Trag- und Verformungsverhalten einer 100-jährigen Gewichtsstaumauer

Standsicherheitsberechnungen für bestehende Staumauern erfolgen heute auf der Basis der Finiten-Element-Methode unter Beachtung des nichtlinearen Materialverhaltens. Vorgestellt werden Ergebnisse einer solchen statischen Analyse an der über 100 Jahre alten Eder-Staumauer. Neben den Untersuchungen zum Nachweis des normenseitig geforderten, rechnerischen Standsicherheitsniveaus werden auch das Verhalten unter Gebrauchslasten und die Simulation der Bruchzustände beschrieben. Es erfolgt eine Gegenüberstellung mit Verformungswerten geodätischer Präzisionsmessungen.

Bei den statischen Untersuchungen an Gewichtsstaumauern stehen i. d. R. die rechnerischen Nachweise einer ausreichenden Zuverlässigkeit gemäß Norm in Form der Gesamtsicherheitsbeiwerte für Druck- und Gleitbeanspruchung im Vordergrund. Grundsätzliche Betrachtungen des Tragverhaltens der Staumauern unter Gebrauchslasten oder auch des Bruchverhaltens bis zum Gesamtversagen werden seltener vorgenommen. Aber gerade bei alten Bauwerken mit hohem Gefährdungspotenzial ist das statische Verhalten im gesamten Lastbereich von Interesse, um Bauwerksprüfung, messtechnische Überwachung sowie Betrieb optimal gestalten und letztendlich auch das verbleibende Risiko besser einschätzen zu können. Von besonderem Interesse sind dabei die Spannungs- bzw. Dehnungsverteilungen in Mauerwerk und Fels, das Verformungsverhalten inklusive Rissbildung und nicht zuletzt mögliche Versagensformen des Gesamttragwerks.

Die ca. 47 m hohe Gewichtsstaumauer der Edertalsperre wurde in Anlehnung an die Bauweise nach Prof. Intze aus fugenlosem Bruchsteinmauerwerk mit leicht bogenförmigem Grundriss errichtet. Zu Beginn der 1990er-Jahre wurde das im Krieg teilweise zerstörte und in kürzester Zeit wieder instandgesetzte Bauwerk mittels vertikaler Injektionsanker verstärkt sowie durch Zementinjektionen ergänzend abgedichtet. Detaillierte Beschreibungen sind in enthalten. Aufgrund der zwischenzeitlichen veränderten Randbedingungen, des hohen Bauwerkalters und nicht zuletzt des großen Gefährdungspotenzials, das solchen Anlagen grundsätzlich eigen ist, bestand die Notwendigkeit, die Eder-Staumauer unter Einbeziehung auch zukünftiger Anforderungen hinsichtlich der Erfüllung der allgemein anerkannten Regeln der Technik erneut statisch zu überprüfen.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasserwirtschaft 06/2016 (Juni 2016)
Seiten: 4
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Dr. Helmut Fleischer

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