, die ohne nachträgliche Modifikationen alle Anforderungen erfüllte", erklärt Domnick. Realisiert wurden die Versuchsmuster und erste Prototypen der Sprühpistolen in Kooperation mit R.O.T., Überlingen.
Kontakt: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Nobelstraße 12, D-70569 Stuttgart, Dr.-Ing. Joachim Domnick, Tel. 0711 - 970-1762, eMail: joachim.domnick@ipa.fraunhofer.de,
Dipl.-Ing. Karlheinz Pulli, Tel. +0711 - 970-1125, eMail: karlheinz.pulli@ipa.fraunhofer.de.
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