Erfahrungen mit dem Einsatz von Gewerbemüll in bayerischen Müllverbrennungsanlagen

Die ersten Müllverbrennungsanlagen in Bayern wurden in den Jahren 1963/64 errichtet und in Betrieb genommen. Mit Inbetriebnahme der Müllverbrennungsanlage Nürnberg im Jahr 2001 als Ersatz für die bestehende alte Anlage steht in Bayern eine Verbrennungskapazität zur Verfügung, die ausreicht, den gesamten in Bayern anfallenden Restmüll und Gewerbemüll zu entsorgen.

Im Jahre 1971 wurde in Schwabach die erste Sondermüllverbrennungsanlage in Betrieb genommen, in der Folge eine zweite in Ebenhausen. Beide Anlagen sind ebenfalls in der Lage, den anfallenden, thermisch behandelbaren Sondermüll zu beseitigen.

Zur Gesetzeslage: Ich darf erinnern, das erste Abfallgesetz stammt aus dem Jahre 1972.U.a. zur Abgrenzung von Sondermüll und Hausmüll wurde 1974 die erste Abfallnachweisverordnung verabschiedet, die zwischenzeitlich in immer kürzeren Intervallen novelliert wurde. Die aktuelle Abfallverzeichnisverordnung trägt das Datum Juli 2002.

In den 70er Jahren war in Bayern der vorhandene Anlagenpark – Deponien, Kompostierungsanlagen oder Verbrennungsanlagen faktisch für die Zuordnung zu Haus oder Sondermüll entscheidend: Sondermüll war alles, was aufgrund der Art oder Menge in der vorhandenen Hausmüllanlage nicht „beseitigt“ werden konnte. Gewerbemüll war danach entweder Hausmüll ähnlich oder Sondermüll. Diese Definition führte zum Teil auch dazu, dass je nach Situation die Maßstäbe für die Abgrenzung zwischen Sondermüll und Hausmüll / hausmüllähnlichen Abfällen unterschiedlich waren. Aber mit dieser Lösung konnte „man gut leben“.

Schwieriger wurde es, als die Novellierungen der Nachweisverordnungen zu ständigen Verschiebungen der Abgrenzungen zwischen Sondermüll und Hausmüll / hausmüllähnlichen Abfällen führten. Shredderleichtfraktionen z.B. waren per Definitionem einmal besonders überwachungsbedürftige Abfälle, dann wieder nicht, zur Zeit sind sie wieder besonders überwachungsbedürftig. Einem Anlagenbetreiber war schwer verständlich zu machen, dass dieser Abfall einmal als Sondermüll behandelt werden sollte, dann wieder nicht. Den Betreibern beider Anlagenarten war damit die Planungsgrundlage zumindest gestört.

Überlagert wurde diese Problematik durch den im Abfallrecht im Laufe der Novellierungen modifizierten Abfallbegriff. An die eingeführte Unterscheidung von Abfall zur Verwertung und Abfall zur Beseitigung wurde die Überlassungspflicht geknüpft. Restmüll aus Haushaltungen ist bis heute – jedoch auch schon bestritten – Abfall zur Beseitigung und damit überlassungspflichtig. Gewerbeabfälle sind differenzierter zu betrachten. Aus verständlichen Gründen hat Gewerbe und Industrie versucht, möglichst viele Abfälle als „zur Verwertung“ zu deklarieren, um damit der Überlassungspflicht zu entgehen und kostengünstiger entsorgen zu können.

Eine eindeutige Definition dieser beiden Abfallarten hat in Deutschland bislang niemand auf den Weg gebracht. Entsprechend unterschiedlich wird in der Bundesrepublik entschieden, auch wir nehmen dabei nicht aus. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob Abfälle zur energetischen Verwertung in thermischen Abfallbehandlungsanlagen auch energetisch verwertet werden können. Auch diese Frage ist eine Frage der Planungssicherheit auch für die Konkurrenten in der Industrie und damit auch eine leider immer weniger angesprochene Frage der Entsorgungssicherheit.



Copyright: © Veranstaltergemeinschaft Bilitewski-Faulstich-Urban
Quelle: 8. Fachtagung thermische Abfallbehandlung (März 2003)
Seiten: 8
Preis inkl. MwSt.: € 4,00
Autor: Reg. Dir. Josef Giglberger

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