Zur Rolle der Stadtentwässerung bei Stark- und Katastrophenregen

Der Umgang mit den zunehmenden Überflutungen aus Starkregenereignissen und die Erfahrungen während des „Katastrophenregens“ im Juli 2021 werden Folgen für die Stadtentwässerung haben. Die Kommunen stehen hier in einer besonderen Verantwortung. Die Stadtentwässerungsbetriebe mit ihrer langen Tradition als städtische Infrastruktur-Dienstleister können hier eine starke Rolle übernehmen. Von der Bürgerschaft werden sie als erfahrene Kompetenzträger wahrgenommen. Sie können die komplexen Zusammenhänge transparent darstellen, mit denen viele Bürger überfordert sind.

Überflutungen aus Starkregenereignissen nehmen zu, die Schäden können erheblich sein und viele Bürger erwarten schnelle Lösungen. Häufig fallen in der Analyse dann Begriffe wie Bemessungsregen, Starkregen, Katastrophenregen, 100-jährliche Ereignisse, Extremereignisse und vieles mehr. Neben Landesbehörden und Wasserverbänden stehen dann auch Kommunen und Abwasserbetriebe unter erheblichem Druck, in übersichtlicher und leicht verständlicher Form Orientierung zu geben. Dies gilt umso mehr, wenn die Diskussion bei gängigen Starkregenereignissen z. B. in Bürgerversammlungen und Gremiensitzungen meist in der Forderung mündet: Die Stadt muss schnellstens größere Kanäle bauen! Aber auch bei Katastrophenereignissen, wie sie im Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu beobachten waren, stellt sich die Frage nach den Folgen für die Stadtentwässerung. Mit Blick auf klassische Starkregenereignisse spiegelt in Deutschland seit November 2016 das Merkblatt M 119 der DWA [1] die aktuelle Fachdiskussion wider. Es besagt in Abschnitt 6.3 „Überflutungsvorsorge als kommunale Gemeinschaftsaufgabe“ deutlich: „Es wird allgemein anerkannt, dass zur Erreichung der Zielvorgabe „angemessener Überflutungsschutz“ die alleinige Vergrößerung unterirdischer Ableitungskapazitäten und zentraler Rückhalteanlagen aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht zielführend und auch nicht Intention der DIN EN 752 ist. “In der kommunalen Praxis zeigt sich allerdings häufig, dass ein bloßer Verweis auf eine „allgemeine Anerkennung“ die Akzeptanz in der Bürgerschaft noch lange nicht erhöht. Für viele Bürger ist schon vom Wortsinn her die Stadtentwässerung für alle städtischen Entwässerungsfragen verantwortlich, und die Kanalisation wird dabei als Hauptinstrument zur Lösung von Entwässerungsproblemen angesehen. Es bleiben also die Fragen: Warum werden keine größeren Kanäle gebaut? Warum soll das Ganze aus technischen und wirtschaftlichen Gründen angeblich nicht zielführend sein? Die nachfolgenden Ausführungen geben hierzu einen Überblick; sie basieren auf den Erfahrungen des Kommunalen Netzwerks Abwasser (KomNet Abwasser)im Umgang mit Starkregenereignissen und den Erfahrungen während des „Katastrophenregens“ im Juli 2021.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 06 (Juni 2022)
Seiten: 5
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Prof. Dr.-Ing. Bert Bosseler
Dipl.-Ing. (FH) Kathrin Sokoll

Artikel weiterleiten In den Warenkorb legen Artikel kommentieren


Diese Fachartikel könnten Sie auch interessieren:

Unterstützende Auswertungen und Darstellungen für die Beurteilung von Niederschlagswassereinleitungen auf die Gewässerökologie
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (1/2023)
In stark urban geprägten Einzugsgebieten sind oft die Anwendungsgrenzen des biologischen Nachweises gemäß des Merkblatts DWA-M 102-5 / BWK-M 3-5 überschritten. Zur Unterstützung wird für diese Fälle ein praxisnah entwickeltes Bewertungsverfahren vorgeschlagen, wobei eine flächendeckende Validierung noch aussteht.

Zum Klimawandel im Harz und seinen Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (9/2021)
Mit deinen relativ hohen Niederschlägen in den Hochlagen und seine Talsperren spielt der Harz eine wichtige Rolle bei der Trinkwasserversorgung in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Mit dem Projekt "Energie- und Wasserspeicher Harz" zur Anpassung an den Klimawandel und dem beispielgebenden "Integrierten Gewässer- und Auenmanagement Oker im Nördlichen Harzvorland" werden zwei Projekte vorgestellt, in denen auf den Klimawandel reagiert wird.

Bundesprogramm Blaues Band an der Schnittstelle zwischen Wasserstraße, Wasserwirtschaft und Naturschutz
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (9/2021)
Intakte Flüsse und Auen sind nicht nur für den Naturschutz, die biologische Vielfalt und den Biotopverbund von Bedeutung, sondern erbringen weitere vielfältige Ökosystemleistungen. Das Bundesprogramm Blaues Band Deutschland (BBD) trägt dem Rechnung und vereint die Interessen von Wasserwirtschaft, Naturschutz, Freizeit und Erholung. Damit setzt es wichtige Impulse für die Entwicklung der Wasserstraßen des Bundes.

Machbarkeit von Smarten Drainagen in bindigen Böden
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (12/2022)
Smarte Drainagen, die temporär Wasser zurückhalten, können eine weitere Möglichkeit zur Anpassung an den Klimawandel sein. Sie reduzieren u. a. die Spitzen von Hochwasser und können bei ausbleibenden Niederschlägen zur Linderung der Trockenheit beitragen. Mithilfe von physikalischen Modellversuchen wurden Grenzen und aber auch die grundsätzliche Machbarkeit für Geländesituationen aufgezeigt, die in der Nordwestschweiz und Südbaden typisch sind.

Analyse der Schäden an Brückenbauwerken in Folge des Hochwassers 2021 an der Ahr
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (11/2022)
Brücken spielen eine essentielle Rolle als kritische Infrastruktur und haben in Folge des Hochwassers 2021 im Ahrtal schwere Schäden erlitten. Gerade im Mittel- und Unterlauf der Ahr wurde ein Großteil der Brücken überströmt und im Zuge dessen beschädigt oder zerstört. Zur Unterstützung des Wiederaufbaus wurden die Schäden an den Brücken entlang der Ahr kartiert und erste statistische Zusammenhänge der Schadensbilder analysiert, um hieraus Rückschlüsse für neue Brückenbauwerke zu ziehen.

Name:

Passwort:

 Angemeldet bleiben

Passwort vergessen?