Brauchen wir im Zeitalter der Digitalisierung noch Durchflussmessungen?

Der Einsatz digitaler Technologie hat auch im Durchflussmesswesen in den letzten Jahren Fortschritte gebracht. Der heutige Stand der numerischen Modellierung, der Messtechnik sowie der Kontrolle der Messdaten wäre ohne Digitalisierung nicht denkbar. Bedenklich ist jedoch, dass der Eindruck erweckt wird, man könne alle hydrologischen Probleme online ohne Durchflussmessungen lösen. Die Praxis jedoch belegt, dass hochwertige Durchflussmessdaten zur Kalibrierung und Verifizierung der digitalen Modelle und Algorithmen unabdingbar sind.

Der Bedarf an zuverlässigen hydrologischen Daten mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zur Echtzeitsteuerung wasserwirtschaftlicher Systeme ist in den letzten Jahren gestiegen und wird aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter ansteigen, da als Folgen des weltweiten Klimawandels Extremereignisse im Hoch- und Niedrigwasserbereich zunehmen werden. Um daraus resultierende Überflutungen bzw. Dürren in Zukunft mit Hilfe von Echtzeitwarn- und-managementsystemen beherrschbar zu machen, wird zunehmend der Ausbau und die ganzheitliche Nutzung der Digitalisierung in allen Bereichen der Wasserwirtschaft (Wasserverund-entsorgung) propagiert. Als Beispiel sei hier auf die Entwicklungsinitiative Wasser 4.0 [1], das Kompetenzzentrum Wasserwirtschaft NRW, die Leitlinien der LAWA-Pegelvorschrift [2],das Positionspapier der DWA zur Digitalisierung in der Wasserwirtschaft [6] sowie die Entwicklung von Messdatenmanagementsystemen für die Wasserwirtschaft [4] verwiesen. Die Mehrzahl dieser Publikationen und Initiativen befassen sich verständlicherweise mit der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung
im Allgemeinen. (Angemerkt sei, dass Fragen der Datensicherheit in digitalen Netzwerken sind nicht Thema dieses Artikels sind). Die Hydrometrie mit der Offline- und Online-Erfassung des Durchflussgeschehens in Flusseinzugsgebieten spielt dabei bisher lediglich eine Nebenrolle. Dennoch hat auch innerhalb der Hydrometrie, z. B. in der Durchflussmesstechnik, in der Vernetzung der Durchflussmessstellen über Remote-sensing u. a. in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung stattgefunden [5], die sicherlich in der nächsten Zukunft durchvermehrten Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien mit hoher Geschwindigkeit weitergehen wird. Neben den dadurch initiierten Entwicklungsimpulsen und Fortschritten zeigen sich aber in der Praxis Risiken, wie sie auch das aktuelle Positionspapier der DWA [3] belegt. Einige Aspekte von Fortschritt und Risiko sollen im Folgenden aufgezeigt werden.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasserwirtschaft - Heft 01 (Januar 2022)
Seiten: 4
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: apl. Prof. Dr. rer.nat. habil. Gerd Morgenschweis

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