Die EU muß dringend die Klärschlammrichtlinie novellieren!

Über die innerörtliche Kanalisation erreichen innerhalb eines Jahres etwa qualitativ und quantitativ ähnliche Schadstoffmengen die kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen wie in den Stofffluß der eingesammelten Siedlungsabfälle gelangen, die seit dem 1. Juni 2005 nicht mehr ohne Vorbehandlung deponiert werden dürfen. Deshalb fordern seit 2001 einige Bundesländer, unter anderem Baden-Württemberg und Bayern, ein mittelfristiges Verbot der Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen.

Obwohl die nach Stand der Technik errichtete Deponie technische Vorkehrungen und technische Rückhaltemaßnahmen gegenüber der möglichen Gefahr eines Schadstoffaustritts enthält, sind richtigerweise mit der TASi/Ablagerungsverordnung Regelungen getroffen worden, die ein unkontrolliertes Ablagern von unvorbehandelten Abfällen unterbinden. Auch die Schadstoffsenken aus der Vorbehandlungstechnik (Filterstäube aus der MVA-Behandlung) werden unter technisch hohem Aufwand beseitigt und somit aus dem biologischen Kreislauf nachhaltig ferngehalten.
Vergleichbar den Filterstäuben eines Kraftwerkes oder einer Müllverbrennungsanlage ist der Klärschlamm die Schadstoffsenke der mechanisch-biologischen Abwasserbehandlungsanlage. Trotz dieser Funktion als Schadstoffsenke darf Klärschlamm aber nach bestehender Rechtslage unkritisch in der Biosphäre verteilt werden! Es wird für die gleichen Schadstoffe und Schadstofffrachten offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen.

Klärschlamm stellt mit seiner unkontrollierbaren Vielfalt an organischen Schadstoffen ein unkalkulierbares Risiko für Umwelt und Verbraucher sowie für die Landwirtschaft und die Lebensmittelproduktion dar, wenn dessen Schadstoffkontingent auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgebracht wird. Nicht zuletzt besteht durch die sogenannte Klärschlammdüngung langfristig betrachtet für die Volkswirtschaft ein Kostenrisiko wegen möglicher Schäden. Die neuesten detaillierten Schadstoffuntersuchungen (MUNLV - Nordrhein-Westfalen) in Bezug auf die organischen Verbindungen, die in kommunalen Klärschlämmen enthalten sind, und die Untersuchungen über den langfristigen Verbleib dieser Substanzen im Boden  (LfU – Baden-Württemberg) zeigen, daß viele dieser Schadstoffe aus dem Klärschlamm sich im Boden anreichern und eine teure Altlast für die Zukunft darstellen können.

Die EU muß dringend die Klärschlammrichtlinie novellieren. Aus Vorsorgegründen gerade wegen der uneingeschränkten Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen  für die zukünftigen Generationen sollte europaweit die sogenannte Klärschlammdüngung eingestellt werden.

Dr. Harald Friedrich
Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) Nordrhein-Westfalen



Copyright: © Rhombos Verlag
Quelle: 02/2005 - Klärschlamm (Juni 2005)
Seiten: 1
Preis inkl. MwSt.: € 0,00
Autor: Dr. Harald Friedrich

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