Europäischer Emissionshandel: Rekordrückgang der Treibhausgasemissionen in Deutschland
Emissionen sinken um 18 Prozent und damit deutlich stärker als die deutschen Gesamtemissionen
Der Europäische Emissionshandel (EU-ETS 1) umfasst die
Emissionen der energieintensiven Industrie, der Energiewirtschaft und
des innereuropäischen Luftverkehrs. Im Jahr 2023 emittierten die vom
EU-ETS 1 erfassten 1.725 stationären Anlagen in Deutschland rund 289
Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO₂-Äq). Das entspricht einer
Minderung gegenüber dem Vorjahr von etwa 18 Prozent und ist der größte
Rückgang seit der Einrichtung des EU-ETS 1 im Jahr 2005. Die Emissionen
der Energieanlagen sanken um 22 Prozent, in den Industriesektoren gingen
sie um 10 Prozent zurück. Dies berichtet die Deutsche
Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt (UBA).
Dirk Messner, Präsident des UBA,
sagt: „Der erhebliche Rückgang der Emissionen im Energiesektor ist ein
großer Schritt zur Erreichung unserer Klimaschutzziele. Das liegt vor
allem am Ausbau erneuerbarer Energien und dem Rückgang der
Kohleverstromung. Hieran hat der Emissionshandel einen wichtigen Anteil.
Im Industriesektor hingegen sind die sinkenden Emissionen vor allem auf
die rückläufige Produktionsentwicklung aufgrund von Auswirkungen des
russischen Angriffskriegs in der Ukraine zurückzuführen. Wir müssen
daher auf eine konsequente Transformationsstrategie für unsere Industrie
setzen, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit mit ambitioniertem Klimaschutz vereint.“
Jürgen
Landgrebe, Leiter des Fachbereichs „Klimaschutz, Energie, Deutsche
Emissionshandelsstelle“ im UBA, ergänzt: „Die Beschlüsse zur
Neuausrichtung der europäischen Klimapolitik aus dem letzten Jahr setzen
zentral auf eine ambitionierte Reform des Emissionshandels. Dafür ist
insbesondere entscheidend, dass die Emissionsobergrenzen im
Emissionshandel bereits in diesem Jahr deutlich abgesenkt wurden. Damit
werden klare Leitplanken für den Umbau zu einer klimaneutralen
Wirtschafts- und Lebensweise gesetzt. Maßgeblich unterstützt wird dieser
Transformationsprozess durch die Auktionserlöse aus dem
Emissionshandel. Im Jahr 2023 verzeichneten wir Rekordeinnahmen von über
18 Milliarden Euro, die vollständig in den Klima-
und Transformationsfonds der Bundesregierung geflossen sind. Um einen
Ausgleich für die privaten Haushalte sicherzustellen, sollte die Politik
jetzt zügig das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimageld kombiniert
mit spezifischen Förderprogrammen für vulnerable Haushalte einführen. So
kann der Emissionshandel ambitionierten Klimaschutz und Sozialverträglichkeit vereinen – auch bei weiter steigenden CO2-Preisen.“
Energie: Die Emissionen aus der Energieversorgung sanken 2023 um 22 Prozent auf 188 Millionen Tonnen CO2-Äq
und damit auf das niedrigste Niveau seit Beginn des EU-ETS 1 im Jahr
2005. Das ist vor allem auf die stark gesunkene Energienachfrage der
Wirtschaft und der privaten Haushalte, einen deutlich wachsenden Anteil
erneuerbarer Energien und den damit verbundenen Rückgang der fossilen
Energieerzeugung zurückzuführen. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Bruttostromerzeugung
der Braunkohlekraftwerke um rund 25 Prozent, die der
Steinkohlekraftwerke um rund 36 Prozent und die der Erdgaskraftwerke um
rund 2 Prozent (laut Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen – AGEB). Damit
war auch die CO2-Intensität der Stromproduktion in Deutschland rückläufig.
Industrie: Die Emissionen der energieintensiven Industrie sanken im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent auf 101 Millionen Tonnen CO2-Äq
und damit auf das niedrigste Niveau seit 2013. Ursächlich hierfür waren
konjunkturell bedingte Produktionsrückgänge in allen Branchen,
insbesondere aufgrund der Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf
die Ukraine. Der größte Emissionsrückgang lag bei den Nichteisenmetallen
(19 Prozent), gefolgt von der „sonstigen mineralverarbeitenden
Industrie“ mit 18 Prozent. Die Rückgänge der Emissionen der chemischen
Industrie, der Raffinerien, Industrie- und Baukalkherstellung, der
Zementklinkerherstellung und der Papier- und Zellstoffindustrie liegen
zwischen 9 und 17 Prozent. Die Emissionen der Eisen- und Stahlindustrie
blieben hingegen mit minus 2 Prozent nahezu unverändert.
Luftverkehr: Die Emissionen der von Deutschland verwalteten Luftfahrzeugbetreiber lagen 2023 bei etwa 7,6 Millionen Tonnen CO2-Äq.
Das entspricht einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um ungefähr 4,5
Prozent. Die Emissionen lagen damit aber weiterhin unterhalb des Niveaus
vor der Covid-19-Pandemie.
Deutschland und Europa:
Auch die Emissionen aller am EU-ETS 1 teilnehmenden Anlagen (in den 27
EU Mitgliedstaaten und Island, Liechtenstein, Norwegen) sanken 2023
deutlich: Nach Angaben der Europäischen Kommission sanken die Emissionen
im Jahr 2023 um 17 Prozent auf rund 1,09 Milliarden Tonnen CO2-Äq.
Der europaweite Emissionsrückgang im EU-ETS 1 beträgt etwa 48 Prozent
gegenüber dem ersten Jahr des Emissionshandels 2005. Die Emissionen
haben sich seither also nahezu halbiert. Die Emissionen der Anlagen in
Deutschland waren mit 44 Prozent in einem etwas geringerem Ausmaß
rückläufig.
Emissionshandel und Gesamtemissionen:
Die UBA-Schätzung vom März 2024 weist einen voraussichtlichen Rückgang
der Gesamtemissionen aller Sektoren um 10 Prozent aus. Diese Entwicklung
bedeutet den stärksten Rückgang von Treibhausgasemissionen in
Deutschland seit 1990. Die Minderung im EU‑ETS 1 fiel damit gegenüber
der Entwicklung der Gesamtemissionen deutlich überproportional aus. Der
Anteil des EU-ETS 1 an den deutschen Gesamtemissionen liegt bei etwa 46
Prozent.Weitere Informationen
Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt):
Die DEHSt im Umweltbundesamt ist für die Umsetzung des EU-ETS 1, des
nationalen Emissionshandels für Brennstoffe (nEHS) sowie auch für den
Europäischen Emissionshandel für Brennstoffe (EU-ETS 2) zuständig. Sie
ist zudem mit Vollzugsaufgaben bei projektbasierten Mechanismen und der
Auszahlung von Beihilfen für stromintensive Unternehmen zur Kompensation
indirekter CO2-Kosten (Strompreiskompensation) befasst. Die DEHSt ist als nationale Behörde seit Ende 2023 auch für das neue CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) zuständig.
Copyright: | © Umweltbundesamt (16.07.2024) |
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