Massenbewegungen und die Flut im Ahrtal

Vom 14. auf den 15. Juli 2021 ereignete sich in der Eifel die größte Naturkatastrophe in der Geschichte des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Im Zusammenhang mit Starkregen und damit ausgelösten Hochwässern traten auch Massenbewegungen, wie Rutschungen und Murenabgänge, sowie massiver Bodenabtrag sowohl in Hang- als auch Tallagen auf. Hierbei spielen die geologischen und topographischen Gegebenheiten eine wesentliche Rolle.

Zwischen dem 14. und 15. Juli 2021 kam es in den Einzugsbieten der Ahr zu Starkregenereignissen mit einer Niederschlagsmenge zwischen 100 und 150 l pro m2 in weniger als 24 Stunden. Der Starkregen betraf ein außergewöhnlich großes Gebiet. In Summe lag eine extreme Wassermenge vor. Durch vorhergehende Niederschläge war der Lockergesteinsboden zum Zeitpunkt des Starkregens vom 14. Juli 2021 bereits praktisch wassergesättigt. Die Kombination einer extremen Wassermenge in Verbindung mit einem praktisch vollständigen und raschen Oberflächenabfluss bei einer steilen Topographie führten zu einem außergewöhnlichen starken und schnellen Wasserzufluss ins Ahrtal. Der maximale Abfluss betrug im Ahrtal ca. 1.000 bis 1.200 m3/s [1].


Geologie und Topographie des Ahrtals
Das Ahrtal ist Teil des Rheinischen Schiefergebirges. Die Festgesteine setzen sich aus Wechselfolgen aus Ton- bis Siltsteinen und quarzitischen Sandsteinen der Siegen- und Ems-Formation (Unter-  Devon) zusammen. Im Rahmen des Variskischen Orogenese (370 – 320 Mio. Jahre) wurden die Gesteine gefaltet, geschiefert und auch gegeneinander verschoben. Die Entstehung des Ahrtals begann vor 800.000 Jahren im Rahmen der Heraushebung des Rheinischen Schiefergebirges. Die daraus resultierende Erhöhung der Reliefenergie ermöglichte den tiefen Einschnitt der Ahr in die bestehende Topographie. Die unterschiedliche Widerstandsfähigkeit der einzelnen geologischen Einheiten sowie die Anisotropie des Untergrunds infolge der Gebirgsbildungsprozesse erklären die prinzipielle Anlage des Tals mit den wechselnden Talbreiten, Hangneigungen und dem mäandrierenden Verlauf der Ahr. An den Gleithängen wird als Sedimentfracht mitgeführtes Lockergestein abgelagert und an den Prallhängen kommt es zur Erosion und Hanginstabilitäten [2]. Künstliche Hindernisse im Abflussquerschnitt verzögerten den Abfluss im Tal. Insbesondere die Verklausungen an zahlreichen Brückenbauwerken führten zu einem zusätzlichen Anstieg der Wasserstände. Bei dem Hochwasser von 1804 soll bei einem vergleichbaren Wasserabfluss der maximale Wasserstand bis ca. 2,0 m tiefer gelegen haben.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 11 (November 2022)
Seiten: 7
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Dipl.-Geol. Ansgar Wehinger
Jan Philip Hofmann
Prof. Dr. Frieder Enzmann

Artikel weiterleiten In den Warenkorb legen Artikel kommentieren


Diese Fachartikel könnten Sie auch interessieren:

Unterstützende Auswertungen und Darstellungen für die Beurteilung von Niederschlagswassereinleitungen auf die Gewässerökologie
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (1/2023)
In stark urban geprägten Einzugsgebieten sind oft die Anwendungsgrenzen des biologischen Nachweises gemäß des Merkblatts DWA-M 102-5 / BWK-M 3-5 überschritten. Zur Unterstützung wird für diese Fälle ein praxisnah entwickeltes Bewertungsverfahren vorgeschlagen, wobei eine flächendeckende Validierung noch aussteht.

Machbarkeit von Smarten Drainagen in bindigen Böden
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (12/2022)
Smarte Drainagen, die temporär Wasser zurückhalten, können eine weitere Möglichkeit zur Anpassung an den Klimawandel sein. Sie reduzieren u. a. die Spitzen von Hochwasser und können bei ausbleibenden Niederschlägen zur Linderung der Trockenheit beitragen. Mithilfe von physikalischen Modellversuchen wurden Grenzen und aber auch die grundsätzliche Machbarkeit für Geländesituationen aufgezeigt, die in der Nordwestschweiz und Südbaden typisch sind.

Analyse der Schäden an Brückenbauwerken in Folge des Hochwassers 2021 an der Ahr
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (11/2022)
Brücken spielen eine essentielle Rolle als kritische Infrastruktur und haben in Folge des Hochwassers 2021 im Ahrtal schwere Schäden erlitten. Gerade im Mittel- und Unterlauf der Ahr wurde ein Großteil der Brücken überströmt und im Zuge dessen beschädigt oder zerstört. Zur Unterstützung des Wiederaufbaus wurden die Schäden an den Brücken entlang der Ahr kartiert und erste statistische Zusammenhänge der Schadensbilder analysiert, um hieraus Rückschlüsse für neue Brückenbauwerke zu ziehen.

Entwicklung eines Masterplans für die Einzugsgebiete von Inde und Vicht zur Verbesserung der Hochwasserresilienz
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (11/2022)
Die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hat auch das Einzugsgebiet der Gewässer Inde und Vicht enorm getroffen. Der Wasserverband Eifel-Rur hat daraufhin zusammen mit dem Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der RWTH Aachen University einen Masterplan entwickelt, um die Hochwasserresilienz im Einzugsgebiet dieser Gewässer zu verbessern. Zahlreiche Fachexperten aus unterschiedlichen Disziplinen sowie detaillierte Ortskenntnisse besitzende kommunale Vertreter und Behördenvertreter wurden dabei eingebunden. Weitere Masterpläne für andere Einzugsgebiete im Verbandsgebiet folgen der geschilderten Vorgehensweise.

Hochwasser 2021 in Bayern
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2022)
In den Sommermonaten des Jahres 2021 ist es, wie in anderen Teilen Deutschlands, auch in Bayern durch Starkniederschläge und langanhaltenden Dauerregen zu Überflutungen und extremen Hochwasserereignissen gekommen. Beispiele sollen das verheerende Ausmaß verdeutlichen. In drei Landkreisen wurde als Folge der Katastrophenfall ausgerufen. Solche Ereignisse können ein enormes Schadenspotenzial entfalten und werden mit fortschreitendem Klimawandel häufiger erwartet. Daher sollen auch Maßnahmen zum Umgang mit der Gefahr durch Überflutungen infolge von Starkregenereignissen aufgezeigt werden.

Name:

Passwort:

 Angemeldet bleiben

Passwort vergessen?