400 Jahre oberbayerische Soleleitungen

Im Sommer 1619 wurde nach nur zweijähriger Bauzeit eine Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein mit sieben Pumpwerken, die die Sole 375 m hoch förderten, in Betrieb genommen. 1808/10 wurden die Wasserräder der Pumpwerke durch Wassersäulenmaschinen - von Druckwasser
angetriebene Kolbenmaschinen - ersetzt und ein zweiter Leitungsstrang mit weiteren vier Pumpwerken, der bis Rosenheim verlängert wurde, kam hinzu. 1817 folgte die Soleleitung Berchtesgaden-Reichenhall, an der das von Georg Reichenbach konstruierte, seinerzeit weltweit leistungsfähigste Pumpwerk mit einer Förderhöhe von 359 m arbeitete.


Zentrum der bayerischen Salzgewinnung ist heute Bad Reichenhall, wo aus dem Haselgebirge, einer Formation des Erdmittelalters (Trias) aus Salz, Anhydrit und Tongesteinen, Solequellen austreten, die seit der Jungsteinzeit genutzt werden. Bereits in vorrömischer Zeit scheint dafür die Saalach verlegt worden zu sein. Im 13. Jh. wurden die Quellen in etwa 10 m Tiefe gefasst und die Sole seit 1440 mit einem Schöpfwerk gehoben. Im 16. Jh. gewann man das Salz in kleinen Sudhäusern durch Verdampfen des Wassers [1], [2]. 1538-54 entstand ein 2 km langer Stollen unter der Altstadt (der sogenannte Grabenbach) für die Ableitung der störenden Süßwasserquellen, nach dem Stadtbrand 1834 ein zentraler Salinenbau (Titelbild).

Begrenzender Faktor der Salzgewinnung war bis 1912 das Brennholz: für 1 t Salz 12-15 Raummeter [3]. Ergebnis eines solchen Raubbaus am Wald ist z. B. die Lüneburger Heide, deren ursprüngliche Wälder in der Saline von Lüneburg verfeuert wurden. Andernorts versuchte man, Holz aus entfernten Waldgebieten durch Flößerei zu importieren. Salinen wie die von Halle/Saale, Hall/Tirol am Inn oder Hallein an der Salzach hatten dadurch einen Standortvorteil.

Reichenhall lag zwar an der wasserreichen Saalach, die großen Wälder am Oberlauf des Flusses jedoch im Erzbistum Salzburg, das Holz, wenn überhaupt, nur zu überteuerten Preisen lieferte, um die eigenen Solequellen in Hallein zu schützen. An der Wende zum 17. Jh., als der Holzmangel in Reichenhall bereits zur Einschränkung der Salzgewinnung geführt hatte, kam es zwischen dem bayerischen Herzog Maximilian I. und dem Salzburger Fürstbischof zu bedrohlichen Spannungen. Nachdem die Bayern den Bischof gefangen gesetzt hatten, einigte man sich ohne weitere Kampfhandlungen [4].

Als 1613 in Reichenhall eine neue hochprozentige Solequelle erschlossen wurde, entstand der Plan, die Sole mittels einer Rohrleitung zum Holz zu transportieren. Das stand im 30 km entfernten Traunstein aus den großen Wäldern um Reith im Winkl und Ruhpolding über die Traun zur Verfügung.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasserwirtschaft - Heft 04 (April 2020)
Seiten: 7
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Prof. Dr.-Ing. Mathias Döring

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